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Die Favoriten der Tour im Check: Pogacar gegen Vingegaard geht in die nächste Runde

LUSA/Flashscore
Jonas Vingegaard ist der Haupt-Anwärter auf den Sieg bei der Tour-
Jonas Vingegaard ist der Haupt-Anwärter auf den Sieg bei der Tour-AFP
Am Samstag geht es endlich los mit der Tour de France 23. Alle Augen werden dann wieder auf Jonas Vingegaard und Tadej Pogacar gerichtet sein, die die vergangenen Jahre die Radsport-Szene dominiert und auch bei der 110. Ausgabe wieder als Tour de France 2023 Favoriten gelten.

Radsportfans haben ein Jahr damit verbracht, die Tage bis zu diesem Moment zu zählen: Die Wiederholung des spannenden Kopf-an-Kopf-Rennens zwischen Jonas Vingegaard und Tadej Pogacar, die bei den letzten beiden Ausgaben der Rundfahrt Millionen von Zuschauern mit reichlich Entertainment versorgten. Im letzten "Tour-Duell" setzte sich der dänische Jumbo-Visma-Fahrer durch, der deshalb und auch wegen des kürzlich erlittenen Handgelenksbruchs Pogacars als Kandidat Nummer 1 an den Start geht.

Tour de France 2023: Pogacar weist Favoritenrolle von sich

"Jonas ist der Hauptdarsteller bei der Tour", erinnerte "Pogi"am Donnerstag vor Tour-Start. Auch, "weil er beim (Critérium du) Dauphiné so dominant war und ich mich gerade von einer Verletzung erhole", hatte er während der nationalen Straßenmeisterschaften seines Landes bereits den Erwartungsdruck herausgenommen. Dort gewann er immerhin die Meisterschaften auf der Langstrecke und im Zeitfahren. Dennoch fehle ihm "ein Rennen , um Sicherheit über meine Form zu haben".

Pogacar ist einer der größten Herausforderer von Vingegaard
Pogacar ist einer der größten Herausforderer von VingegaardAFP

Der 24-jährige Leader des Teams UAE Emirates  weiß, dass sein großer Rivale nicht gerne mit Druck umgehen kann und wird diese "Schwäche" des Dänen ausnutzen wollen. Es ist ein Duell zweier Radfahrstars, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Während Pogacar stets strahlt, sich von den Erwartungen (seinen eigenen und denen der anderen) ernährt, es liebt, der Protagonist zu sein und impulsiv, teils mit großen DIstanzen und Kühnheit angreift, "versteckt" sich Vingegaard im Schatten, ist vorsichtig und braucht den "Schutzschild" des Teams, um zu 100 % an sein Potenzial zu gelangen.

Tour 2021: Vingegaard springt aus Pogacars Schatten

Als Vizemeister der Tour 2021 profitierte der zurückhaltende 26-Jährige bei der letzten Austragung von der Rolle des Co-Favoriten sowie von einem bärenstarken Jumbo-Visma, angetrieben von der Exzellenz von Wout van Aert. Pogacar hatte auf der Gegenseiten den dritten Sieg in Folge bei der Grande Boucle angestrebt, und mal so richtig fehlkalkuliert, indem er Kraft vergeudete, die ihm in entscheidenden Momenten fehlte.

In diesem Jahr kommt nun ein weiterer Faktor dazu, der gegen den Slowenen spricht: "Mein Handgelenk ist noch nicht wieder voll beweglich, es tut immer noch weh, wenn ich über Schlaglöcher fahre. Es ist noch nicht 100 Prozent geheilt", vermeldete Pogacar, der sich bei einem Sturz bei Lüttich-Bastogne-Lüttich Ende April einen Bruch des linken Kahnbeins und des Halbseitenknochens zugezogen hatte, am Wochenende vor dem Tour-Start.

Kommt Pogacar rechtzeitig in die Form des Frühjahres?

Bis dahin war der zweifache Tour-Champion in dieser Saison unbezwingbar gewesen und hatte seinen Jumbo-Visma-Rivalen bei ihrem einzigen "Treffen" auf der Straße in dieser Saison, bei Paris-Nizza, geschlagen. Neben dem französischen Etappen-Klassiker gewann er auch Flèche Wallone, Amstel Gold Race, Volta à Flandres, Volta à Andalucia und die Classica de Jaén: insgesamt erstaunliche 14 Siege im Jahr 2023.

Vingegaard, der bei Paris-Nizza "nur" Dritter wurde, war ebenfalls dominant, sammelte seine Rennkilometer allerdings größtenteils bei weniger bedeutenden Events. Ausnahme: Die Generalprobe beim Critérium du Dauphiné, das er nach Belieben dominierte seinen Saisonsiegen 2023 bei der Baskenland-Rundfahrt und dem Gran Camiño hinzufügte.

