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Verliebt, verlobt, versilbert: Esther Henseleits Golf-Märchen von Paris

Esther Henseleit und ihr Caddie und Verlobter, Reece Phillips, feiern den Turniersieg.
Esther Henseleit und ihr Caddie und Verlobter, Reece Phillips, feiern den Turniersieg.AFP
Kurz vor dem größten Moment ihrer Golfkarriere schien Esther Henseleit wohl selbst kaum zu begreifen, wie ihr geschieht. Überwältigt von ihrer famosen Finalrunde ließ sie sich auf eine rote Couch neben ihren Trainer Reece Phillips fallen, jenen Mann, der zugleich ihr Verlobter ist. Das Paar schaute sich kurz tief in die Augen - und plötzlich begannen beide zu lachen. Sie habe dort gesessen "mit dem Wissen, eine Medaille gewonnen zu haben", sagte Henseleit ungläubig: "Und das mit meinem Verlobten zu teilen, ist sehr speziell."

Offen war in diesen Momenten im Klubhaus vor den Toren der Stadt der Liebe zunächst nur, ob es vielleicht sogar der Olympiasieg werden könnte. Es dauerte schließlich rund 45 Minuten, in denen die beiden entspannt einfach dort auf der Couch saßen. Sie warteten geduldig, bis die Silber-Sensation perfekt war. Fast aus dem Nichts sorgte die 25-jährige Henseleit für die erste Medaille und den größten Olympiaerfolg der deutschen Golfgeschichte, der zugleich der sportliche Höhepunkt einer ganz besonderen Liebesgeschichte ist.

Vor über drei Jahren hatte die gemeinsame Reise von Henseleit und Phillips begonnen. Sie lernten sich kennen, verbrachten viel Zeit miteinander, verliebten sich und trieben zugleich die Golfkarriere voran - die Hochzeit soll im kommenden Sommer folgen. "Freund, Trainer, Caddie", so sei die Reihenfolge gewesen, verriet Phillips in einem Interview mit golf.de. Die Beziehung hätte sich "fast natürlich" entwickelt. "Wir blieben abends auf, redeten über alles, was mit Golf zu tun hat und sahen uns Golfschwungvideos an."

Henseleit betonte nach ihrem Silbercoup, wie wichtig die Doppelrolle ihres Partners für sie sei. "Es hilft auf jeden Fall, wenn man jemanden an der Tasche hat, der einen so gut kennt und weiß, was er in welchen Momenten sagen muss", sagte sie bei Eurosport über ihren Wegbegleiter, mit dem sie in Scottsdale im US-Bundesstaat Arizona lebt. Etwa "um mir Mut zuzusprechen oder mich zu beruhigen, wenn es mal nicht läuft".

Grandioser Samstag folgt schwachem Sonntag

Gelegenheiten dafür gab es in den vier Runden von Paris zuhauf. An Tag drei fiel Henseleit gar zwischenzeitlich aus den Top 30 heraus, ehe die große Aufholjagd in der Schlussrunde von Rang 13 aus folgte. "Ich habe mir gesagt: Es ist eine Medaille oder nichts. Ich musste aggressiv spielen", betonte Henseleit. Gesagt, getan. Phillips war dabei immer an ihrer Seite, einen Kuss gab es auf den Grüns auch das eine oder andere Mal.

Bereits im Alter von neun Jahren hatte Henseleit ein Handicap von 21 vorzuweisen, vier Jahre später holte sie den deutschen Meistertitel in ihrer Altersklasse. 2019 gelang der Sprung zum Profi. Es folgten erste Turniersiege auf der European Tour, drei holte Henseleit bisher insgesamt, den letzten im Februar 2022 in Kenia.

Im Südwesten von Paris düpierte Henseleit, die im Alter von acht Jahren und angeleitet von ihrer Mutter zum Golfsport gekommen war, die internationale Konkurrenz. Die Weltranglisten-54. räumte das Feld von hinten auf. Lediglich 66 Schläge benötigte Henseleit am Samstag, insgesamt kam sie auf 280. Nur Lydia Ko aus Neuseeland war besser (278).

"Ich wusste, dass ich etwas Besonderes leisten muss, um eine Medaille zu gewinnen", sagte Henseleit: "Hier zu stehen, das Ding in meiner Hand zu halten, ist einfach unglaublich."