Das entflammende, verlockende 5:0 gegen Ungarn war nach dem dramatischen EM-Aus ein Booster für den Kopf. "Ich hoffe, dass wir noch viele solcher Spiele sehen werden", sagte der neue Kapitän Joshua Kimmich - am besten schon am Dienstagabend (ab 20:45 Uhr live bei RTL und in der Flashscore-Audioreportage). Jonathan Tah sprach von einer Anreise mit "sehr viel Selbstvertrauen. Wir wollen einfach genauso weitermachen."
Die Einschränkung: Es war in Düsseldorf eben nur Ungarn. Ein mittelguter Gegner, der einen schwachen Tag hatte. Julian Nagelsmann wollte seine Mannschaft auf Basis dieses Nations-League-Starts daher nicht gleich zum Top-Anwärter auf den WM-Titel 2026 ausrufen, aber das kann ja werden: "Es ist noch ein weiter Weg. Wenn wir die nächsten 19 Spiele bis zur WM auch noch gewinnen, zähle ich uns zum Favoritenkreis", sagte er. "Auch, wenn wir nur 14 gewinnen."
Ein Sieg beim Erzrivalen und EM-Halbfinalisten, in der Höhle des Löwen, das wäre, was im Fußball so gerne als Ausrufezeichen bezeichnet wird. Ein Ergebnis, bei dem in anderen Nationen aufgehorcht und durch die Zähne gepfiffen wird, das eine Botschaft aussendet: Hier wächst etwas Großes heran.
Der Bundestrainer kann dabei nicht nur auf seine Weltklasse-Zauberer setzen, er sieht zügige Fortschritte in fast allen Bereichen. Klar, das Nutzen von Großchancen darf gerne noch effizienter laufen - "es ist aber außergewöhnlich, wie schnell die Mannschaft Dinge adaptiert", betonte Nagelsmann. "Die Chemie dieser Truppe ist eine ganz andere, wenn man das mit der von vor einem Jahr vergleicht." Von der tiefen Verunsicherung der letzten Flick-Monate ist jedenfalls auch nach dem Umbruch nichts zu sehen. "Wir haben die Massen begeistert", stellte Rudi Völler zufrieden fest.
Der Sportdirektor hat Nagelsmanns forsche Weltmeister-Ansage mit Freude aufgenommen. Er sieht die Mannschaft "auf dem Weg, zu den großen Mannschaften dazuzugehören". Wenn, ja wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt werden: "Man wird jetzt keine zwei Jahre eine extreme Euphorie spüren. Aber wir müssen die Liebe und Anerkennung, die wir zurückgewonnen haben, im Umgang mit den Fans pflegen und sie bis zur WM erhalten."
Musiala und Wirtz wollen "rumzocken"
Nagelsmann freut sich schon darauf. "Holland hat eine sehr gute Mannschaft. Die Einzelspieler haben großes Potenzial", lobte er, "sie spielen sehr variabel." Ronald Koeman hat sich seinen Lieblingsgegner jedenfalls gedanklich zurechtgelegt. "Ich denke, wir können gegen Deutschland im offensiven Umschaltspiel zuschlagen", sagte er nach dem 5:2-Torfestival gegen Bosnien-Herzegowina. Defensiv allerdings zeigten sich einige Schwächen.
Diese könnte die deutsche Mannschaft gnadenlos aufdecken. Musiala und Wirtz haben Ungarn mit ihren Dribblings, Pässen und Rochaden in verwirrte Einzelteile zerrissen. "Wenn wir im Rhythmus sind und Selbstbewusstsein haben, können wir den ganzen Abend rumzocken", sagte Musiala. "Ich will die gute Energie zum nächsten Spiel mitnehmen."
Dieser neue Hunger, das neue Selbstverständnis - genau das hatte Nagelsmann in seiner "Regierungserklärung" vor einer Woche heraufbeschworen: Siege ziehen Siege nach sich, weil sich durch sie ein Geist des Gewinnens bildet. "Man hat die Lust am Siegen gespürt", sagte Nagelsmann. "Diese Lust, dieser Fleiß - das wollen wir sehen." Und zwar unabhängig vom Gegner. Noch 19-mal. Bis 2026 die WM beginnt.
Team-News: Ex-Bundesliga-Power in Oranje-Offensive
Der in der Bundesliga noch aus Bayern-Zeiten bekannte Joshua Zirkzee, der am Wochenende sein erstes Tor in der niederländischen Nationalmannschaft erzielt hat, ist auch am Dienstagabend Favorit auf die Startelf. Aber auch die Ex-Bundesliga-Legionäre Brian Brobbey und Wout Weghorst drängen in die Mannschaft, alternativ könnte Liverpool-Flügelspieler Cody Gakpo als falsche Neun agieren.
Micky van de Ven und Joey Veerman fielen zuletzt gegen Bosnien verletzungsbedingt aus, dafür gab Jurrien Timber von Arsenal gegen Bosnien sein Comeback. Er und sein Bruder Quinten Timber kamen beide von der Bank und vertraten ihr Land zum ersten Mal gemeinsam. Gut möglich, dass sie auch gegen Deutschland eine Rolle spielen werden.
Bei der DFB-Elf wird Joshua Kimmich am Dienstag zum 10. Mal Kapitän seiner Nationalmannschaft sein, wenn wieder ein spannendes Offensiv-Quartett auflaufen könnte: Florian Wirtz und Jamal Musiala sollen Kai Havertz und Niclas Fullkrug unterstützen - letzterer hat in nur 22 Länderspielen bereits 14 Tore erzielt.
Darüber hinaus scheint es für Julian Nagelsmann wenig Anlass zur Rotation zu geben.
Voraussichtliche Aufstellungen:
Niederlande (4-3-3): Verbruggen - Dumfries, de Ligt, van Dijk, Ake - Schouten, Reijnders, Gravenberch - Xavi, Zirkzee, Gakpo
Deutschland (4-2-3-1): ter Stegen - Kimmich, Tah, Schlotterbeck, Raum - Andrich, Groß - Wirtz, Havertz, Musiala - Füllkrug
Niederlande vs. Deutschland live im TV und Stream:
Während der erste Spieltag der neuen Nations League-Saison noch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu sehen war, überträgt nun der Privatsender RTL live aus Amsterdam. Am Dienstagabend startet die Übertragung des Länderspielklassikers bereits um 20:15 Uhr. Kommentiert wird das Spiel von Marco Hagemann, als Experte ist Lothar Matthäus im Einsatz. RTL wird zudem auch online einen Live-Stream zur Verfügung stellen. Diesen gibt es über die Plattform RTL+.
Solltet ihr die Partie nicht am Bildschirm verfolgen können, bietet euch Flashscore die kostenlose Audioreportage an. Kommentator Anton Latuska meldet sich ab 20:40 Uhr mit der Partie der Elftal gegen die DFB-Elf.