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EXKLUSIV: "Großer Traum Fußballprofi" - Hürzeler über England und den Weg zur Spitze

Hürzeler wurde im August in der Premier League als Trainer des Monats ausgezeichnet.
Hürzeler wurde im August in der Premier League als Trainer des Monats ausgezeichnet.Simon Dack/Shutterstock Editorial/Profimedia
Nach Stationen bei der U20- Nationalmannschaft und dem 1. FC St. Pauli erobert der deutsche Erfolgscoach Fabian Hürzeler die Premier League im Sturm. Im exklusiven Interview mit Flashscore-Experte Jan Moravek spricht der 31-Jährige über seine Anfänge als Trainer, den Wechsel zu Brighton & Hove Albion, sowie über sein neues Leben in England.

Moravek: Hallo Fabian! Ich habe mir deine Stationen als Trainer angeschaut und einen Riesen-Respekt davor. Dabei ist mir deine Zeit beim FC Pipinsried ins Auge gesprungen. Stimmt es, dass du mit 24 Jahren bereits Spielertrainer geworden bist?

Hürzeler: Ich glaube, das war sogar noch jünger. Ich war, glaube ich 22 oder 23 Jahre alt, als ich Spielertrainer geworden bin. Es war immer mein großer Traum Fußballprofi zu sein. Ich habe viele Opfer in meiner Jugend gebracht. Ich war sehr wenig draußen, war sehr wenig feiern. 

Aber ich hatte jetzt nicht das größte Talent und musste mir entsprechend alles erarbeiten. Als ich dann 19 oder 20 Jahre alt war, haben mich die anderen Jungs eher überholt.

So habe ich es nicht geschafft und war relativ früh einfach ehrlich zu mir. Ich habe mir eingestanden, dass es nicht für ganz oben reicht. Aufgrund dessen, dass Fußball einfach meine Leidenschaft ist, und Fußball das ist, was ich am besten kann und das, was ich mein Leben lang machen will, habe ich mich entschieden mich weiter mit dem Fußball zu beschäftigen.

Ziemlich aus dem Nichts habe ich dann das Angebot bekommen, Spieler-Trainer zu werden. Dadurch habe ich gewisse Dinge verstanden, Dinge selbst ausgetestet, viele Fehler gemacht und aus vielen Fehler gelernt. Ich habe viele Erfahrungen gesammelt und auch viele Hospitationen gemacht. Und habe mir so dann meine eigene Idee zusammengebastelt.

Match-Center: Chelsea vs. Brighton

Brighton-Wechsel: "Suche gerne neue Herausforderungen"

Super Story! Und dann dieser Weg vom FC Pipinsried zur Nationalmannschaft. Das war schon ein riesiger Schritt, oder? Also direkt als Co-Trainer der U20. 

Genau, ich war dann bei Pipinsried Trainer und dann wurde die Nationalmannschaft auf mich aufmerksam. Du musst gewisse Trainerscheine absolvieren und ich habe meine Trainerscheine sehr gut absolviert, also ich hatte sehr gute Noten. Die Ausbilder hatten immer einen guten Draht zum DFB und so habe ich das Angebot bekommen, nebenbei zu meinem Job in Pipinsried beim DFB arbeiten zu dürfen. 

Bei Pipinsried hattest du dann eher dieses Familiäre im Amateurfußball und beim DFB hattest du diese sehr professionellen Strukturen und durftest mit den besten Spielern des Jahrgangs arbeiten. So konnte ich die unterschiedlichsten Bereiche des Fußballs kennenlernen. 

Sehr schön. Wir müssen deine Zeit bei St. Pauli überspringen und gehen zu Brighton & Hove Albion übergehen. Als der erste Kontakt zustandekam: Was waren deine Gefühle, was hast du gedacht?

Ich bin so ein Bauch-Mensch. Und bei mir muss immer das Gefühl im Bauch stimmen. Als Brighton angerufen hatte, hat mein Bauch relativ schnell gesagt: Mach das! Aber natürlich, wenn du dann die rationalen Argumente abwägst, wäre es vielleicht eine 50:50 Entscheidung gewesen, ob du bei St. Pauli verbleibst oder zu Brighton wechselst.

Aber für mich ist immer dieses Bauchgefühl sehr wichtig und aufgrund dessen habe ich mich dann sehr schnell entschieden, diesen Schritt zu gehen.

