"Alles ist möglich": Etappensieger Girmay schreibt Sport-Geschichte

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"Alles ist möglich": Etappensieger Girmay schreibt Sport-Geschichte

Biniam Girmay feiert seinen Etappensieg.
Biniam Girmay feiert seinen Etappensieg.AFP
Biniam Girmay aus Eritrea schreibt als erster schwarzer Etappensieger aus Afrika Tour-Geschichte. Das Potenzial des Kontinents ist riesig.

Die väterlichen Worte aus der Kindheit in Eritreas Hauptstadt Asmara klingen Biniam Girmay noch immer in den Ohren. Wie stets im Juli lief im Hause Girmay die Tour de France, Peter Sagan und Mark Cavendish gewannen die Etappen, und der junge Biniam wollte sein wie sie. "Glaub an dich", gab ihm sein Vater mit auf den Weg, "arbeite hart. Alles ist möglich."

Am Montag nun, über ein Jahrzehnt danach, sprach Biniam Girmay eigene Worte der Inspiration. Aus Turin, wo der inzwischen 24-Jährige als erster schwarzer Tour-Etappensieger aus Afrika Radsport-Geschichte schrieb, gingen sie hinaus in die Welt. "Nun wird jeder glauben, dass afrikanische Fahrer alles erreichen können", sagte Girmay, der wie die großen Vorbilder im Sprint siegte: "Es bedeutet mir sehr viel, vor allem für den Kontinent."

Vorfreude auf Heimkehr

In Asmara, wo Girmay 2000 geboren wurde, sorgte dessen Coup für Volksfeststimmung. "Es wird ein Spektakel werden", sagte Girmay über die erwarteten Feierlichkeiten in Bars und auf den Straßen. Im krisengeschüttelten ostafrikanischen Land - im "Human Development Index", der Gesundheit, Bildung und Einkommen misst, liegt Eritrea auf Rang 175 unter 193 Staaten - ist Radsport die ganz große Nummer. Ein Relikt der italienischen Kolonialherrschaft.

Die Bedingungen in Eritrea ähneln auffallend jenen in Kolumbien, dem größten "Exporteur" von Toptalenten: Girmay kann daheim bei mildem Wetter und in Höhenlagen ab 2300 m trainieren. Gleiche Bedingungen finden sich in Äthiopien und Kenia.

Aus Ost- und Zentralafrika könnte sich ein Radsport-Boom auf höchstem Niveau entwickeln - bislang finden sich unter den rund 524 Profis in den 18 WorldTour-Teams gerade einmal fünf schwarze Afrikaner, vier davon aus Eritrea. Das Potenzial des Kontinents, der 2025 (Ruanda) erstmals die Straßen-WM ausrichtet, ist gewaltig.

Hoffnung auf noch mehr afrikanische Talente

Ausgeschöpft wird es bisher nicht. "Es gibt viele Hindernisse", sagte Girmay, "es ist nicht einfach." Der Weltverband UCI habe damit begonnen, afrikanische Talente in das Development-Team aufzunehmen. "Das muss fortgesetzt werden, damit sie an den europäischen Rennen teilnehmen können", sagte Girmay und appellierte an die Teams: "Der Radsport ist jetzt globaler. Die Teams müssen sich nach jungen Talenten außerhalb Europas umsehen."

Das Team Intermarche-Wanty, zu dem bei der Tour auch der Deutsche Georg Zimmermann gehört, ist ein Vorreiter. Girmay fährt seit 2021 für die belgische Equipe. Nach dem Sieg bei Gent-Wevelgem und einem Etappenerfolg beim Giro d'Italia (beide 2022) erntet die Equipe nun vollends die Früchte dieser Arbeit.

"Ich hoffe, dass dies die Schleusen für mehr Fahrer aus Afrika öffnen wird", sagte Sportdirektor Aike Visbeek: "Jetzt kann die Welt sehen, was möglich ist, wenn man diesen Jungs eine Chance gibt."

Einer, zu dem man aufsehen kann, ist Biniam Girmay nun selbst. Das hat auch Mark Cavendish erkannt, der in Turin nicht in den Sprint eingreifen konnte: "Er ist jetzt eine Legende."