"Best of the rest": Zwei ehemalige Giro-Sieger in Lauerstellung

Für die "Normalsterblichen" scheint auch in diesem Jahr die unterste Stufe des Podiums das Maximum zu sein, was realistisch erscheint. Angefangen mit Richard Carapaz (EF Education-EasyPost), Gesamtdritter im Jahr 2021, Gewinner des Giro 2019 und "Vize" im Jahr 2022. Der Ecuadorianer wechselte zur neuen Saison das Team, um die Tour zu gewinnen - und hat mit Rigoberto Uran, Esteban Chaves und Neilson Powless gute Helfer für die Berge dabei. 

Richard Carapaz war 2021 einer der wenigen Fahrer, die Pogacar und Vingegaard in den letzten Jahren Parolie bieten konnten.
Richard Carapaz war 2021 einer der wenigen Fahrer, die Pogacar und Vingegaard in den letzten Jahren Parolie bieten konnten.Profimedia

Allerding ist Carapaz, dessen waghalsige Manöver den Konkurrenten einst das Schrecken lehrte, seinen Fans die Rundfahrer-Tauglichkeit in den letzten Jahren ein wenig schuldig geblieben. So verlor er den Giro d'Italia 2022, da er seine Kraftreserven überschätzt hatte. Auch beim Critérium du Dauphiné war es Carapaz, der Vingegaard zunächst attackierte, dann aber recht schnell nicht mehr mithalten konnte und für seine Verhältnisse weit hinten landete.

Nichtsdestotrotz ist Carapaz wohl der einzige Fahrer, der Pogacar und Vingegaard bei der Tour Parolie bieten könnte. 2021 waren es vor allem Zeitfahrminuten, die "Richie" am Ende von den beiden trennten. Sollte er mit einer ähnlichen Form zur Tour 2023 anreisen, würde ihm der Kurs ohne viele Zeitfahrkilometer entgegenkommen.

Jai Hindley (BORA-hansgrohe) war es, der von Carapaz Übermut beim Giro im vergangenen Jahr profitierte und sich am Ende die Gesamtwertung sicherte. Für den Australier ist die Tour 2023 seit diesem Triumph die erste Grand Tour, bei der er mit voller Vorbereitung als Kapitän an den Start geht. Beim Critérium du Dauphiné hat er sich mit dem vierten Platz schonmal in guter Form präsentiert.

Tour de France 2023 Favoriten: Bernal ist die große Unbekannte

Die große Unbekannte bei dieser Tour ist dagegen Egan Bernal (INEOS), der Sieger von 2019, der nach zweijähriger Abwesenheit und einer "Tortur" aufgrund eines schweren Unfalls im Januar 2022 ins Rennen zurückkehrt. Der Mann, der eigentlich dazu auserkoren schien, den Sport für Jahre zu dominieren, war während eines Trainings mit einem Bus bei hoher Geschwindigkeit kollidiert und erlitt etwa 20 Frakturen.

Bernals Form ist vor der Tour 2023 ein großes Fragezeichen.
Bernals Form ist vor der Tour 2023 ein großes Fragezeichen.AFP

Außerdem wurde seine Lunge durchstochen, und er musste sich in den ersten Monaten seiner Genesung mehreren Operationen unterziehen.

Weitere Fahrer, die es zu beachten gilt

Die größte französische Hoffnung in diesem Jahr ist zweifelsohne David Gaudu (Groupama-FDJ), Vierter der letzten Ausgabe. Der 26-Jährige beeindruckte bei der Dauphiné Libere genau wie Carapaz nicht wirklich. Daneben geben sich aus französischer Sicht Romain Bardet (DSM) und Thibaut Pinot (Groupama-FDJ) bei ihren Abschiedstourneen die Ehre und träumen von einer Top-10-Platzierung.

Nicht außer Acht lassen sollte man die Spanier Mikel Landa (Bahrain Victorious) und Enric Mas(Movistar), die bei großen Rundfahrten bereits Podiumsplätze gewannen, sowie die britischen Zwillinge Simon (Jayco AlUla) und Adam Yates, wobei letzterer dazu "verdammt" ist, "Plan B" von UAE Emirates zu sein, falls Pogacar sich verletzen sollte.

Der Brite Mark Cavendish (Astana) möchte in seiner letzten Saison im Peloton Geschichte schreiben und als alleiniger Fahrer mit den meisten Etappensiegen bei der Tour de France zählen. Ein Etappensieg fehlt ihm zu diesem Kunststück, aktuell teilt er sich den Rang mit Eddy Merckx (34)