Rosa in Rom: Tadej Pogacar legt Grundstein für Giro-Tour-Double
Tadej Pogacar reckte sein rosa Rad in die Höhe, nach einer Triumphfahrt rund um die Ewige Stadt genoss der neue Radsport-Kaiser von Rom jede Sekunde seines überragenden Sieges. "Ich habe einen neuen Meilenstein erreicht", sagte der Slowene über seine dreiwöchige Machtdemonstration beim Giro d'Italia.
Ungefährdet und unaufhaltsam wie einst der große Eddy Merckx vor über 50 Jahren rauschte Pogacar durch Italien und legte mit dem Gewinn des Rosa Trikots den Grundstein für ein seltenes Double. Dass der Belgier Tim Merlier die letzte Etappe am Sonntag gewann, war da nur noch eine Randnotiz.
Den Giro und die Tour de France hatte in einem Jahr zuletzt der Italiener Marco Pantani 1998 gewonnen. Pogacar will in seine Fußspuren treten und sprach daher von einem "finalen Test für den Sommer", in dem er ein Kapitel Sportgeschichte schreiben will. "Ich bin sehr glücklich über meinen Giro", fügte er hinzu. Das wiederum klang angesichts seiner Überlegenheit fast schon bescheiden.
Große Show gipfelt in sechs Etappensiegen
Sechs Etappensiege feierte der 25-Jährige auf dem Weg zu seinem Giro-Premierenerfolg, so viel wie Merckx im Jahr 1973. 9:56 Minuten betrug Pogacars Vorsprung in der Gesamtwertung auf den Kolumbianer Daniel Martinez, der für die deutsche Mannschaft Bora-hansgrohe als Gesamtzweiter das erhoffte Podium erreichte. Es ist der deutlichste Abstand seit 1965.
"Einzigartig" sei dieser Pogacar, sagte Martinez, der Beste der chancenlosen Konkurrenz. Immer angriffslustig, immer unterhaltsam. Die Rivalen behandelte Pogacar stets mit Respekt, den Fans überließ er während der Rennen seine Trinkflaschen oder Handschuhe und zog das Publikum auch mit seiner fast kindlichen Verspieltheit auf dem Rad auf seine Seite.
Pogacar, der das Maglia Rosa am zweiten Tag übernahm und auch die Bergwertung gewann, dominierte die Italien-Rundfahrt nach Belieben, zuletzt am Samstag, als der Star des Teams UAE Emirates mit einem 34 km langen Solo auch die letzte Bergetappe gewann.
Bei der Zieldurchfahrt verbeugte sich Pogacar vor den Tifosi wie ein Popstar auf der Bühne am Ende eines gelungenen Konzerts. "Ich wollte den Giro mit einer guten Mentalität und in guter Form beenden, und ich denke, das habe ich erreicht", sagte Pogacar. Die Zugabe für die Fans soll in wenigen Wochen folgen.
Der Schein trügt: "Nichts war einfach"
Denn wie einst beim "Kannibalen" Merckx ist auch Pogacars Siegeshunger nicht zu stillen. In rund 30 Tagen fällt im 300 km entfernten Florenz der Startschuss der Tour de France. Dann will Pogacar zum dritten Gesamtsieg bei der Frankreich-Rundfahrt ansetzen.
Erst neun Fahrer haben die beiden wichtigsten großen Landesrundfahrten in einem Jahr gewonnen. Legenden wie Merckx, Fausto Coppi, Bernard Hinault oder Miguel Indurain zählen dazu.
Pogacars Erfolgschancen sind schwer einzuschätzen. Wie gut verkraftet er die Strapazen des dreiwöchigen Giro? In welcher Verfassung geht Tour-Titelverteidiger Jonas Vingegaard an den Start? Bleibt Pogacar sturzfrei? Er sei froh, nun "endlich nach Hause" zu können, gestand Pogacar: "Nichts war einfach beim Giro. Es waren harte drei Wochen, ich war leicht erkrankt und hatte Schlafprobleme."
Anzumerken waren ihm diese Schwierigkeiten nicht.