Kommentar: Yann Aurel Bisseck kann bei Inter zum großen Star heranreifen
Yann Aurel Bisseck ist wahrscheinlich das größte goldene Ei, welches Aarhus GF in den letzten 20 Jahren ausgebrütet hat. 7 Millionen Euro werden als Ablösesumme genannt. Viel Geld für einen dänischen Mittelständler. Und obwohl man enormen Profit machte: Die Aarhus-Fans werden dem deutschen Schrank etliche Tränen nachweinen.
Seit Leon Andreasen hat kein Defensivspieler mehr die oft geschundenen AGF-Fans derart verzaubert. Kein Wunder, denn ein einziger Blick auf die Statistiken des 1,96-Meter-Mannes räumt eigentlich sämtliche Zweifel aus dem Weg: Dieser Mann ist zu höheren Aufgaben berufen.
Von der Superliga wurde er in die Mannschaft des Jahres berufen. Achtmal wurde er in das Team der Runde gewählt. Außerdem erzielte er das Tor der Saison.
Nach einer Ping-Pong-Aktion krönte er gegen Lyngby einen unnachahmlichen Sturmlauf mit einem satten Schuss in den Winkel. Ein Tor, das auch seine offensiven Qualitäten unter Beweis stellte.
Richtige taktische Rolle muss gefunden werden
Inter hat einen Spieler gekauft, der mit Sicherheit gut genug für die Serie A ist. Wenn man sich in den notorisch skeptischen italienischen Sportmedien umschaut, wird klar, dass große Unsicherheit darüber herrscht, wie Bisseck der Mannschaft weiterhelfen soll. Die Fans der Nerazzurri sollten sich keine Sorgen machen. Die Ablöse von 7 Millionen Euro könnten sich noch als echtes Schnäppchen erweisen.
Bisseck profitiert davon, wenn ihm auf dem Platz Freiheiten gewährt werden. Wenngleich seine physische Statur den Anschein erweckt, er sei der perfekte Abräumer – seine eigentlichen Fähigkeiten kommen erst dann zur Geltung, wenn er nicht von dutzenden Anweisungen und taktischen Vorgaben in die Irre geführt wird.
Der 22-Jährige liebt es, auf der halblinken Position in einer Dreierkette zu spielen. Dort gelingen ihm außergewöhnliche Vorstöße, dort kommt auch sein hohes Tempo zur Geltung. Auch seine Qualitäten im Pressing prädestinieren ihn für eine weniger zentrale Grundposition. Als zentraler Baustein einer Dreierkette würden seine Vorstöße und Attacken schnell zu Lücken im Abwehrverbund führen.
Grundsätzlich passt er also in das System von Inter Mailand. Und Simone Inzaghi ist Taktikfuchs genug, um die wahren Stärken von Bisseck erkannt zu haben und sie gewinnbringend einzusetzen. Trotzdem wird sich Bisseck in der sehr taktisch geprägten Serie A weiterentwickeln müssen, mehr mitdenken müssen als in der dänischen Liga.
Inter wird ihm die nötige Zeit geben, sich anzupassen
Die nötige Intelligenz und Anpassungsfähigkeit hierfür bringt das einstige Kölner Eigengewächs mit Sicherheit mit. Schon mit 16 Jahren machte er sein Abitur, neben seiner Fußballkarriere betreibt er ein Fernstudium in Medien- und Sportmanagement an der Kölner Universität.
Für Inter sind die 7 Millionen Euro keineswegs rekordverdächtig – sondern eine kluge Investition in die Zukunft. Zunächst ist Bisseck mit Sicherheit als Back-up für Alessandro Bastoni eingeplant. Sein Vertrag läuft erst 2028 aus, der öffentliche Druck wird anfangs nicht derart gigantisch sein, dass Bisseck sofort aus allen Wolken fällt.
Malick Thiaw hat beim AC Milan bewiesen, dass eine langsame, aber kontinuierliche Anpassung ans neue Leistungsniveau tatsächlich funktionieren kann. Wer weiß, vielleicht ist Yann Aurel Bisseck eines Tages nicht mehr nur Kapitän der deutschen U21-Nationalmannschaft – sondern auch eine Stufe höher.