Schwimmen bei Olympia: Bürgermeisterin Hidalgo geht vor - Wer wagt sich in die Seine?
Das sah auch Organisationschef Tony Estanguet so, der ebenfalls eine Runde durch die Seine drehte. "Der heutige Tag ist eine Bestätigung dafür, dass wir genau dort sind, wo wir hinwollten", sagte der noch tropfende Estanguet den zahlreichen Reportern und bekräftigte: "Wir sind nun bereit, die Spiele an der Seine zu organisieren."
Es waren die erhofften Worte für einen Fluss, der vor nicht mal einem Monat von Behörden noch als Gesundheitsrisiko identifiziert worden war. 1,4 Milliarden Euro hat Frankreich bislang investiert, um die Seine endlich sauber zu bekommen. Doch die Werte von E.Coli-Bakterien - ein Schlüsselindikator für Fäkalien - blieben gemessen an den Vorgaben der Sportverbände lange zu hoch. Vor lauter Ärger, dass das Geld in den Fluss statt soziale Themen gesteckt wurde, starteten die Pariser Stadtbewohner vor Wochen einen Aufruf unter dem Hashtag: #IchKackInDieSeine.
Bei der Eröffnungsfeier der Sommerspiele (26. Juli bis 11. August) werden etwa 100 Boote mit Athletinnen und Athleten den Fluss hinunterfahren, so der Plan. Zudem sollen die Wettbewerbe im Freiwasserschwimmen und das Schwimmen im Triathlon in der Seine stattfinden. Zweifel daran, ob das eine gute Idee ist, schwelen seit Monaten - zumal sich die Organisatoren einem Alternativplan bislang strikt verweigerten. "Es ist schwierig, wenn sie keinen Plan B haben, gerade wenn die Wasserqualität so schlecht ist, dass man die Gesundheit der Athleten riskiert", sagte die deutsche Freiwasserschwimmerin und Medaillenkandidatin Leonie Beck Anfang Juni dem SID.
"Ich denke, dass der mediale Druck jetzt auch zunimmt, weil die Leute sagen, die Seine ist die Toilette von Paris", bekräftigte die 27-Jährige. Die Toilette von Paris! Das Narrativ hat sich längst verbreitet, Politik und Veranstalter paddeln verzweifelt hinterher. Öffentlichkeitswirksame Schwimmversuche in der Seine mussten verschoben werden.
Seine bald auch als Badefluss
Der Trend der letzten Qualitätskontrollen immerhin war positiv. Ende vergangener Woche teilte ein Sprecher des Pariser Rathauses mit, der Fluss sei an "elf oder zehn" der vergangenen zwölf Tage sauber genug gewesen, um dort Schwimmwettbewerbe auszutragen.
Ab 2025 soll die Seine nicht nur olympische Wettkämpfe, sondern auch privates Plantschvergnügen für die Pariser Bürger ermöglichen. Vor rund hundert Jahren war eben das verboten worden. Im Rahmen der Milliarden-Investition werden nun unter anderem 23.000 Wohnungen an die Kanalisation angeschlossen, deren Abwässer bislang ungereinigt in die Seine geleitet wurden.
Und wenn die Wasserqualität während Olympia noch nicht ausreicht? Dann erwägen die Veranstalter, die betroffenen Wettkämpfe jeweils um ein paar Tage zu verschieben. "Wir machen uns keine Sorgen um die Durchführung der Wettbewerbe", sagte Pierre Rabadan, Sportberater des Pariser Stadtrats, kürzlich dem Radio France Internationale: "Sie werden stattfinden." Er setzt darauf, dass die Seine in wenigen Tagen sauber ist - und auch die Athleten sich dann in den Fluss trauen.