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Recap 21. Spieltag: Furchteinflößende Fohlen sorgen für Dreiergespann an Tabellenspitze

Micha Pesseg
Julian Nagelsmann (li.) vor der Bayern-Bank mit Thomas Müller, der bereits nach 15 Minuten ausgewechselt wurde.
Julian Nagelsmann (li.) vor der Bayern-Bank mit Thomas Müller, der bereits nach 15 Minuten ausgewechselt wurde.AFP
Der 21. Spieltag geizte nicht mit Überraschungen. Borussia Mönchengladbach bereitete Julian Nagelsmann einmal mehr Angst und Schrecken, noch nie konnte er als Bayern-Trainer gegen die Borussia vom Niederrhein gewinnen. Den Platz an der Sonne teilt sich der große FCB nun mit Union Berlin und Dortmund, der Titelkampf scheint weiterhin ausgeglichen zu sein. Im Tabellenkeller herrscht derweil ein buntes Durcheinander. Schalke versucht weiterhin, sich zum Klassenerhalt zu mauern, Stuttgart gelang ein wichtiger Dreier. Hertha, Hoffenheim und Bochum kassierten bittere Niederlagen.

Trainer Enrico Maaßen hat eine Spielweise entwickelt, die auf seine Mannschaft zugeschnitten ist. Enge Mannorientierung, viele Bälle in die Spitze, kämpfen bis zum Umfallen. Die Folge: mit dem Abstieg muss sich Augsburg 2022/23 nicht beschäftigen. Im Freitagabendspiel gegen Hoffenheim gewann man 1:0, Fredrik Jensen erzielte in der 88. Minute nach Eckball das entscheidende Tor — in einer für neutrale Zuschauer weitestgehend nicht besonders attraktiven Begegnung.

Frei nach der Dichterin Gertrude Stein: Augsburg bleibt Augsburg, bleibt Augsburg. Es wäre nicht fair, die Fuggerstädter als Graue Maus der Liga zu bezeichnen. Doch die Häufung knapper Erfolge, welche durch eine harte, fast altmodische Spielweise errungen werden konnten, ist augenfällig: Sieben Siege feierte der FCA in der bisherigen Bundesligasaison. Siebenmal mit einem Treffer Unterschied — nicht mehr, nicht weniger. So sieht Effizienz aus. Spektakel gibt es anderswo.

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So ein Mist aber auch! Kevin Vogt ärgert sich über die 12. Hoffenheimer Niederlage in der Saison 22/23Profimedia

Nagelsmann und das weichgespülte Pack

In Mönchengladbach zum Beispiel. Die Borussia schlug den großen FC Bayern München mit 3:2 und festigte den Ruf als Bayern-Schreck Nummer eins. Der turbulente Spielverlauf kam Gladbach entgegen, bereits in Minute 8 hatte Schiedsrichter Tobias Welz Dayot Upamecano des Feldes verwiesen.

Upamecano hatte sich ein Laufduell mit Plea geliefert, die Wege kreuzten sich. Der Bayern-Verteidiger touchierte den Fohlen-Stürmer minimal an der Schulter. Weil das ganze knapp vor dem roten Strafraum passierte, erfüllte der Kontakt laut Referee Welz den Tatbestand einer Notbremse.

Julian Nagelsmann war nach Spielende nicht derselben Meinung: “In meinen Augen ist es eine klare Fehlentscheidung. In so einer Situation muss man sich einhundert Prozent sicher sein. Da muss es ein klares Foul sein und das ist einfach kein Foul.

Die Rote Karte gegen Upamecano hatte spielentscheidenden Charakter
Die Rote Karte gegen Upamecano hatte spielentscheidenden CharakterAFP

Später vergriff sich Nagelsmann im Ton, bezeichnete das Schiedsrichterteam als "weichgespültes Pack". Der DFB-Kontrollausschuss hat sich der Ermittlungen gegen ihn angenommen.

Sei es drum, Lars Stindl erzielte fünf Minuten später das 1:0 für die Borussia, anschließend wurde Thomas Müller den taktischen Überlegungen Nagelsmanns geopfert, Cancelo kam statt ihm in die Partie. Die früheste Auswechslung in Müllers Karriere.

Anschließend dominierten die Bayern, kamen durch Choupo-Moting noch vor der Halbzeitpause zum Ausgleich. Im zweiten Durchgang machte sich die Überzahl der Borussia bemerkbar. In einem chancenreichen Spiel ging Farkes Truppe 3:1 in Führung, kassierte durch einen dummen Fehler von Stefan Lainer in der Nachspielzeit lediglich den Anschlusstreffer durch Bayern-Wunderkind Mathys Tel (17).

Zuletzt war der O-Ton in der deutschen Medienlandschaft — auch hier auf Flashscore — einhellig. Gladbach sei nur noch Mittelmaß. Dass ausgerechnet die Truppe von Daniel Farke dem FCB die erste Pflichtspiel-Niederlage 2023 zufügen würde, kam trotz des Renommees als Angstgegner (gegen keinen Bundesliga-Gegner hat Nagelsmann einen schlechteren Punkteschnitt, im Mai 2021 gelang der letzte Erfolg gegen die Fohlen) einigermaßen überraschend. Denn Serien haben nur bedingt Aussagekraft, können jederzeit reißen.

