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Späte Tore führen Iran zu verdientem Sieg über Wales

Micha Pesseg
Späte Tore führen Iran zu verdientem Sieg über Wales
Späte Tore führen Iran zu verdientem Sieg über WalesStatsPerform/AFP
Der Iran konnte sich in einer bis zum letzten Moment spannenden Begegnung für eine engagierte Leistung belohne. Wales präsentierte sich offensiv harmlos, verteidigte hinten aber lange Zeit alles weg. In Minute 85 riss er Gegenspieler Taremi brutal nieder und sah zurecht die Rote Karte. Eine Szene mit entscheidendem Charakter. In der Folge erzielte der Iran zwei ebenso späte wie schöne Treffer und gewann zurecht 2:0 (0:0).

Langsam aber doch rückten sportliche Themen auch beim Iran stärker in den Fokus. Vor dem Spiel gab es keinen geschlossenen Protest der Spieler. Der eine sang mit, der andere nicht. Auf den Tribünen waren einige kleine Transparente mit Botschaften zu erkennen. Die persische Hymne jedenfalls verschaffte vielen Fans im Ahmad bin Ali Stadium einen Tränenausbruch - ob aus Freude oder Traurigkeit, das ist schwer zu beurteilen.

Große Emotionen im Vorfeld der Partie zeigte der von großen Gesten eher genervte Trainer Queiroz aber weniger aufgrund der Proteste im Iran gegen die weibliche Unterdrückung - seine Sorge galt eher dem Ausfall von Ali Beiranvand. Der Stammtorhüter des Irans hatte sich gegen England eine schwere Kopfverletzung zugezogen. Queiroz hatte dessen Ausfall als Schlüsselmoment im schwachen Spiel gegen England ausgemacht.

Die iranischen Fans protestierten verhaltener als gegen England
Die iranischen Fans protestierten verhaltener als gegen EnglandAFP

Erste Halbzeit: Abseitstor für Iran, zur Pause trotzdem gerechtes Remis

Wales ging mit Fünferkette und Gareth Bale an den Start, häufig versuchte man über die Außenbahn Zielspieler Kieffer Moore ins Spiel zu bringen. In der 12. Minute kam der langgewachsene Stürmer zu einer großartigen Gelegenheit. Der langgewachsene Bournemouth-Spieler hatte sich gut aus der iranischen Manndeckung geschlichen und tauchte nach starker Flanke von Kollege Connor Roberts alleine vor Hossein Hosseini auf - und scheiterte mit seiner Direktabnahme am gut reagierenden Beiranvand-Ersatz. Drei Minuten später das x-te Abseitstor dieser WM: Ali Gholizadeh vollendete eine schöne Kombination, stand beim Zuspiel von Sardar Azmoun aber gut einen halben Meter im Abseits.

Kieffer Moore musste nach seiner Großchance kurz behandelt werden
Kieffer Moore musste nach seiner Großchance kurz behandelt werdenAFP

Azmoun kam wenig später nach einer Freistoßflanke per Kopf zum nächsten Abschluss - der Leverkusener präsentierte sich von seiner auffälligen, aber ineffektiven, die restliche iranische Mannschaft sich von ihrer kämpferischen Seite. Die walisische Nationalmannschaft ist keineswegs für ihre Zimperlichkeit bekannt, mit den aggressiv anlaufenden Asiaten hatten die Drachen dennoch jede Menge Probleme. Insbesondere die Zweikämpfe zwischen Neco Williams und Ramin Rezaeian gewannen an Häufigkeit. Beide Spieler riskierten viel, in den harten Duellen zog zumeist Williams den Kürzeren und musste in Minute 24 auch behandelt werden. 

Nach 29 Minuten gespielten Minuten war es so weit, auch der alternde Superstar Gareth Bale kam zu seiner ersten Torchance. Einst für seine Gewaltschüsse bekannt, verhungerte sein Fernschuss nun beinahe, Hossein Hosseini blieb fehlerlos. In der darauffolgenden Aktion nutzte der Iran dasselbe Stilmittel wie davor bereits dreimal. Langer Ball in die Tiefe, Azmoun startete einen Lauf hinter die walisische Abwehrkette. Joe Rodon hatte das Muster bereits erkannt und durfte gegen die im Minuten-Takt gespielten langen Bälle seine Abfangstatistik ordentlich aufbessern. Trainerfuchs Carlos Queiroz war gefragt, er musste nun eine neue Methode finden, seine Stürmerstars Azmoun und Taremi ins Spiel einzubinden.

Joe Rodon konnte zumindest Azmoun neutralisieren
Joe Rodon konnte zumindest Azmoun neutralisierenAFP

Langsam wurden sich beide Teams der fragilen Ausgangslage bewusst: Eine Niederlage hätte sowohl für den Iran, als auch das am letzten Spieltag gegen Favorit England antretende Wales wohl das vorzeitige Ausscheiden bedeutet. Beide Abwehrketten rückten bei gegnerischem Ballbesitz nun näher Richtung eigenes Tor. Eine Schussversuch von Harry Wilson wurde abgeblockt, das Offensivkonzept des Irans - direkte, vertikale Zuspiele - ging nicht mehr auf.

