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Sportlicher Erfolg durch Technik - Der FC Brentford und die etwas andere Klubführung

Henri Briese
In weniger als 10 Jahren wurde der FC Brentford aus der Versenkung geholt und zu einem Premier League Klub umstrukturiert.
In weniger als 10 Jahren wurde der FC Brentford aus der Versenkung geholt und zu einem Premier League Klub umstrukturiert.Profimedia
Das Hollywood-Drama „Moneyball“ rund um die Oakland A’s und ihren Manager Billy Bean, der versucht aus einem Trümmerhaufen wieder ein wettbewerbsfähiges Team zu machen, haben bereits einige gesehen. Vielleicht hat dabei die ein oder andere Person auch überlegt, wie dies bei anderen Sportarten aussehen würde – vielleicht dem beliebtesten Sport der Welt, dem Fußball.

Genau dies ermöglichte Matthew Benham vor einigen Jahren mit seinem Einstieg beim FC Brentford – weg von der menschlichen Komponente und ran an die Computer-Analyse. Der 55-Jährige, der sein Geld durch das professionelle Sportwetten verdient hat, wollte bei seinem Herzensverein den nächsten Schritt gehen, ein Experiment, das den Fußball nachhaltig verändern könnte. 

Benhams Reichtum durch Sportwetten

Er hatte im Gegensatz zu einem Großteil der sportbegeisterten, britischen Bevölkerung eher einen Faible für Zahlen anstatt das Sportwetten, sah jedoch in diesem Markt eine große Chance. Er entdeckte, dass sich die Spiele in der Masse berechnen ließen und konnte sich so mit seiner eigenen Firma selbstständig machen. Mit „SmartOdds“ analysierte er dann im großen Stil die Wettmärkte und ließ seine Mitarbeiter beträchtliche Summen durch das „berechnete Wetten“ umsetzen. Mit diesem Geschäft, in dessen Prognosen sogenannte „Dangerzones“ und weitere, nicht genannte, Techniken einflossen, erwirtschaftete Benham ein Vermögen.

Matthew Benham voller Ekstase nach dem Aufstieg.
Matthew Benham voller Ekstase nach dem Aufstieg.Profimedia

Der Zahlen-Fanatiker hatte jedoch nicht genug davon. Seine alte liebe Brentford, für die er damals mit Freunden bereits aus der Schüle ausgebüxt ist, um dem Herzensverein beim Spielen zuzuschauen, war weit unten im englischen Fußball. Dabei kam dem Briten der Gedanke, ob es nicht möglich wäre, mit seinen Analysen auch auf dem Platz für frischen Wind zu sorgen. Ähnlich, wie es in den USA beim Baseball anhand des Beispiels von Oakland durchgeführt wurde, wollte er anhand von Mathematik und Technik seinen Lieblingsclub zu neuem Glanz führen.

Der sportliche Aufstieg nach dem Benham-Einstieg

Nachdem der Sympathisant bereits 2006 seine finanzielle Unterstützung zeigte, indem er dem Verein einen Kredit gewährte, stieg er 2012 als Miteigentümer beim Klub aus Westlondon ein. Bereits zwei Jahre später konnte Brentford den Aufstieg in die 2. Liga, der Championship feiern. Nachdem sie dort in ihrer Premieren-Saison bereits die Play-Offs erreichten, konnte der Lauf nicht fortgesetzt werden. Die „Bees“ scheiterten in der Post-Season und benötigten einige Anläufe, bis in der Saison 2020/2021 endlich der heißersehnte Aufstieg gelang. Seit dem zweiten Weltkrieg spielte Brentford nicht mehr in der höchsten englischen Spielklasse, ein riesiger Erfolg und großes Lob seitens der Fans an Matthew Benham.

Im Gegensatz zu anderen Geldgebern, ist Matthew Benham vollen Herzens dabei.
Im Gegensatz zu anderen Geldgebern, ist Matthew Benham vollen Herzens dabei.Profimedia

Bis zu diesem Zeitpunkt blieb er dem Statement treu, dass er nach Einstieg in den Verein gegenüber der Aktionärsversammlung aussprach: "Als Mehrheitsaktionär ist es meine Aufgabe, die bestmögliche Entscheidung im Interesse des Brentford Football Club zu treffen.“  Aber wer nun glauben mag, dass jemand mit so einem beträchtlichen Vermögen in diesen Verein nun wahllos Geld reingepumpt hat, um diesen Erfolg zu „kaufen“, liegt definitiv falsch.

Daten als Rezept für den Erfolg

Genau, wie es sich der ehemalige Physiker gedacht hat, wollte er bei Brentford seine Erfahrung im analytischen Bereich nutzen, um den Verein sportlich nach vorne zu bringen. Der 55-Jährige integrierte Teile seines SmartOdds Team im Verein, stellte Kräfte ein, die ausschließlich für diesen zuständig sein sollten und ging damit in die „Daten-Offensive“. Dadurch wurde nun nichts mehr dem Zufall überlassen.

