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FlashFocus: John Textor und Botafogo - Die neue Ära im brasilianischen Vereinsfußball

Meister des brasilianischen Fußballs zu werden, ist für John Textor zur Obsession geworden.
Meister des brasilianischen Fußballs zu werden, ist für John Textor zur Obsession geworden.Thiago Ribeiro/AGIF/AGIF via AFP/Flashscore
Botafogo, einer der traditionsreichsten Vereine Brasiliens, hat mit der Einführung der Sociedades Anônimas do Futebol (SAF) im Land seinen Prestigeplatz wieder eingenommen. Nach Jahren des Missmanagements, wachsender Schulden, Gerichtsverfahren, drohender Beschlagnahme von Vermögenswerten und des Abstiegs wurde der Verein durch ein neues Geschäftsmodell gerettet. In der neuen Ausgabe des FlashFocus widmen wir uns ganz dem brasilianischen Riesen.

Es ist eine Saga. Und zwar die einer Mannschaft, die bei Weltmeisterschaften der Vergangenheit den Grundstock für die brasilianische Nationalmannschaft bildete und in deren Reihen große Generationstalente wie Garrincha, Didi, Nilton Santos, Zagallo, Jairzinho, Paulo César Caju, Amarildo und viele andere herausbrachten.

Botafogo erlebte seine erfolgreichste Zeit in den 1960er Jahren. Eine Zeit, die lange vergessen schien. Denn das 21. Jahrhundert brachte den Fans des Traditionsklubs deutlich mehr Leid als Freude. Die Alvinegro stiegen dreimal in die zweite Liga ab, zuletzt im Jahr 2020. Es ist bereits fast drei Jahrzehnte her, dass die Mannschaft einen großen Titel gewonnen hat. Das Schlimmste scheint nach aktuellem Stand vorbei zu sein, das "neue" Botafogo könnte schon bald wieder ein Protagonist und nicht mehr nur ein Statist sein.

Die Fans von Botafogo im Nilton-Santos-Stadion
Die Fans von Botafogo im Nilton-Santos-StadionVítor Silva/Botafogo

Was der Verein jedoch vor der Ankunft von SAF erlebte, war eine institutionelle Krise, die zum Bankrott hätte führen können - oder sogar müssen?

Die Rettung durch die FAS

Am 6. August 2021 verabschiedete der brasilianische Kongress das Gesetz 14.193/2021 und ermutigte die Fußballvereine, vom Status einer zivilen gemeinnützigen Vereinigung zu einem Modell zu migrieren, das auf fußballspezifischen Regeln für die Unternehmensführung, Kontrolle und Finanzierung basiert. Das SAF-Gesetz, die Sociedades Anônimas des brasilianischen Fußballs, war geboren.

Diese Art der Unternehmensführung war im europäischen Fußball und anderswo auf dem Planeten bereits weit verbreitet. Den Gesetzen fehlte es in Brasilien allerdings noch an Kontrollbestimmungen und einer eingehenderen Behandlung der Frage der Verschuldung der Vereine.

John Textor beschloss, in den brasilianischen Fußball zu investieren.
John Textor beschloss, in den brasilianischen Fußball zu investieren.Jorge Rodrigues/AGIF/AGIF via AFP

Dies ist der Ausgangspunkt, der es einigen der besten Fußballmannschaften des Landes ermöglicht hat, wieder auf die Beine zu kommen und dabei zu verhindern, dass sich ihre rechtlichen und vor allem finanziellen Probleme noch verschlimmern. Botafogo war einer der ersten brasilianischen Vereine, der sich für das SAF-Modell entschied und seine fußballbezogenen Vermögenswerte auf ein Unternehmen übertrug. In diesem Fall war es die Eagle Football Holdings, die sich im Besitz von John Textor befindet .

John Textor: Eine riskante Wette 

Der Geschäftsmann stieg bei Botafogo ein, als sich der Verein im Jahr 2021 im Tabellenmittelfeld der Serie B Brasileirao (2. Liga) befand. Eine Investition von 400 Millionen Reais, umgerechnet fast 66 Millionen Euro, kosteten ihn 90% der Anteile an SAF alvinegra.

Textor kam nicht als einfacher Abenteurer in der Welt des Fußballs nach Rio de Janeiro. Vor seinem Einstieg in Brasilien hatte er bereits kurz davor gestanden, 25% der Aktien von Benfica Lissabon zu erwerben. Die Verhandlungen mit dem portugiesischen Verein blieben jedoch erfolglos. 2021 kaufte er außerdem 18% von Crystal Palace in der Premier League und investierte dafür 87,5 Millionen Pfund (umgerechnet knapp 105 Millionen Euro).

