Streitfall Khelif: Fragen und Antworten zur Genderdebatte im olympischen Boxen
Worum geht es?
Der Box-Weltverband IBA hat die Algerierin Imane Khelif (bis 66kg) und Lin Yuting (bis 57kg) aus Taiwan bei der WM 2023 disqualifiziert, weil sie einen Geschlechtstest nicht bestanden hatten. Allerdings erkennt das IOC die IBA nach zahlreichen Skandalen nicht mehr an und organisiert in Paris wie schon 2021 in Tokio die olympischen Boxwettbewerbe selbst. Für das IOC steht fest: Khelif und Lin sind Frauen, der Ausschluss durch die IBA eine "willkürliche Entscheidung".
Was ist passiert?
Die Diskussionen um Khelif und Lin laufen seit Beginn der Spiele, mit dem Kampf zwischen Khelif und der Italienerin Angela Carini am Donnerstag verließen sie endgültig die sachliche Ebene. Carini gab nach 46 Sekunden auf, verweigerte Khelif den Handschlag und klagte anschließend über "starke Schmerzen". Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni mischte sich ein, Donald Trump natürlich auch. Und das IOC hatte endgültig die Kontrolle verloren.
Wie argumentiert das IOC?
Seit Tagen versucht Sprecher Mark Adams, das Thema einzufangen. Vergeblich. Khelif und Lin seien Frauen, das stehe in ihrem Pass, sagte Adams, sie kämpfen seit Jahren im Frauenboxen, Khelif auch in Tokio, wo sie Fünfte wurde. Die "Hexenjagd" müsse aufhören, forderte Adams. Das IOC ist überzeugt, die IBA sei schuld an der "aktuellen Aggression" gegen die beiden Boxerinnen. Die Entscheidung zum Ausschluss von der WM 2023 sei von zwei Personen aus der IBA-Führung getroffen worden, ohne Verfahren und wissenschaftlichen Erkenntnisse.
Was sagt die IBA?
Wenig, in Paris ist der Verband nach dem Ausschluss durch das IOC nicht vertreten, zur Aufklärung trug er kaum bei. In einer Stellungnahme teilte der Boxverband mit: "Die Athletinnen wurden keiner Testosteron-Untersuchung unterzogen, sondern einem gesonderten und anerkannten Test, dessen Einzelheiten vertraulich bleiben." Zuvor hatte der russische IBA-Präsident Umar Kremlew von einem DNA-Test gesprochen. "Die unterschiedlichen Regeln des IOC zu diesem Thema, an denen die IBA nicht beteiligt ist, werfen ernste Fragen sowohl hinsichtlich der Fairness der Wettkämpfe als auch der Sicherheit der Athleten auf", schrieb der Verband.
Was sagen die Athletinnen?
In Paris noch nicht viel. Doch haben sich Khelif und Lin zuvor bereits zu den Anschuldigungen geäußert. 2023 erklärte Khelif, ihr sei gesagt worden, sie habe "Eigenschaften, die es ihr unmöglich machen, mit Frauen zu boxen", und sie sei überzeugt, Opfer einer "großen Verschwörung" zu sein. Lin führt die Diskussion um ihr Geschlecht auf ihre Körpergröße (1,75 m) und ihre kurzen Haare zurück. "Wenn ich lange Haare tragen würde, müsste ich zu viel Zeit damit verbringen, sie zu pflegen", sagte sie CNA, einer Nachrichtenagentur in Taiwan.