"Hölle von Match": Daniel Evans - Vom Geächteten zum Rekordmann
Beim obligatorischen Siegerinterview vermochte es Daniel Evans kaum, sich auf den Beinen zu halten. Kein Wunder, hatte er doch einen mehr als fünfeinhalbstündigen Abnutzungskampf auf dem Tennis-Court hinter sich. "Ich will nur noch ins Bett", sagte der Brite bei Sky Sports mit letzter Kraft, "das war eine Hölle von Match."
Eine Hölle, die zu durchschreiten sich gelohnt hat - und das nicht zum ersten Mal in der Karriere des Daniel Evans. Sieben Jahre nach seinem persönlichen Tiefpunkt hat sich der 34-Jährige zum Rekordmann in Flushing Meadows aufgeschwungen. Mit 6:7 (6:8), 7:6 (7:2), 7:6 (7:4), 4:6, 6:4 bezwang er den Russen Karen Khachanov - nach 5:35 Stunden im längsten Match der US-Open-Geschichte.
Evans dreht Rückstand im fünften Satz
0:4 hatte Evans bereits zurückgelegen im Entscheidungsdurchgang, seinen sechs Jahre jüngeren Kontrahenten aber schließlich doch noch niedergerungen. Es dürfte für Evans nach schwierigen Jahren eine große Genugtuung gewesen sein.
Rückblick: Im April 2017 wird der Brite im besten Tennisalter positiv auf Kokain getestet und muss anschließend eine einjährige Dopingsperre absitzen. Es ist der Tiefpunkt einer Phase, in der Evans sein großes Talent immer wieder aufblitzen lässt, aber irgendwie auch zu verschleudern scheint. Zu groß, das sagt er einmal selbst, sind die Ablenkungen im Leben.
Kokain-Affäre als Weckruf
Die Kokain-Affäre ist für Evans aber so etwas wie ein Weckruf. Die Droge habe für zeitweise "sein Leben zerstört", sagt er nach dem Ende seiner Sperre, doch er habe seine "Lektion" gelernt. Über die Challenger-Turniere ackert sich Evans mithilfe seiner einhändigen Slice-Rückhand zurück in die erweiterte Weltspitze, düpiert einmal gar Novak Djokovic und klettert im Jahr 2023 bis auf Platz 21 des ATP-Rankings.
Davon ist der Mann aus Birmingham nach einem körperlichen Seuchenjahr heute wieder ein gutes Stück entfernt. Doch auch wenn sich Evans einigermaßen unrund über die New Yorker Courts schleppt, mit seinem cleveren Tennis ist er immer noch eine Gefahr für seine Gegner.
Gegen den Argentinier Mariano Navone will er in Runde zwei seine Comeback-Geschichte fortschreiben - nach einer ordentlichen Portion Schlaf.