John Textor und Botafogo: eine erfolgreiche Partnerschaft.
John Textor und Botafogo: eine erfolgreiche Partnerschaft.Thiago Ribeiro/AGIF/AGIF via AFP

Im selben Jahr erwarb er Molenbeek in der zweiten belgischen Liga. Seine Holdinggesellschaft ist derzeit darüber hinaus Eigentümer von Lyon. Auch an einem Investment beim FC Everton war der US-Amerikaner interessiert.

Botafogo ist in seinem derzeitigen Zustand eine riskantes Geschäft, vor allem wegen des miserablen Zustands seiner Finanzen und des Verfalls der Vermögenswerte des Vereins. Textor hingegen sieht darin eine Chance. Dabei wird er insbesondere von der brasilianischen Gesetzgebung unterstützt. Denn Schulden, die von dem Verein vor der Übernahme aufgenommen wurden, werden nicht auf die neu gegründete SAF übertragen.

Bira, das Maskottchen von Botafogo, erhielt im Nilton Santos Stadion eine Statue.
Bira, das Maskottchen von Botafogo, erhielt im Nilton Santos Stadion eine Statue.Vítor Silva/Botafogo

Nach dem derzeitigen Modell tragen die Einsteiger-Unternehmen stattdessen zur Begleichung dieser Verbindlichkeiten bei, indem sie entweder 20% ihrer monatlichen Einnahmen abgeben oder eine gerichtliche Beitreibung beantragen, die es ihnen ermöglicht, die zivilrechtlichen und geschäftlichen Verbindlichkeiten neu zu verhandeln, indem sie Erlasse, Streichungen und Zahlungen innerhalb neuer Fristen festlegen.

Von der Serie B ins oberste Regal

Die Entwicklung von Botafogo unter Textor im sportlichen Sinne zeigt dagegen steil nach oben. Noch im Jahr 2021 stieg der Verein in die Eliteklasse des brasilianischen Fußballs auf. Im Jahr darauf belegte er den zehnten Platz und sicherte sich einen Platz in der Copa Sudamericana, dem zweitwichtigsten Vereinsturnier des Kontinents.

In der Copa Sudamericana erreichte man im Folgejahr immerhin das Viertelfinale, in der brasilianischen Meisterschaft legte man zudem einen fulminanten Saisonstart hin und schien mit zwischenzeitlich 13 Punkten Vorsprung auf Platz zwei auf bestem Wege, den historischen ersten Ligatitel seit 1995 zu gewinnen.

Doch die Fans von Botafogo, die in den vergangen Jahrzehnten das Leiden wahrlich erlernten, mussten ungläubig mit ansehen, wie ihre Mannschaft nach der Trennung des Coaches Luis Castro nach dem 12. Spieltag zusammenbrach. Der "Brasileirão" entglitt den Händen der Mannschaft und fiel am Ende in die Hände von Palmeiras, dem Rekordchampion.

Training von Botafogo im Nilton Santos Stadion
Training von Botafogo im Nilton Santos StadionVítor Silva/Botafogo

Doch trotz des Herzschmerzes in der abgelaufenen Meisterschaft ist klar: Botafogo hat sich gewandelt. Mit einem großen Investitionspotenzial versprach John Textor den brasilianischen Fußball im Sturm zu erobern. Qualifiziert für die Copa Libertadores 2024, hielt der Geschäftsmann sein Versprechen, und verstärkte den Kader für insgesamt 347,35 Millionen Reais (circa 57 Millionen Euro). Unter anderem kam Weltmeister Thiago Almada für die brasilianische Rekordablösesumme von 19,5 Millionen Euro.

Almada, der mit Argentinien die Weltmeisterschaft gewann, ist der teuerste Neuzugang in der Geschichte des brasilianischen Fußballs.
Almada, der mit Argentinien die Weltmeisterschaft gewann, ist der teuerste Neuzugang in der Geschichte des brasilianischen Fußballs.Vítor Silva/Botafogo

Große Ziele vor Augen

Feststimmung herrscht beim Klub aus Rio de Janeiro dennoch nicht vollends. Die Schulden in Höhe von einer Milliarde US-Dollar bleiben weiterhin bestehen. Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, damit der Verein seine Bilanz ausgleichen kann. Aktuell steht jedoch der sportliche Erfolg im Vordergrund. Das Ziel für 2024 ist es, Meister zu werden. 

Botafogo möchte in diesem Jahr die Meisterschaft gewinnen
Botafogo möchte in diesem Jahr die Meisterschaft gewinnenBotafogo/Divulgação

Unter dem portugiesischen Trainer Artur Jorge scheint dies nicht unrealistisch zu sein. In der brasilianischen Liga führt das Team die Liga nach 27 absolvierte Partien mit drei Punkten Vorsprung auf Palmeiras an. Außerdem hat man in der laufenden Spielzeit erstmals seit 51 Jahren das Halbfinale der Libertadores erreicht. Botafogo sorgt wieder für positive Schlagzeilen - es ist eine Geschichte, die es definitiv verdient, genau verfolgt zu werden.