Auf der einen Seite war ich überzeugt, dass ich das gemeinsam mit meinem Team schaffen kann. Ich bin jemand, der nicht gerne in seiner Komfortzone bleibt, sondern der gerne neuen Herausforderungen sucht und diese dann auch gerne angeht. Sei es eine neue Kultur, eine andere Sprache oder einfach ein anderes Land. Das ist meine Einstellung zum Leben: Immer dazuzulernen und neue Herausforderungen anzugehen. 

Wie war das beim Wechsel zu Brighton mit deinem Trainerteam? Konntest du von Anfang an sagen: Ich nehme etwa sechs Leute mit? Oder hat Brighton, das limitiert? 

Ich bin jemand der sich denkt: Ich bin zu Gast in einem anderen Land. Natürlich brauchst du Vertrauenspersonen an deiner Seite, aber ich will den Menschen vor Ort eine Chance geben. Die sind aus einem Grund da und alles Experten. Sie kennen sich untereinander gut, kennen die Abläufe. Für mich ist die Umgebung und die Atmosphäre auf dem Trainingsgelände sehr wichtig. Denn ich denke, dass sie großen Einfluss auf den Erfolg hat.

Dementsprechend war es mir von Anfang an klar, dass ich keine sechs, sieben, acht Leute mitnehmen werde, sondern ich habe es sehr klein gehalten und habe drei Leute mitgenommen. Einfach aus dem Grund, dass ich den Menschen, die dort vorher schon im Verein gearbeitet hatten, vertraut habe und bereits vorher gute Gespräche mit ihnen hatte.

Das gab mir das Gefühl, dass wir gut zusammenarbeiten können. Ich bin auch gar nicht der Trainer der acht, neun, zehn Leute um mich herum braucht. 

Das besondere Konzept von Brighton und der Transferwahnsinn in England

Jetzt muss ich dich natürlich über das Transferfenster fragen. Denn die Summer über 230 Millionen Euro ist natürlich Wahnsinn. Wie ist das denn für dich gelaufen? Kam der Besitzer auf dich zu und sagte: Hier hast du 250 Millionen und du kannst damit machen, was du willst. Wie war das für dich, denn ich weiß St. Pauli hat jetzt im Sommer zum Beispiel "nur" 1,5 Millionen Euro ausgegeben. Was ist das für ein Gefühl Möglichkeiten in solchen Sphären zu haben?

Sie haben ein ganz besonderes Scouting hier in Brighton. Der Besitzer, Tony Bloom scoutet nur anhand von Daten. Mittlerweile ist es tatsächlich so, dass die Preise, die wir in der Premier League ausgeben Normalzustand geworden sind. Also 30-40 Millionen für einen Spieler sind hier ein normaler Preis, den du für einen guten Spieler zahlen musst.  

Trotzdem war uns wichtig, dass wir uns punktuell verstärken. Aber auch der Mannschaft, die wir zuvor schon hatten Vertrauen zu schenken. Besitzer Tony Bloom wollte sich aber schon punktuell verstärken.

Dann scoutet er anhand von Daten und einem gewissen Algorithmus nach den Spielern, die er sucht. Dann werden wir immer ein Zoom-Call oder Treffen mit dem Spieler, der auf die gesuchten Daten aufweist, organisieren. Wir wollen seinen Charakter kennenlernen, denn er muss nicht nur fußballerisch in die Mannschaft passen, sondern auch menschlich. Und dann hat der Besitzer natürlich auch sportliche Ambitionen und will mit der Mannschaft etwas erreichen. Dementsprechend hat er investiert, auch um ein Zeichen zu setzen, dass er mit Brighton etwas erreichen will.

Jetzt muss man das Ganze aber auch richtig einordnen können. Man muss sehen, dass es alles sehr junge Spieler waren, die aus einer anderen Liga kamen. Die Premier League ist die beste Liga der Welt und die Spieler brauchen Zeit. Zeit, um sich zu adaptieren und die Liga kennenzulernen. Es wird noch eine Weile dauern, bis die Spieler dann ihr ganzes Potenzial auf den Platz bringen können. Da müssen wir sie langsam heranführen, aber ich bin froh, dass der Besitzer diese Transfers getätigt hat.

