DFB-Frauen ärgern sich über "Angsthasenfußball" - Olympia-Traum lebt noch
Giulia Gwinn klagte über "Angsthasenfußball", Horst Hrubesch vermisste mindestens zehn Prozent Leistung, Alexandra Popp schlug eindringlich Alarm: Bei den deutschen Fußballerinnen herrschte nach dem vergebenen Olympia-Matchball Frust pur. Doch der Ärger über das 1:2 (0:2) in Frankreich muss bis zum Alles-oder-nichts-Spiel um Paris in neue Energie umgewandelt werden. Irgendwie.
"Uns muss klar sein, dass wir von der ersten bis zur letzten Minute alles reinhauen müssen, damit der Traum von Olympia weiterlebt", lautete die Ansage der angesäuerten Kapitänin Popp nach dem Nations-League-Halbfinale.
Am Mittwoch (20:45 Uhr/ZDF) muss im kleinen Finale gegen die Niederlande in Heerenveen ein Sieg her, sonst ist dieser Traum geplatzt. Es droht der nächste Tiefschlag rund sieben Monate nach dem WM-Debakel in Australien.
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Frust nach schwachem Frankreich-Auftritt
Die Vize-Europameisterinnen haderten vor allem mit der ersten Hälfte. "Das war zu wenig. Es ist brutal ärgerlich, weil mehr drin gewesen wäre", kritisierte Popp. "90 Prozent", monierte Interims-Bundestrainer Hrubesch mit ungewohnt leiser Stimme, "reichen bei uns nicht."
Der Knackpunkt: Das zweite Gegentor kurz vor der Pause. Das habe seinem Team "ein bisschen den Hals gebrochen", meinte Hrubesch: "Da haben wir uns etwas dumm angestellt". Lena Oberdorf war in der Szene gegen Grace Geyoro zu spät gekommen, den fälligen Foulelfmeter verwandelte Sakina Karchaoui (45.+4) vor 30.267 Fans im Groupama Stadium sicher.
"Da muss sie nicht runtergehen in die Grätsche", ärgerte sich Popp über ihre Wolfsburger Teamkollegin: "Dann ist es schwer, einem 0:2 hinterherzulaufen." Kadidiatou Diani (40.) hatte zuvor nach einem Freistoß die Unordnung der deutschen Defensive genutzt. Diese Kaltschnäuzigkeit ging den Deutschen ab - wieder einmal.
Gwinn (82.) machte die Schlussphase mit einem verwandelten Handelfmeter zwar noch einmal spannend. Aus dem Spiel heraus aber fehlte die Durchschlagskraft, Hrubeschs Matchplan mit der Doppelspitze aus Popp und Lea Schüller ging nicht auf.
Flick als Hrubesch-Nachfolger?
Mut machte dem 72-Jährigen, dass seine Wechsel funktionierten und eine Schlussoffensive aufkam. "Die Mannschaft kann das Selbstvertrauen aus der zweiten Hälfte mitnehmen", betonte Hrubesch, der mit seinem Team noch bis Dienstag in Lyon bleibt und den kommenden Gegner kurz nach Abpfiff schon unter die Lupe nahm.
"Ausschnitte" habe er sich zeigen lassen vom parallelen 0:3 des Oranje-Teams bei den Weltmeisterinnen aus Spanien. Er glaubt an einen letzten Kraftakt, damit seine Mission gelingt: "Die Geschichte ist noch nicht vorbei." Geht es jedoch schief, dürfte seine zweite Amtszeit als Nothelfer für das Frauen-Nationalteam beendet sein.
Wer spätestens nach Olympia den Posten nimmt, ist noch nicht bekannt, der DFB ist laut Nia Künzer auch kurzfristig "handlungsfähig". Süffisant lachend warf Almuth Schult als TV-Expertin der neuen Sportdirektorin einen neuen Namen zu: "Es gibt ja noch einen Trainer, der verpflichtet ist, beim DFB unter Vertrag steht. Wenn man gar niemanden findet, vielleicht wird's ja Hansi Flick."
Der wurde bekanntlich vergangenen Herbst wegen Erfolglosigkeit als Männer-Bundestrainer entlassen. Künzer quittierte den Kommentar ihrer ARD-Nachfolgerin mit einem Schmunzeln: "War das jetzt eine Frage?"