Alexander Zverev kritisiert ATP: "Saison ist unnötig lang"
Dirk Nowitzki blickte sorgenvoll auf den schwarzen Court des Laver Cups. Auch Boris Becker schaute von der Tribüne ganz genau hin, in der vordersten Reihe sah Roger Federer, wie Alexander Zverev an seine Grenzen ging.
Das Husten von Deutschlands Topspieler hallte durch die Arena am Berliner Ostbahnhof, Zverev ging beim Wiedersehen mit seinem neuen Angstgegner Taylor Fritz ausgepumpt in die Hocke, ein Arzt kam auf den Platz.
"Ich war diese Woche ein bisschen krank. Ich glaube, meine Herzfrequenz war ziemlich hoch", sagte Zverev, der weiterspielte und beim 4:6, 5:7 gegen Fritz die erfolgreiche Revanche für Wimbledon und die US Open verpasste.
Zverev hatte trotz der Beschwerden gutes Tennis gespielt in seinem ersten Einzel des Showturniers zwischen dem Team Europa und einer Weltauswahl. Er kämpfte mit dem eigenen Körper und gegen den unerbittlichen Taylor Fritz, der ihn in dieser Form an "den Novak Djokovic von vor ein paar Jahren" erinnerte: "Ich habe ihn noch nie so spielen sehen."
Match-Center: Zverev vs. Fritz
Harte Kritik an ATP
Viel Lob fand Zverev für den US-Amerikaner, gegen den er am Freitag auch das Doppel an der Seite von Carlos Alcaraz verloren hatte. Auf die ATP war die Nummer zwei Welt dagegen weniger gut zu sprechen. Seinem Unmut über die lange Tennissaison machte Zverev Luft.
Die Organisatoren der Profitour würde "es nicht interessieren, was die Spieler zur Belastung sagen", denn es gehe "ums Geld". Die ATP-Saison sei "die längste im Sport" mit "unnötig vielen Turnieren". Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Topstars der Szene immer wieder auch an zusätzlichen lukrativen Showveranstaltungen wie in Saudi-Arabien teilnehmen.
In diesem Jahr gibt es auf der Tour 68 Events. Die Saison begann im Dezember des Vorjahres mit den Vorbereitungsturnieren für die Australian Open und endet mit den Davis Cup Finals in Malaga Ende November. Die deutsche Mannschaft von Bundestrainer Michael Kohlmann hofft dort auf Zverevs Teilnahme. Eine Zusage des Weltranglistenzweiten ist derzeit aber kaum vorstellbar.
"Wir können nicht streiken"
Zu viele Turniere, zu viele Spiele, zu wenig Pausen. "Das Programm wird uns umbringen", sagte auch der Weltranglistendritte Alcaraz. Eine Lösung ist aber nicht in Sicht. Zu viele Interessen wollen bedient werden. Die ATP verdient mit der Vergabe von Lizenzen viel Geld, die Ausrichter wollen einen Gegenwert für ihr Investment.
Die Spieler brauchen Punkte für das Ranking, längere Pausen seien keine Option, sagte Zverev: "Die Tour geht ohne dich weiter. Wenn man die Nummer eins der Welt werden, wenn man Grand Slams gewinnen und wenn man der beste Spieler der Welt sein will, muss man sie spielen."
Einen Boykott könne es nicht geben. "Wir können nicht streiken, wir werden bestraft, wenn wir keine Turniere spielen", sagte Zverev. Und so wird munter weitergespielt, als nächstes in Asien. Die Tour macht in Japan und China Station, Anfang Oktober findet das Masters in Shanghai statt.
In Berlin war Zverev am Sonntag beim Laver Cup im Einzel gegen Frances Tiafoe angesetzt, sein drittes Spiel innerhalb von 48 Stunden, wohlgemerkt bei einem Showturnier, bei dem es zwar gutes Geld, aber keine Punkte für das ATP-Ranking zu gewinnen gibt.