Hertha weist ideenlose Gladbacher in die Schranken — wichtiger Sieg im Abstiegskampf

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Hertha weist ideenlose Gladbacher in die Schranken — wichtiger Sieg im Abstiegskampf

Dardai (Dritter von rechts) wird zu seinem Traumtor gratuliert
Dardai (Dritter von rechts) wird zu seinem Traumtor gratuliertProfimedia
Hertha BSC hat sich im Kampf gegen den Abstieg drei immens wichtige Punkte gesichert. Dank einiger kluger taktischer Kniffe von Trainer Sandro Schwarz gelang ein überzeugender 4:1-Heimerfolg (1:1) gegen Borussia Mönchengladbach. Marton Dardai brachte die Alte Dame mit einem Traumtor auf die Siegerstraße, in der Schlussphase erzielten die Hauptstädter zwei weitere Tore. Gladbach droht nach der dritten Pleite im Jahr 2023 endgültig das Mittelmaß.

Mit dem Mut der Verzweiflung entschied sich Sandro Schwarz sowohl für taktische als auch personelle Veränderungen: Tolga Cigerci durfte zum ersten Mal seit seiner Rückkehr nach Berlin von Beginn an auf dem Platz stehen. An vorderster Front bildeten Florian Niederlechner und Jessic Ngankam das Sturmduo, Innenverteidiger Dardai rutschte anstelle von Außenverteidiger Jonjoe Kenny in die Startelf. Auf das handelsübliche 4-2-3-1 verzichtete Schwarz ebenfalls, eine 3-5-2-Formation sollte der Alten Dame ermöglichen, einerseits das Zentrum dichtzuhalten, andererseits den Flügelspielern Plattenhardt und Richter zu erlauben, ihren Fokus auf das Offensivspiel zu setzen. Mit vielen Flanken sollten sie die beiden Mittelstürmer beschäftigt halten.

Auch Daniel Farke entschied sich für eine abgeänderte Startelf, allerdings aus anderen Gründen — Bensebaini hatte für die Auswärtsreise in die Hauptstadt krankheitsbedingt absagen müssen, Julian Weigl fehlte gelb gesperrt. Mit Luca Netz (19) rutschte neben Hannes Wolf ein ehemaliger Herthaner in die Anfangsformation, die Heimfans quittierten sämtliche Ballberührungen des gebürtigen Berliners mit einem wahren Pfeifkonzert.

Vor dem Anpfiff wurde im Olympiastadion den Opfern der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und in Syrien gedacht
Vor dem Anpfiff wurde im Olympiastadion den Opfern der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und in Syrien gedachtProfimedia

Die erste Phase des Spiels gehörte den Gästen, Marcus Thuram verpasste die erste große Gelegenheit des Spiels knapp (6.). Die Fohlenelf suchte konsequent den schnellen Weg in die Spitze. Der erste Treffer fiel jedoch nicht im laufenden Spiel, sondern über eine Standardsituation. Ausgerechnet Netz brachte in der 17. Minute einen Eckstoß zur Mitte, Nico Elvedi setzte sich im Kopfballduell gegen den inkonsequent verteidigenden Suat Serdar durch. Der Schweizer kam entscheidend an den Ball, die Kugel senkte sich über Hertha-Torhüter Christensen hinweg in den Kasten.

Nur eine Minute später fand Gladbach durch Jonas Hofmann die nächste Großchance vor. Die Gäste hatten schnell in die Spitze gespielt und den weit aufgerückten Christensen überrumpelt, Hofmann nur noch das leere Tor vor sich — oder etwa nicht? Kempf nahm seinen Job ernst, sprintete in Richtung eigenes Tor und grätschte Hofmanns Schuss vor der Torlinie weg. Eine Fleißaufgabe, wie die Videobilder kurz darauf beweisen sollten: Hofmann hatte sich im Moment des Zuspiels im Abseits befunden, das Tor hätte nicht gezählt.