Der starke Rodon machte sich in einer ebenso harten wie fairen Begegnung beim Schiedsrichter vorstellig, für sein ruppiges Einsteigen gegen Taremi sah er völlig zurecht die Gelbe Karte. Über halbhohe Flanken und einen Distanzschuss kam Queiroz' Truppe noch zu guten Halbchancen. Dass die Mannschaften ohne Treffer in die Kabine schritten, war angesichts der über weite Strecken mangelhaften Qualität beim Abschluss durchaus gerecht.

Zweite Halbzeit: Hennessey mit schwerem Foul, Traumtor bringt späte Entscheidung

Der Iran kam mit offenkundig größer gewordener Angrifflust aus der Pause. Schon in Minute 52 kam es zum vielleicht größten Aufreger des Spiels. Kapitän Ehsan Hajsafi schickte abermals Azmoun in die Tiefe, diesmal ging der Plan auf: Azmoun setzte sich im Laufduell durch, doch sein Schuss aus spitzer werdenden Winkel traf nur den Pfosten. Im Anschluss setzte Gholizadeh das Leder erneut an den Pfosten, Wayne Hennessey rettete in der darauffolgenden Aktion und sicherte den Ball.

Wayne Hennessey hatte gegen den Iran viel zu tun
Wayne Hennessey hatte gegen den Iran viel zu tunAFP

Der Iran tat viel fürs Spiel, Wales-Coach Page ahnte wohl bereits, dass sich die Asiaten für eine kräfteraubende Spielweise entschlossen hatten. Außer Moore und Superstar Bale war nur mehr selten ein Waliser im Angriffsdrittel aufspürbar. Der gegnerische Druck wurde größer, doch die Abwehr hielt sich wacker. Mal stand Chris Mepham im Weg, mal Davies, mal kam der finale Pass nicht richtig an. In Minute 73 schaltete sich auch Irans zentrale Leitstelle im Spielaufbau, Saeid Ezatolahi, in die Offensivbemühungen ein. Sein Flachschuss war ausgezeichnet angetragen, doch der in dieser Phase des Spiels häufig gefragte Hennessey ließ sich nicht überraschend und tauchte gut ins Eck ab, klärte zum Eckstoß. 

Langsam meldete sich nun auch Wales für einen Treffer an, Ben Davies kam nach intelligenter Ablage von Kieffer Moore zu einer guten Gelegenheit, doch Torhüter Hosseini reagierte herausragend. Sein Gegenüber, der bis dahin tadellose Wayne Hennessey ließ sich trotz seiner 35 Jahre Lebenserwartung in der 85. Minute zu einem haarsträubenden Fehler hinreißen. Weit entfernt vom eigenen Strafraum riss er den durchbrechenden Mehdi Taremi nieder. Ein überaus hartes Foul, das an jenes von Toni Schumacher in Sevilla 1982 erinnerte. Taremi blieb glücklicherweise ohne Verletzung. Schiedsrichter Escobar revidierte seine Gelbe Karte nach Prüfung der VAR-Bilder und schloss Hennessey aus dem Spiel aus - die einzig richtige Entscheidung.

Völlig zurecht wurde Hennessey nach einem Horrorfoul ausgeschlossen
Völlig zurecht wurde Hennessey nach einem Horrorfoul ausgeschlossenAFP

Der Iran war dem Sieg zwar stets näher als die Drachen von der Insel - doch Pech und Ineffizienz verunmöglichten scheinbar einen Sieg für den Iran. Doch just, als niemand mehr so richtig mit einem Tor rechnen wollte: belohnte sich der Iran für eine sehr gute Leistung. Mit einem Traumtor sorgte Roozbeh Chehsmi für die Entscheidung - aus mehr als zwanzig Metern hämmerte er den Ball perfekt in die untere Ecke. Ersatzkeeper Danny Ward war chancenlos (90+8.). Ramin Raezaeian finalisierte zwei Minuten später einen Konter nach Vorlage Taremis - der Iran gewann verdienterweise 2:0. 

Der Iran war die aktivere Mannschaft
Der Iran war die aktivere MannschaftStatsPerform

Spieler des Spiels: Razmin Rezaeian

Rezaeian konnte sein Glück kaum fassen
Rezaeian konnte sein Glück kaum fassenStatsPerform/AFP

Der Treffer zum 2:0 hatte keine große sportliche Bedeutung mehr. Zweifelsohne überzeugte der iranische Rechtsverteidiger mit seinem Lupfer in dieser Situation - doch über das ganze Spiel hinweg war er eigentlich der zuverlässigste Mann im Spiel des Irans. Neco Williams brachte er fast zur Verzweiflung, er schaltete sich häufig in die Offensive ein und interpretierte seine Rolle als Flügelverteidiger überaus modern.