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Union-Keeper Rönnow im Exklusiv-Interview: "Wir denken überhaupt nicht an die Meisterschaft"

Svend Bertil Frandsen/Anton Latuska
Der sichere Rückhalt der Bundesliga-Überraschungsmannschaft: Unions Torwart Fredrik Rönnow.
Der sichere Rückhalt der Bundesliga-Überraschungsmannschaft: Unions Torwart Fredrik Rönnow.Profimedia
Union Berlin ist die große Überraschung der Saison in der Bundesliga. Die letzten vier Spiele hat das Team von Urs Fischer alle gewonnen und liegt 15 Spieltage vor Schluss nur noch einen Punkt hinter Bayern München auf Platz zwei der Tabelle. Für Torhüter Fredrik Rönnow ist die Meisterschaft im Exklusiv-Interview mit Flashscore aber weiterhin kein Thema – stattdessen will er am Samstag in Leipzig erstmal die 40-Punkte-Marke knacken.

Seit der Jahrtausendwende hat sich der Hauptstadtklub aus der ehemaligen DDR zu einem regelrechten Kultklub mit einer besonderen Beziehung zu seinen Fans entwickelt. Als der Verein im Sommer 2004 nach dem Abstieg in die Regionalliga kurz vor der Pleite stand, sammelten die Fans Geld durch Blutspenden an Berliner Krankenhäuser. Als 2008 das Stadion An der Alten Försterei, die stimmungsvolle Heimspielstätte des Vereins, renoviert werden musste, packten nicht weniger als 1.600 freiwillige Unioner mit an, um dem Verein zu helfen, als er es am nötigsten hatte.

Solche Maßnahmen werden in absehbarer Zukunft wohl nicht mehr nötig sein, um die Vereinsfinanzen gesund zu erhalten. Fakt ist aber, dass Union Berlin weiterhin mit einem der kleinsten Etats in der Bundesliga arbeitet. Umso beeindruckender, wie viel man aus den vergleichsweise geringen Möglichkeiten macht und was für eine konkurrenzfähige Mannschaft Spiel für Spiel auf der Wiese steht. Inzwischen hat der Weg die Unioner bis in die Spitzengruppe der Liga geführt.

Union Berlin steckt nach 19 Spieltagen mitten im Bundesliga-Meisterschaftskampf.
Union Berlin steckt nach 19 Spieltagen mitten im Bundesliga-Meisterschaftskampf.Flashscore

"Wir werden oft darauf angesprochen, aber wir konzentrieren uns überhaupt nicht auf die Meisterschaft", sagt Frederik Rönnow gegenüber Flashscore. "Wir sind uns bewusst, dass wir im Moment sehr viel Schwung haben, aber wenn man unseren Etat mit den Spitzenklubs und insbesondere mit Bayern München vergleicht, dürften wir niemals dort sein, wo wir sind. Wir sind uns bewusst, welche Dinge wir tun und welche wir nicht tun sollten.

"Für uns geht es darum, uns auf das nächste Spiel zu konzentrieren und nicht so sehr auf die Tabelle zu schauen. Es macht vielleicht keine Schlagzeilen, aber wir machen uns nicht so viele Gedanken darüber, worüber die Medien spekulieren, sondern mehr über uns selbst", sagt der dänische Nationalkeeper.

Der 30-Jährige, der gebürtig aus Horsens an der Ostküste Jütlands stammt, erlebt derzeit die beste Zeit seiner Karriere. Er hat sich bei einem der Topklubs der Bundesliga als erste Wahl etabliert und genießt nach konstant guten Leistungen in der bisherigen Spielzeit großes Vertrauen im Verein.

Der 1,88 Meter große Torwart hatte einen schwierigen Start, als er 2018 zu Eintracht Frankfurt in die Bundesliga kam. Er verletzte sich früh und musste dann mit ansehen, wie die Adlerträger Kevin Trapp zum Verein holten, der sich anschließend als erste Wahl etablierte. Nach einigen Aufs und Abs bei Frankfurt und Schalke 04 war für Rönnow in dieser Saison aber klar, dass er die Nummer eins bei Union sein würde. Dieses Vertrauen war die Grundlage für seine konstanten Leistungen zwischen den Pfosten. Auch in der Selbstbetrachtung sieht der Däne eine klare Steigerung.