Weckruf für die Alte Dame

Dennoch weckte Kempf mit seiner beherzten Einlage seine Mitspieler auf. Endlich fing die Hertha an, Fußball zu spielen. Der Plan von Sandro Schwarz ging allmählich auf, immer öfter fanden die Hereingaben durch die Schienenspieler den Weg in die gefährliche Zone. Ob aus dem Halbfeld oder von der Grundlinie, Richter und Plattenhardt wussten, ihre Mitspieler in Szene zu setzen. Auch Neuzugang und Führungsspieler Cigerci entdeckte die Lust auf feine Tricks in sich: Per Hacke schickte er Marco Richter steil, der brachte das Spielgerät flach zur Mitte — Ngankam hatte sich klug freigelaufen, musste nur mehr zum Ausgleich einschieben (30.).

Plötzlich übernahmen die Gastgeber das Kommando, Mönchengladbach schien vollkommen verunsichert zu sein. Im Spielaufbau scheute sich die Borussia vor risikoreichen Zuspielen oder hohem Tempo, somit hatte das Mittelfeld der Berliner keine Mühe, das Zentrum zu schließen. Plattenhardt hatte im direkten Duell mit Wolf große Freude, nutzte die defensiven Schwächen des Österreichers klug aus und verschaffte sich den nötigen Raum für gefährliche Flanken. Mal konnte Jonas Omlin per Faustparade abwehren (40.), mal rutschte Flo Niederlechner hauchdünn am Ball vorbei (44.). Zur Pause wäre eine Führung für die Blau-Weißen leichter zu erklären gewesen, als eine für Mönchengladbach.

Der 20. Spieltag hat einige schöne Treffer erlebt — Chris Führich traf aus 24 Metern zum 1:0 gegen den SC Freiburg (Endstand: 2:1 für die Breisgauer), Jannik Haberer per anspruchsvoller Direktabnahme den Union-Ausgleich gegen RB erzielt. Im Wettstreit um das Tor der Runde erhielten sie starke Konkurrenz. Hertha BSC drückte nach dem Seitenwechsel weiterhin aufs Gaspedal, Farkes Elf leistete sich weiterhin Fehler im Abwehrverhalten. Geburtstagskind Marton Dardai versuchte sein Glück, zog aus 21 Metern ab — ein für Omlin unhaltbarer Kracher war die Folge, der Abstiegskandidat lag erstmals im Kalenderjahr 2023 in Führung (52.). 

Aus Sicht der Borussia der Todesstoß: zwar traf Hofmann noch einmal das Außennetz (71.) — davon abgesehen, blieb der fünffache deutsche Meister lange Zeit harmlos. Selten erzeugten die grün gekleideten Gäste Torgefahr, selten gelang es gegen die hoch attackierenden Berliner, kreative Lösungen zu finden. Erst in den letzten Minuten nahm das Spiel wieder Fahrt auf, es kam nun auf Kleinigkeiten an.

Christensen reagierte gegen Marcus Thuram herausragend, verhinderte den Ausgleich. Kurz nach Anbruch der Nachspielzeit stellte sich Derry Scherhant (20) als Bundesliga-Torschütze vor. Klug schirmte er den Ball vor Ko Itakura ab, fand die Lücke im Gladbacher Abwehrverbund, erzielte aus der Drehung das alles entscheidende 3:1.

Aus Abseitsposition traf der eingewechselte Lukebakio noch die Stange. Hofmann traf das Netz zwar, wurde aber aus demselben Grund zurückgepfiffen wie sein belgisches Gegenüber. Nach Foul an Tousart durfte sich Dodi Lukebakio für den Fehlschuss rehabilitieren und vom Punkt aus antreten. Er besorgte staubtrocken das 4:1.

Einen Schlusspfiff später stand Präsident Bernstein die Erleichterung ins Gesicht geschrieben — angesichts der angespannten Tabellensituation nur verständlich. Die Hertha ließ den VfB Stuttgart hinter sich und rutschte mit dem vierten Sieg 22/23 vorläufig auf den Relegationsplatz. Fohlen-Coach Daniel Farke wirkt nach der dritten Pleite in den letzten fünf Partien zunehmend angezählt.