Die VfLs verlieren, der VfB gewinnt

Frag nach in Bochum. Im Ruhrstadion galt der VfL unter Thomas Letsch als unschlagbar. In fünf Bundesliga-Heimspielen gab es fünf Siege.

Nun gewann der SC Freiburg mit 2:0, Gregoritsch und Höler trafen. Die Breisgauer profitierten von defensiven Unsicherheiten sowie einer Roten Karte gegen Bochum-Kapitän Losilla. Mit der offenen Sohle erwischte er das Schienbein von Nicolas Höfler. Der Freiburger blieb glücklicherweise unverletzt, sowohl ihm als auch Losilla stand nach dem unglücklichen Zweikampf der Schock ins Gesicht geschrieben. Angesichts des hohen Verletzungsrisikos eigentlich ein Foul, das keine zwei Meinungen zulässt.

Thomas Letsch sah das anders. Laut ihm hätte Schiedsrichter Zwayer “sicherlich auch Gelb” geben können. Über die zu Ende gegangene Serie zeigte sich Letsch keineswegs besorgt: “Die Serie ist vorbei, also müssen wir auswärts eine starten”, so der 54-Jährige.

Grund zur Freude hatten am Samstagnachmittag außerdem der VfB Stuttgart und RB Leipzig. Bruno Labbadia durfte den ersten Bundesligasieg in seiner zweiten Ära im Schwabenland feiern. Gil Dias, Borna Sosa und Tanguy Coulibaly besorgten die Treffer, Köln wurde mit einer etwas zu deutlichen 0:3-Packung nach Hause geschickt. Durch den Sieg wurden Bochum und Hoffenheim in der Tabelle überholt — wenn auch nur aufgrund der geringfügig besseren Tordifferenz. Alle drei Teams halten zurzeit bei 19 Punkten.

Ebenfalls mit 3:0 setzte sich Leipzig in Wolfsburg durch. Das Momentum befindet sich zurzeit nicht bei den Wölfen, auf die offensive Dominanz von Forsberg, Szoboszlai und Co. fand Niko Kovac einfach nicht die passende Antwort. Kaum Offensivszenen, eine maue Zweikampfquote von 46 Prozent. Nach einem Unentschieden gegen Köln und einer Heimpleite gegen Union konnten die Bullen hingegen vor dem CL-Kracher gegen Manchester City noch etwas Selbstvertrauen tanken.

Auch die SGE hielt noch einmal an der Tanke, vor dem Duell mit Napoli fuhr man einen ungefährdeten 2:0-Erfolg gegen Werder Bremen ein. Marco Friedl per Eigentor, sowie Randal Kolo Muani besorgten die beiden Treffer. Letztgenannter steht in der Bundesliga nun bei 10 Treffern und 12 Vorlagen, in der NBA würde man das wohl ein "Double-Double" nennen. 

Stabiles Schalke, Reus zieht mit Burgsmüller gleich

Das dritte Newtonsche Gesetz lautet: Kraft ist gleich Gegenkraft. Wechselwirkungsprinzip nennt das die klassische Physik. Und eines der Gesetze dieser Rückrunde lautet: wenn Ralf Fährmann bei Schalke im Kasten steht, gehen die Spiele immer 0:0 aus. Und auch Moritz Jenz und Maya Yoshida harmonieren als Duo in der Innenverteidigung wunderbar.

Das offene Scheunentor in Gelsenkirchen konnte dank ihrer Mitwirkung endlich geschlossen werden. Beim 1:6 gegen Leipzig leistete sich der zwar talentierte, aber häufig noch unsicher wirkende Matriciani einige Stellungsfehler. Der in der Schweiz, Frankreich und Schottland gereifte Jenz wirkt im harten Abstiegskampf deutlich souveräner, entlastet seinen japanischen Nebenmann außerdem in der Spieleröffnung.

Die Nullnummer hielt Union davon ab, die Tabellenführung zu übernehmen. Eine triste, chancenarme Partie führte letztlich zum einzig logischen Endstand.

Was ist sein Geheimnis? Thomas Reis ist der Nullnummern-König der Liga
Was ist sein Geheimnis? Thomas Reis ist der Nullnummern-König der LigaAFP

Etwas mehr Aufregung gab es abseits des Rasens, wie das Online-Portal vom rbb berichtet: vor dem Anpfiff habe eine Massenschlägerei vor dem Vereinsheim des FC Schalke 04 für einen Polizeieinsatz gesorgt. Hunderte Schalker Fans hatten sich versammelt, um mit dem Bus nach Berlin zu reisen. Gewaltbereite Personen aus der Fanszene von RW Essen sowie Borussia Dortmund sollen für Krawall gesorgt haben, mindestens vier Menschen wurden bei dem Vorfall schwer verletzt.

