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Recap 20. Spieltag: Krise und Frieden — Hoffenheims Leid, Herthas Freude

Micha Pesseg, Michel Egenolf
Ozan Kabak musste gegen Leverkusen die 11. Saisonniederlage verkraften
Ozan Kabak musste gegen Leverkusen die 11. Saisonniederlage verkraftenProfimedia
Die Wundertüte Bundesliga hatte am Wochenende wieder einiges zu bieten: Neben Fanfreundschaften und Geburtstagskindern, die sich selbst beschenken, verdiente sich "der Dürre" den Titel des Spieler des Spieltags.

Wenn ein Team eine Krise beendet, fängt üblicherweise bei einem anderen eine Krise an. Das ist der Kreislauf der Bundesliga. Der Hertha gelang am Sonntag der erste Sieg im neuen Jahr, Mönchengladbach kassierte hingegen die bereits dritte Niederlage seit dem Ende der Winterpause.

Dass Daniel Farke nicht — wie in der Vorwoche — mit einem Pfeifkonzert bedacht worden war, lag vorrangig an der Tatsache, dass das Spiel im Berliner Olympiastadion und nicht im Borussia-Park ausgetragen worden war. Nach einer schwachen Anfangsphase waren die Pläne von Sandro Schwarz aufgegangen, die abstiegsbedrohte Hertha hatte sich ins Spiel zurückgekämpft und gewann schlussendlich — etwas zu hoch, dennoch verdient — mit 4:1. Das Ergebnis geriet durch zwei Treffer der Hertha in der Nachspielzeit aus Gladbacher Sicht etwas aus den Fugen. 

Auch bei Schalke 04 ist ein Aufwärtstrend erkennbar. Das königsblaue Eichhörnchen ernährt sich weiterhin sehr mühsam, doch erneut knöpfte man einem stärker einzustufenden Konkurrenten einen Punkt ab. 0:0 gegen Köln, 0:0 gegen Gladbach, 0:0 gegen Wolfsburg. Teilerfolge, die viel neue Hoffnung geben. 7 Punkte trennen die Knappen aktuell von Platz 15.

Ein gelungener Klassenerhalt käme weiterhin einem Wunder gleich. Fängt Schalke in absehbarer Zeit damit an, Spiele auch tatsächlich zu gewinnen, muss sich der Rest der Liga trotz nahenden Frühlingsbeginns warm anziehen. Detail am Rande: Ralf Fährmann stand in den letzten drei Bundesligapartien der Gelsenkirchener im Kasten — und kassierte in dieser Zeit keinen einzigen Gegentreffer.

Wann die angespannte Lage in Stuttgart und Hoffenheim enden wird, ist nicht abzusehen. Beide Vereine sind im neuen Jahr noch sieglos, beide Vereine sahen sich im Laufe der Saison bereits zu einem Trainerwechsel gezwungen. Pellegrino Matarazzo war mit dem VfB früh in der Saison auf die hinteren Ränge abgerutscht und entlassen worden, mittlerweile darf er sich im Kraichgau als Übungsleiter beweisen. Beim TSG-Debüt setzte es eine 1:3-Niederlage gegen Leverkusen. Hoffenheim beging im defensiven Drittel dieselben haarsträubenden, individuellen Fehler wie noch unter André Breitenreiter. Stuttgart hatte bei der 1:2-Pleite in Freiburg dasselbe Pech wie noch unter Matarazzo und Wimmer.

Pellegrino Matarazzo gab gegen Leverkusen sein Debüt als Hoffenheim-Cheftrainer
Pellegrino Matarazzo gab gegen Leverkusen sein Debüt als Hoffenheim-CheftrainerAFP

Eine Mannschaft bleibt eben dieselbe Mannschaft, egal, wer sich in der Coachingzone zum Hampelmann macht. Für die Statistik-Freaks unter uns: von 18 Bundesliga-Teams haben bereits sechs Vereine in der laufenden Spielzeit den Trainer ausgetauscht.  

Guten Freunden gibt man ein Törchen

Der FC Bayern wusste die schon 50-jährige Fanfreundschaft mit dem VfL Bochum zu würdigen. Trotz Auswärtsfahrt durften die Fans aus dem Ruhrpott, den Klängen Herbert Grönmeyers lauschen. Was will man mehr? Drei Punkte aus der Allianz Arena mitzunehmen, das wäre nett gewesen, keine Frage. Lange konnte der VfL gut mit den Bayern mithalten, man ließ kaum Chancen zu. Bochum hatte sich trotz offensichtlicher Qualitätsunterschiede auch einige Male über die Mittellinie gewagt.

Was ist bei einer riskanten Spielweise mit hoch aufrückender Defensivlinie immens wichtig? Ja, Kinder, richtig, eine souverän agierende Restverteidigung. Eine Thematik, mit der sich die Truppe von Thomas Letsch in der Vergangenheit selten konfrontiert sah — Saidy Janko spielte einen miserablen Rückpass, Manuel Riemann konnte das Zuspiel nicht verarbeiten und Thomas Müller tat, was ein Thomas Müller eben tut: seltsame Tore schießen.

In Halbzeit zwei erzielte Kingsley Coman vier Minuten nach seiner Einwechslung das 2:0, Serge Gnabry durfte in Minute 74 zum Strafstoß antreten. Den verwandelte Gnabry locker zum 3:0-Endstand und machte knapp vor dem Ausflug nach Paris, seinen Ausflug nach Paris vergessen. Coman und Gnabry haben gute Chancen, dann in der Startelf zu stehen.