"Ich denke, es gibt viele Bereiche, in denen ich mich weiterentwickelt habe. Der Fußball hat sich verändert, seit ich angefangen habe. Heute muss man viel besser mit den Füßen sein, und ich habe das Gefühl, dass ich das geworden bin. Ich hatte verschiedene Stationen, bei denen ich nicht so oft spielen konnte, und in der Zeit, die ich draußen verbracht habe, habe ich viel darüber nachgedacht, wo ich mich verbessern kann, damit ich meine eigenen Spielmöglichkeiten optimieren kann."

Rønnow sagte im April 2022 gegenüber dem Kicker, dass er sich selbst als einen eher ruhigen Typ sieht. Gegenüber Flashscore betont er aber, dass das nie ein Problem für ihn war. "Das Einzige, was zählt, ist die Leistung auf dem Platz. Ich bin der, der ich bin, und ich bin mir dessen bewusst. Ich bin vielleicht nicht derjenige, der in einen Verein kommt und gleich am ersten Tag die Tür eintritt und sagt: Hier bin ich."

"Es waren eigentlich immer meine Leistungen auf dem Spielfeld, die mir Respekt verschafft haben. Ob man nun der eine oder der andere Typ ist, ist nicht so wichtig, wichtig ist, was man auf dem Platz leistet. Natürlich ist es gut, wenn man auf dem Platz und in der Kabine Führungstypen hat, aber ich habe immer die Überzeugung gehabt, dass alles andere zweitrangig ist, wenn ich auf dem Platz Leistung bringe", sagt der Berliner Torhüter.

Obwohl viele Experten damit gerechnet haben, dass Union Berlin nach dem Aufstieg aus der 2. Liga im Jahr 2020 sofort wieder absteigen würde, hat es der Verein auf einzigartige Weise geschafft, sich nicht nur in der Bundesliga zu etablieren, sondern nach und nach ins obere Drittel der Tabelle vorzustoßen. Da drängt sich die Frage nach dem Erfolgsgeheimnis der Eisernen auf.

"Die gute Entwicklung des Vereins hat lange auf sich warten lassen", sagt Frederik Rönnow. "Es gibt einen klaren Plan, wo unsere Fähigkeiten liegen und was wir als Mannschaft erreichen wollen. Ich denke, das ist unsere größte Stärke, dass jeder genau weiß, was er auf dem Spielfeld zu tun hat, und dass es niemanden gibt, der über dem Team steht. Das macht uns zu einer Gruppe, die ihr Potenzial voll ausschöpft, und dahinter steckt natürlich auch harte Arbeit neben dem Platz und im Videoraum."

Die guten Leistungen bei Union brachten Rönnow im Herbst sogar die Nominierung zur Weltmeisterschaft für sein Heimatland Dänemark ein, doch kurz vor der WM verletzte sich der 30-Jährige. Mit nur einem Punkt aus den drei Gruppenspielen ging es für die hoch gehandelten Skandinavier aber ohnehin schnell wieder nach Hause. "Es war eine besondere Erfahrung in Katar, und im Nachhinein macht man sich natürlich Gedanken darüber, was schief gelaufen ist und was wir hätten anders machen können. Eine WM-Endrunde ist immer eine große Sache, bei der man dabei sein kann, egal was passiert."

In der Nationalmannschaft duelliert sich Rönnow mit dem erfahrenen Kasper Schmeichel.
In der Nationalmannschaft duelliert sich Rönnow mit dem erfahrenen Kasper Schmeichel.Profimedia

"Natürlich war es die ganze Saison über ein großes Ziel für mich, zur Weltmeisterschaft zu fahren, und dann verletzte ich mich kurz vor der Auswahl und war unsicher, ob ich nominiert werde. Ich habe es trotzdem geschafft, aber dann war alles vorbei, bevor wir überhaupt angefangen hatten, also war es eine ganz zwiegespaltene Erfahrung", sagt Rønnow, der hofft, in Zukunft auch in der dänischen Nationalmannschaft auf mehr Einsätze zu kommen.

"Ich habe das Ziel und den Ehrgeiz, mehr Spiele als bisher zu bestreiten, und natürlich werde ich mein Bestes geben, um noch mehr Druck auf die Etablierten zu machen. Kasper Schmeichel hat einen fantastischen Job gemacht, und ich habe enormen Respekt vor dem, was er erreicht hat. Ich muss hart arbeiten, um irgendwann selbst an der Reihe zu sein", so Frederik Rönnow abschließend.