Apropos Dortmund: der BVB setzte mit einem 4:1-Erfolg der Mini-Euphorie bei der Hertha ein jähes Ende. Karim Adeyemi (21) läuft weiterhin zur Hochform auf, erzielte einen Treffer, bereitete einen weiteren vor. Und das in nur 35 Minuten Spielzeit! Denn dann musste Adeyemi verletzungsbedingt ausgewechselt werden. Der Oberschenkel zwickte. Wie lange der Dortmunder Shootingstar ausfallen wird, ist noch unklar. Jamie Bynoe-Gittens wurde eingewechselt.

Ryerson (li.) musste den angeschlagenen Adeyemi nach Schlusspfiff trösten
Ryerson (li.) musste den angeschlagenen Adeyemi nach Schlusspfiff tröstenAFP

Trainer Terzic hatte sich nach dem anstrengenden Heimerfolg gegen Chelsea zu einigen Personalrochaden entschieden. Reus, Hummels, Ryerson und Malen hatten ihren Weg in die Aufstellung gefunden. Terzic' blau-weißes Pendant vertraute hingegen auf dieselbe Startformation wie beim 4:1-Erfolg vergangene Woche. Die Hertha präsentierte sich überaus mutig, wollte Dortmund mit hohem Pressing überraschend. Doch die Qualitätsunterschiede waren eklatant, Lucas Tousart konnte direkt nach Beginn der zweiten Hälfte nur den zwischenzeitlichen Anschluss erzielen.

Marco Reus verwandelte in der 76. Minute einen direkten Freistoß, mit seinem 158. Pflichtspieltor für Dortmund zog der 33-Jährige mit der schwarz-gelben Stürmerlegende Manni Burgsmüller gleich. Dortmund teilt sich nun zusammen mit Union und Bayern die Tabellenspitze, alle drei Teams kommen zurzeit auf 43 Punkte. 

Einen erneuten Rückschlag musste Bayer Leverkusen verkraften. Von den letzten fünf Pflichtspielen konnte die Elf von Xabi Alonso nur ein Spiel gewinnen (3:1 gegen Hoffenheim). Das Spielglück war erneut nicht auf Seiten der Leverkusener. Finn Dahmen parierte in Minute 23 einen Elfmeter gegen Edmond Tapsoba, drei Minuten später erzielte Anthony Caci mit einem Flachschuss das 1:0 für die 05er. Drei Treffer und ein wildes Hin und Her später wurde Amine Adli des Feldes verwiesen, Marcus Ingvartsen verwandelte den fälligen Strafstoß — Mainz überholte Bayer in der Tabelle. 

Team der Woche: VfB Stuttgart

Was haben wir in den vergangenen Wochen mit Bruno Labbadia und dem VfB mitgezittert! Von Labbadias zweiter Amtszeit in Stuttgart hatten wir uns eine biedere Spielweise, aber gute Resultate erwartet. Stattdessen überzeugte Stuttgart mit spielerischer Linie, sammelte in fünf Partien unter Labbadia allerdings nur zwei Punkte. Wenngleich der Kölner Effzeh vom Karnevalstrubel gezeichnet wirkte, kaum seine typische, aggressive Spielweise auf den grünen Rasen brachte — gegen eine von Steffen Baumgart gecoachte Mannschaft musst du erst mal 3:0 gewinnen. 

Spieler der Woche: Jonas Hofmann (Mönchengladbach)

Einen Treffer erzielte Jonas Hofmann selbst, zwei weitere bereitete er vor. Hofmann brachte es zudem auf die meisten Ballaktionen (87), war auf dem Weg nach vorn erster Antreiber und war in einem Fußballspiel, an dem unter anderem auch Joshua Kimmich, Serge Gnabry und Leon Goretzka beteiligt waren, klar der auffälligste Spieler. Elfmal kreierte er Chancen für sich oder seine Mitspieler. Es ist nicht das erste Mal, dass er die Bundesliga mit einem dominanten Auftritt begeistert. Allmählich muss sich Deutschland die Frage stellen: ist Jonas Hofmann einer der besten Spieler dieses Landes?

Jonas Hofmann (#23) war gegen die Bayern der große Strippenzieher
Jonas Hofmann (#23) war gegen die Bayern der große StrippenzieherAFP

Tor der Woche: Borna Sosa (Stuttgart)

Was für ein herrliches Ding! 59 Minuten waren gegen Köln absolviert, es gab Freistoß für den VfB. Stuttgarts Edeljuwel Borna Sosa nahm den Ball in die Hand, berechnete den Winkel — und ließ dann seine feine Technik sprechen. Er schickte die Kugel gefühlvoll auf die Reise. Mit ebenso viel Effet, wie Präzision und Kraft. Von der Latte sprang das Ding ins Netz, Köln-Schlussmann Schwäbe war chancenlos. Sosas linker Fuß ist eine Waffe, der Kerl kann mehr als bloß flanken.