Was raus muss, muss raus: Serge Gnabry trifft wieder für die Bayern
Was raus muss, muss raus: Serge Gnabry trifft wieder für die BayernAFP

Pünktlich zum Valentinstag reist der FC Bayern in die Stadt der Liebe, gegen PSG geht es im Champions-League-Achtelfinale auch ein wenig um die Zukunft von Julian Nagelsmann. Zwar ist der FCB im neuen Jahr noch ungeschlagen, beeindruckend oder dominant waren die Leistung nach der WM-Pause aber noch nicht.

Team der Woche: Union Berlin

Spontan gefragt, würden wohl viele Bundesligafans vermuten, Union Berlin sei das stärkste Heimteam der Liga. An die Alte Försterei fährt niemand gern, der Duft von Bratwurst und das enge Stadion geben Luxus und attraktive Neubauten gewohnten Kickern nicht unbedingt das Gefühl, zu Hause zu sein. Tatsächlich gibt es laut Heimtabelle jedoch ein Team, dass vor eigenem Publikum noch bessere Leistungen zeigt, als Union: RB Leipzig.

Bei den Eisernen sprühen die Freudenfunken
Bei den Eisernen sprühen die FreudenfunkenAFP

 Ausgerechnet Rasenballsport, jener von vielen Fußballtraditionalisten in Deutschland als "Konstrukt" verunglimpfter Verein, profitiert am meisten vom Support der eigenen Fans (ja, die gibt es wirklich). Union fügte dank unmoderner Tugenden — Zweikampfstärke, Standardsituationen, Lufthoheit —  den Leipzigern die erste Saisonniederlage in der Red Bull Arena zu. Für die Berliner war es ein enorm wichtiges Spiel —man selbst hat nach dem 2:1-Sieg durch Knoches Handelfmeter und dem 20. Spieltag nur einen Punkt Rückstand auf den Tabellenführer aus München, RB immerhin 7 Punkte. die Champions-League-Sterne befinden sich in Griffweite und das sieht auch der inzwischen vereinslose Max Kruse so.

Spieler der Woche: Ellyes "Flaco" Skhiri (1. FC Köln)

In der Bundesliga gibt es zwei Spieler die sich auf dem Platz sofort dem Rufenden zuwenden würden, wenn dieser nach "Flaco" fragt. Patrick Herrmann von Borussia Mönchengladbach und Ellyes Skhiri vom 1. FC Köln sind damit gemeint. "Flaco", aus dem Spanischen für "der Dürre" trifft auf Skhiri gut zu. So wird der Tunesier, seit ihn Lucas Barrios höchstpersönlich so taufte, nun von seinen Mannschaftskameraden liebevoll genannt. "Flaco" lieferte am Sonntag gegen die Eintracht ab. Mit 13,41 abgespulten Kilometern stopfte er jedes noch so kleine Loch im Kölner Mittelfeld und hatte dann auch noch die Luft mit nach vorne zu sprinten.

Doppelpack gegen Frankfurt: Ellyes Skhiri
Doppelpack gegen Frankfurt: Ellyes SkhiriProfimedia

 Seinen Treffer zum 2:0 leitete er durch eine Kombination aus Klärung und Steilpass selbst ein, ehe er 93 seiner 13410 absolvierten Meter im Vollsprint nach vorne absolvierte, um den Ball per Kopf im Frankfurter Tor unterzubringen. Und ein gutes Herz hat "Flaco" eben auch: Dem Frankfurter Randal Kolo Muani, dem besten Vorlagengeber der Liga, wollte an diesem Nachmittag offensiv nicht viel gelingen: Skhiri schenkte ihm aber dann doch noch einen Assist. Nach Flanke von Kingsley Schindler legte Kolo Muani mustergültig und uneigennützig per Kopf auf Skhiri ab, der sich bedankte und zum 3:0 für Köln einschoss.

Ob Kolo Muani sich über diesen Assist gefreut hat, sei einmal dahingestellt. Tatsächlich könnten beide im Sommer im selben Verein spielen, vorausgesetzt Kolo Muani bleibt bei Frankfurt. Der Eintracht wird Interesse an "Flaco" nachgesagt, der Vertrag des Tunesiers bei Köln läuft aus. In der nächsten Saison könnte es dann passieren, dass sich Kolo Muani über einen Assist auf Skhiri deutlich mehr freut als an diesem Nachmittag in Köln-Müngersdorf.

Tor der Woche: Marton Dardai (Hertha BSC)

Marton Dardai beschenkt sich selbst zum 21.
Marton Dardai beschenkt sich selbst zum 21.Profimedia

Es gibt ja einige Kandidaten für das Tor der Woche. Führichs wunderbarer Weitschuss gegen Freiburg, Haberers Treffer gegen Leipzig beispielsweise. Das Tor von Marton Dardai stellt beide Treffer allerdings in den Schatten. Die 52. Minute im Spiel zwischen Hertha und Mönchengladbach. Die Alte Dame hatte längst spielerisches Übergewicht gewonnen, fand aber gegen sich tief in die eigene Hälfte zurückziehende Fohlen keine entscheidende Lücke.

Auch Tolga Cigerci mangelte es an der richtigen Idee, also reichte er das Spielgerät an den aufgerückten Dardai weiter. Der setzt dem allgemeinen Zögern ein Ende, zieht aus gut 25 Metern einfach mal ab. Das Leder knallt an die Unterkante der Latte, springt unhaltbar ins Netz, die Hertha geht 2:1 in Führung. Ein Schuss wie ein Strahl. Papa Pal gratuliert, Sohn Marton hat sich derweil zum 21. Geburtstag selbst das schönste Geschenk gemacht.