Freude, Gier, Leidenschaft: DFB-Team der Weltspitze ganz nah
Nach ihrer beeindruckenden Torgala genossen die Nationalspieler die Schönheit des mittelalterlichen Stadtzentrums, auch das umfangreiche Freizeitangebot in der Umgebung Freiburgs lockte sie an.
Bevor beim gemeinsamen Mannschaftsabend am Sonntag noch einmal auf die sieben Treffer gegen Bosnien und Herzegowina angestoßen wurde, gönnte der mehrere Lobeshymnen anstimmende Julian Nagelsmann seinen Spielern Erholung und Vergnügen.
"So eine gierige Mannschaft im November zu sehen", betonte der Bundestrainer nach dem höchsten Sieg seiner Amtszeit, "ist nicht selbstverständlich." Ist die deutsche Fußball-Nationalmannschaft nach Jahren der Tristesse damit endgültig in die Weltspitze zurückgekehrt? "Wir sind näher dran. Es gibt viele gute Signale. Wir sind aber noch nicht fertig und müssen noch einige Schritte gehen."
"Buntes Potpourri an Toren"
Nach dem 7:0 (3:0)-Spektakel gegen einen überforderten Gegner gab es aber auch weniger zurückhaltende Stimmen. "Das ist Traumfußball. Wir gehören zu den top drei, vier Mannschaften in Europa - und das heißt Weltspitze", sagte Rekordnationalspieler Lothar Matthäus bei RTL. Für Bosniens Trainer Sergej Barbarez steht fest: "Deutschland ist eine der besten Mannschaft der Welt."
Dabei war die DFB-Auswahl vor zwölf Monaten nach den Niederlagen gegen die Türkei und in Österreich noch am Tiefpunkt angelangt. Am Samstagabend verzauberte jedoch nicht nur die Offensive um die Künstler Jamal Musiala, Florian Wirtz und Kai Havertz die glücklichen Fans im Europa-Park Stadion.
"Wir haben Tore aus Standards, Ballbesitzphasen und Umschaltmomenten gemacht. Es war ein buntes Potpourri an Toren", frohlockte Nagelsmann.
Gruppensieg beschlossene Sache
Musiala (2.), Tim Kleindienst (23./79.), Havertz (37.), Wirtz (50./57.) und Joker Leroy Sane (66.) teilten sich die Treffer auf und symbolisierten damit die von Nagelsmann entfachte neue Lust und Gier. Statt sich nach der beruhigenden Halbzeitführung zurückzulehnen und Kräfte für das hammerharte Klub-Programm bis Jahresende zu sparen, hielt der viermalige Weltmeister die Schlagzahl extrem hoch.
"So viele Tore zu schießen, ist brutal", sagte Torhüter Oliver Baumann, der auch in seinem zweiten Länderspiel ohne Gegentreffer blieb und nach dem siebten "Zu Null" insgesamt 2024 in der alten Heimat gefeiert wurde.
Mit der hohen Intensität, dem bemerkenswerten Gegenpressing und der spürbaren Energie hat das DFB-Team die Herzen der Fans zurückerobert - und sich auch erstmals den Gruppensieg in der lange Zeit ungeliebten Nationenliga gesichert.
Damit geht man im Viertelfinale einem Duell mit EM-Schreck Spanien sicher aus dem Weg. "Oh, wie ist das schön", hallte es schon lange vor dem Abpfiff von den Rängen, dazu sangen die völlig losgelösten Anhänger lautstark den Dauerhit "Major Tom".
Kimmich hat Lust auf den nächsten Sieg
Bosnien war kein Gradmesser, der bereits zehnte Sieg des Jahres diente aber als Beweis der neuen Stärke. Der Konkurrenzkampf ist groß, die Einwechselspieler um Sane und Serge Gnabry fügten sich nahtlos in das funktionierende Gebilde ein.
Das konnte auch Tribünengast Joachim Löw bewundern, der die DFB-Auswahl vor zehn Jahren zum bisher letzten großen Titel geführt hatte. "Er hat sich sicherlich ganz ordentlich unterhalten gefühlt", sagte Nagelsmann über seinen Vor-Vorgänger.
Am Dienstag (20:45 Uhr/ZDF) steht der sportlich unbedeutende Jahresabschluss in Ungarn an. Nagelsmann wird rotieren. Jonathan Tah ist gesperrt, Joshua Kimmich angeschlagen. "Wir werden wieder eine gute Mischung finden und auch frische Kräfte reinbringen", sagte der Bundestrainer, der Rücksicht auf die Klubs nehmen wird: "Wir haben dasselbe Interesse wie jeder Verein, dass die Spieler gesund bleiben."
Doch wenn die Stars am Montagmorgen in Basel in den Flieger nach Budapest steigen, haben sie auch das Gewinner-Gen mit an Bord. "Jeder Sieg", betonte Kapitän Kimmich, "tut uns gut." Daher wolle man gegen die Ungarn, "wo es vermeintlich um nichts mehr geht, trotzdem nachlegen".