Alles gut in Kasachstan: Österreich feiert Pflichtsieg – Gruppensieg nahe
Es ist kalt im fernen Almaty Central Stadium. 4 Grad Celsius unter dem Gefrierpunkt. Auf der Tribüne sitzen tausende frierende, zitternde Menschen. Der Rasen ist eisig, es herrscht Rutsch- und Verletzungsgefahr. Kasachstan im November - ein undankbarer Termin.
Das Aufwärmen erfüllt an diesem Tag eine besonders wichtige Funktion. Kapitän Konrad Laimer und seine Teamkollegen tragen Handschuhe. Tausende Kilometer von der Heimat entfernt absolviert das ÖFB-Team ein wichtiges Spiel in der UEFA Nations League. Möchte man Gruppensieger werden und in Liga A zurückkehren, ist ein Sieg absolute Pflicht.
Teamchef Ralf Rangnick schickt eine starke Mannschaft aufs Feld. Michael Gregoritsch hat den Vorzug in der Offensive bekommen, Phillipp Lienhart mimt den Abwehrchef, Alexander Schlager hütet den Kasten. Der gelb verwarnte Marcel Sabitzer sitzt zunächst auf der Ersatzbank, Gregor Trauner und Florian Grillitsch sind angeschlagen zuhause geblieben.
Prominente Namen sucht man bei der kasachischen Nationalelf vergeblich. Doch von ihren Fans enthusiastisch nach vorne gepeitscht, beginnen die Hausherren überraschend aggressiv. Hohes Pressing statt Catenaccio, 4-2-3-1 statt Fünferkette. Stanyslav Tschertschesov - Tirol-Fans bestens bekannt - hat sich etwas einfallen lassen.
Baumgartner trifft sehenswert
Dementsprechend früh erhebt sich Rangnick von der Betreuerbank. Bei einem Einwurf gibt er erste Anweisungen an Rechtsverteidiger Stefan Posch. Der schickt kurz darauf Romano Schmid in die Tiefe. Sofort leitet der Bremen-Profi den Ball in den gegnerischen Strafraum weiter - seine Hereingabe findet keinen Abnehmer, doch es ist ein erster, wichtiger Annäherungsversuch.
Nun findet das ÖFB-Team besser in Spiel. Das Match verspricht, interessant zu werden. Kasachstan ist mutig, attackiert bei Ballgewinn sofort die österreichische Restverteidigung. Kevin Danso ist mehrfach gefordert. Der Verteidiger bleibt souverän, gewinnt alle wichtigen Laufduelle.
Im Mittelfeld überzeugt Nicolas Seiwald als intelligenter Taktgeber. Bestes Beispiel: Die 15. Spielminute. Ballgewinn für Österreich in der eigenen Hälfte. Posch startet einen Lauf am rechten Flügel. Seiwald bemerkt das, ein Steilpass ist naheliegend - doch der 23-Jährige sucht stattdessen den im Zentrum positionierten Gregoritsch. Eine kluge Entscheidung.
Gregerl hat Poschs Lauf bemerkt und spielt einen sensationellen Direktpass in die Tiefe. Posch flankt ansatzlos zur Mitte, Christoph Baumgartner wird zum Abnehmer. Der Leipziger hat viel Platz – und viel Zeit. Diese nutzt er für zwei wunderschöne Haken, Gegenspieler Alibek Kassym schlittert zu Boden. Baumi schiebt den Ball anschließend seelenruhig ins lange Eck. Ein wunderschöner Spielzug, ein traumhafter Abschluss.
Notbremse, Freistoß, 2:0
Rangnick platzt beinahe vor Freude. Als erster ÖFB-Teamchef darf der 66-Jährige einen eigenen Torerfolg in Kasachstan bejubeln.
2011 hatte sich die Nationalelf unter Interimstrainer Willi Ruttensteiner ebenso an der kasachischen Defensive die Zähne ausgebissen wie unter Marcel Koller 2013 - beide Male gab es eine trostlose Nullnummer.
Nach dem ersten Treffer gewöhnen sich die Österreicher endgültig an die winterlichen Bedingungen. In der 19. Minute darf sich Torhüter Schlager zum ersten Mal körperlich betätigen, einen Fernschuss von Askhat Tagybergen pariert er mühelos.
Vier Minuten später ereignet sich die spielentscheidende Szene: Torschütze Baumgartner überläuft erneut die gegnerische Defensive. Der kasachische Innenverteidiger Aleksandr Marochkin behilft sich mit einer Notbremse und wird von Schiedsrichter Marian Barbu (Rumänien) völlig zu Recht mit Rot vom Platz geschickt.
Den anschließenden Freistoß übernimmt Gregoritsch, 20 Meter trennen das Spielgerät vom gegnerischen Kasten. Der 30-jährige Freiburger hat einen guten Tag erwischt: Scharfer, platzierter Schuss – die Kugel landet unhaltbar im langen Eck.
2:0-Führung nach 25 Minuten, Überzahl. Ein idealer Start für Österreich. Bis zur Pause bleiben die Gäste dominant, man hat mehr Ballbesitz und mehr Torchancen. Patrick Wimmer scheitert in der 31. Minute am Außennetz, in der 45. Minute am Pfosten.
Match-Center: Kasachstan vs. Österreich
Der Job ist erledigt
Nach der Halbzeitpause werden die österreichischen Offensivbemühungen zunächst fortgesetzt. In der 59. Minute scheitert Schmid aus kurzer Distanz an Schlussmann Stas Pokatilov.
Ansonsten rollt der Ball souverän durch die eigenen Reihen. Dass bei eigenen Eckbällen keine Torgefahr entsteht, ist ein Luxusproblem.
In der 63. Minute entscheidet sich Rangnick für die ersten Wechsel. Laimer macht Platz für den Rapidler Matthias Seidl, die Kapitänsschleife wird Torjäger Gregoritsch überreicht. Posch weicht für den formstarken Mainzer Phillipp Mwene. Einige Minuten danach werden auch Baumgartner und Wimmer ausgetauscht, Kevin Stöger und Junior Adamu betreten das Spielfeld.
In Minute 77 ersetzt schließlich Andreas Weimann den auffälligen Schmid. Für die Blackburn Rovers hat der Wahl-Engländer zuletzt doppelt getroffen. Weimann kann an diese Form aber nicht anknüpfen, der 33-Jährige belebt das Offensivspiel der Österreicher nur kurzzeitig.
Im Grunde genommen ist die Schlussphase im eiskalten Almaty bloß ein Warten auf den Schlusspfiff. Die ÖFB-Auswahl hat alles im Griff, bringt die 2:0-Führung locker über die Zeit.
Rekordspieler Marko Arnautovic muss bis zum Sonntag auf seinen 121. Länderspiel-Einsatz warten. Dann trifft Österreich im Wiener Ernst-Happel-Stadion auf Slowenien, der vierte Sieg in Folge und die rasche Rückkehr in Liga A der Nations League sind das erklärte Ziel.