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Wie eine Handvoll Union-Fans Fußball-Deutschland in den Bann von Weihnachten zog

Michał Karaś
Volles Haus an der Alten Försterei: 28.500 sangen am 23.12. in Berlin fröhlich Weihnachtslieder
Volles Haus an der Alten Försterei: 28.500 sangen am 23.12. in Berlin fröhlich WeihnachtsliederProfimedia
Sie betraten ihr geliebtes Stadion ohne Erlaubnis. Doch ihr herzerwärmendes Weihnachtssingen war der Beginn eines Trends, der mittlerweile Hunderttausende vor Weihnachten in die Stadien in ganz Deutschland lockt. Alle singen sich dabei mit Weihnachtsliedern die Seele aus dem Leib, nicht wenige mit ein wenig Nachhilfe von Glühwein.

Das "Weihnachtssingen" gilt mittlerweile als Tradition - so auch in Dortmund: In diesem Jahr finden sich erneut über 70.000 Menschen im Signal Iduna Park zum letzten Fußballfamilientreffen vor dem Jahreswechsel ein. Es ist das größte Zusammenkommen in Deutschland.

Auch andere große Vereine haben den Trend aufgegriffen und laden regelmäßig Fans zu einem Gesangsabend ein. Es gibt Bier, Glühwein, Kerzen und Textbücher. Manche Veranstaltungen sind kostenpflichtig, manche kostenlos oder auf Spendenbasis. Das Song-Repertoire variiert, darunter finden sich zumeist Weihnachtsklassiker wie "O Tannenbaum", aber auch Fußballhymnen wie "You'll Never Walk Alone". 

Jedes Jahr schließen sich neue Städte der Bewegung an. Diesmal fanden Veranstaltungs-Premieren unter anderem in Bochum und Jena statt. Mit sehr positiver Resonanz und fast garantierten Neuauflagen. Es heißt: Wer einmal auf den Geschmack kommt, ist jedes Jahr dabei. Diese Fußballtreffen der besonderen Artvor Weihnachten sind in die deutsche Fußballlandschaft hineingewachsen.

Illegale Anfänge an der Alten Försterei

Doch wie ging es los mit dem "Weihnachtssingen"? Bei der Entstehung des Kults handelt es sich um eine noch junge und nicht gänzlich legale Geschichte.

In diesem Jahr jährt sich das erste Weihnachtssingen zum 20. Mal. Die erste Veranstaltung fand 2003 spontan im Berliner Stadtteil Köpenick statt, als 89 Fans von Union Berlin ihren Weg in das leere Stadion "An der Alten Försterei" fanden. Zwar war das Betreten des Stadions in dem Moment rechtswidrig. Da die Fans jedoch einzig und allein ein letztes Mal vor Weihnachten mit ihrer Union-Familie zusammenkommen wollten, bevor sie zu den anderen Angehörigen nach Hause gingen, sah man von einer Strafe ab.

Ganz im Gegenteil: Aus der spontanen Aktion entwickelte sich schnell ein regelmäßiger Akt. Innerhalb von zwei Jahren stieg die Zahl der Teilnehmer auf 1.000, 2011 musste der Fußballverein bereits alle vier Tribünen öffnen. Auch der jüngste Stadionausbau, der 2013 abgeschlossen wurde, reichte bei weitem nicht aus, um die Weihnachtsnachfrage zu befriedigen.

Seit fünf Jahren empfängt Union daher auch Fans auf dem Spielfeld. Am 23.12.2022 wurden 28.500 singfreudige Union-Fans empfangen - die größte Anzahl an Menschen, die in der Alten Försterei jemals gemessen wurde. Lange im Voraus war das Event ausgebucht.

2024 an anderem Ort?

Eine Belastung sehen Union-Mitarbeiter in dem Event nicht. "Nein, es ist keineswegs eine Belastung. Es ist zwar die größte Veranstaltung im Stadion, aber es ist schön und herzerwärmend, ein allerletztes Mal im Jahr in der so genannten Union-Familie zusammenzukommen", sagt Christian Arbeit, Pressesprecher von Union.

Im Jahr 2023 soll das Stadion noch einmal erweitert werden. Der Berliner Senat hat kürzlich dem Verkauf von Grundstücken an Union zugestimmt, was für den Bundesligisten eine wichtige Voraussetzung für den Beginn der Arbeiten ist. Das Ergebnis werden 37.700 Plätze für Fans sein.

2024/25 sind noch größere Ausbauten am Stadion geplant, auch für die Weihnachtszeit.  Das Weihnachtssingen wird jedoch mit Sicherheit trotzdem stattfinden: "Als Unioner sind wir es gewohnt, für fast jede Situation eine Lösung zu finden. Wenn es ein Jahr gibt, in dem wir wegen des Ausbaus nicht hier sein können, werden wir sicher einen Ort finden, an den wir gehen und singen können", stellte Arbeit klar.

Na dann: Frohe Weihnachten!