Thomas Frank soll in der Saison 2023/24 für den sportlichen Erfolg sorgen.
Thomas Frank soll in der Saison 2023/24 für den sportlichen Erfolg sorgen.Profimedia

„Ich vertraue nur den Zahlen, den diese lügen nicht“ sagte er bezüglich seiner neuen Herangehensweise beim Verein. Nichts wurde mehr dem Zufall überlassen, jede Investition in der Infrastruktur bis hin zum Elfmeterschützen auf dem Platz – die Statistik war Grundlage des kompletten Handelns. Damit wollte er jegliche Entscheidungen, die nur aus menschlicher Emotion heraus getroffen werden rausnehmen, wodurch er nachweislich die Chaos-Variable reduzieren konnte und noch näher an einem berechnenden Weg für die Führung des Vereins war.

Verpflichtungen auf Basis von KPIs

Die genauen Faktoren, welche genutzt wurden und auch heute noch werden sind leider ein Vereinsgeheimnis. Jedoch ist klar, dass Matthew Benham in Kooperation mit seinem dänischen Partner Rasmus Ankersen KPIs (Key-Perfomance-Indicator) nutzt, um die Fähigkeiten eines Spielers im Scouting einzuordnen. Dies soll dafür sorgen, dass beim Überschreiten solcher Faktoren, ein möglicher Neuzugang für den Verein generiert werden kann, der diesem sofort weiterhilft – natürlich komplett auf statistischer Basis.

Am Ende würde jedoch natürlich trotzdem ein Gespräch mit der potenziellen Verstärkung stattfinden, beweist dieser in Persona, dass er menschlich nicht ins Teamgefüge passt, kommt kein Transfer zustande.

Wenn jedoch ein neuer Akteur den Weg zum FC Brentford fand, arbeiteten diese direkt mit technischen Spezialisten zusammen. Die bereits von SmartOdds bekannten „Dangerzones“, sowie die „wichtigen Pässe“ sind dabei genannte Faktoren die gemessen werden. Erstere handelt davon, wo ein Gegner mit welcher Wahrscheinlichkeit Tore kassiert und ob dieser Wert durch den Spieler überschritten wurde.

Bei den wichtigen Pässen geht es um Abspiele nach denen ein Tor entstanden ist. Eine ähnliche Zahl wird auch für Zweikämpfe gewertet, welche dazu führten, dass gefährliche Situationen oder Tore verhindert werden konnten. Benham schoss im Zuge dessen auch gegen die Statistiken, welche man aus dem Fernsehen kennt. „Vollständige Pässe“ oder „zurückgelegte Kilometer“ seien komplett wertlos, da ein Spieler in diesen Werten gut sein konnte, obwohl er eine schlechte Performance geliefert hatte.

Sportlicher und finanzieller Erfolg

Neal Maupay, Ollie Watkins, Said Benrahma, Bryan Mbeumo oder auch Ivan Toney. All diese Spieler wurden für kleine Summen zu den Bees gebracht und sind Puzzlestücke für den sportlichen Erfolg. Dass die Neuverpflichtungen immer einen großen statistischen Einfluss hatten, zeigt ein Blick auf die Statistik. Die Top 3 Spieler in der abschließenden Torschützentabelle konnten anwachsend großen Erfolg auf dem Platz generieren – 2019/2020 kam es hier zu dem Höchstwert, bei dem 71,3 % aller Tore durch die Top-Akteure erzielt wurden.

Ollie Watkins gehört zu den Spielern, die durch KPIs entdeckt wurden.
Ollie Watkins gehört zu den Spielern, die durch KPIs entdeckt wurden.Profimedia

Auf finanzieller Sicht konnte hier durch den Blick auf Zahlen anstatt auf Namen ebenso ein riesiger Erfolg vermeldet werden. Seit dem Aufstieg in die Championship 2014/2015 erwirtschaftete der Verein ein Plus von 115,79 Mio. Euro. Ein untypischer Wert für den englischen Fußball, bei dem im Vergleich ein FC Chelsea im selben Zeitraum auf ein Minus von 207,37 Mio. Euro kommt.

Dass sich Matthew Benham nicht gerne mit der Geschichte der Oakland A’s im Baseball vergleichen lässt ist verständlich, denn er hat das System aus den USA nicht übernommen, sondern ein noch besseres kreiert. Mit seinem Einstieg beim FC Brentford hat er den Fußball revolutioniert und den Startschuss für ein neues Zeitalter der Daternanalyse im Sport eingeläutet – es wird spannend, wohin es die Bees in Zukunft noch führen wird.