Natürlich sind diese Summen auch für mich surreal. Im Vergleich zu St. Pauli ist das etwas komplett anderes gewesen. Doch ich bin niemand, der sich dahinter versteckt oder mir künstlich jetzt noch Druck mache, weil wir so viel ausgegeben haben. Ich bin jemand, der auch Ambitionen hat und der sich wahrscheinlich selbst den größten Druck macht. Deshalb machen mir diese Summen nicht noch zusätzlichen Druck. 

Premier League Tabelle nach fünf Spieltagen
Premier League Tabelle nach fünf SpieltagenFlashscore

Anspruch jeden Spieler besser zu machen und von Erfahrung zu lernen

Jetzt zu deinen Superstars: Mitoma, Joao Pedro oder auch Ferguson. Nur diese drei zusammen besitzen schon einen größeren Marktwert als St. Pauli. Wie siehst du die drei? Ist es auch deine Ambition, ihnen zu helfen den nächsten Schritt zu einem absoluten Top-Klub zu gehen?

Einhundert Prozent. Es ist immer mein Anspruch jeden Spieler versuchen besser zu machen. Denn ich glaube, wenn einzelne Spieler besser werden, dann profitiert die ganze Mannschaft davon. Dementsprechend ist es egal, ob mein Spieler jung oder alt ist, ob er erfahren oder unerfahren ist, ob er neu oder schon länger da ist. Mein Anspruch: gemeinsam mit meinem Trainerteam jeden Spieler versuchen besser zu machen. Das versuche ich jeden Tag.

Hast du vielleicht ein oder zwei Namen für mich, die dich überrascht haben? Die vielleicht nicht den größten Namen haben, jemand wie ein Jack Hinshelwood. 

Wir haben sehr sehr viele junge gute Spieler. Da ist Hinshelwood aus der eigenen Akademie. Dann gibt es Carlos Baleba, 20 Jahre alt, aus Kameroon. Oder auch Yasin Ayari, den wir letztes Jahr verliehen haben. Der hat mit 20 Jahren eine Einstellung, die ist unfassbar gut. Ein Wille sich jeden Tag weiterzuentwickeln.

Wir haben eine extrem junge Mannschaft. Am Wochenende haben viele 19- oder 20-Jährige gespielt. Wir haben sehr viele junge Spieler, die wir versuchen müssen, besser zu machen und ihnen helfen den nächsten Schritt zu gehen und sich in der Premier League zu etablieren. Dafür steht Brighton & Hove Albion, das versuchen wir Tag für Tag.  

Noch eine Frage zu James Milner: Wie wichtig ist er für dich? Ich weiß, dass er jetzt angeschlagen ist. Aber generell: wie oft suchst du das Gespräch mit ihm?

Also ich bin jemand, der sehr gerne mit den Spielern spricht, vor allem mit den Leadern. Und James Milner ist einer meiner Leader, wie auch Lewis Dunk. Ich versuche viel mit ihnen zu sprechen, um auch viel von ihrer Erfahrung zu nutzen. Weil ich bin niemand, der sagt, dass ich perfekt bin und über alles Bescheid weiß.

Es gibt Spieler hier im Verein, das kann ich auch gut einschätzen, die deutlich mehr in ihrer Karriere erreicht haben als ich und die mir auch helfen können, mit ihrer Erfahrung. Dort möchte ich sie auch einbinden und auch nutzen. Ich möchte ein offenes und transparentes Verhältnis mit ihnen haben, um bestimmte Dinge auch ansprechen zu können mit ihnen. Da sind sie für mich extrem wichtig, nicht nur auf dem Platz, sondern auch daneben.

Jedes Spiel in der Premier League ist eine Herausforderung

Ich habe mir euren Spielplan ein wenig angeschaut. Die nächsten Spiele werden hart. Aber da ist wahrscheinlich auch viel Vorfreude dabei, oder? Chelsea, Tottenham, Newcastle, dann kommen Liverpool und City. Einfach geil, oder? 

Jedes Spiel in der Premier League ist herausfordernd. Es sind immer unterschiedliche Herausforderungen. Natürlich sind da extrem viele große Namen dabei. Ich glaube aber, dass wir uns vor keinem der großen Namen verstecken müssen. Wir haben natürlich Respekt vor jedem Gegner, aber ich glaube, dass wir das Potenzial haben auch solche Gegner schlagen zu können. Das müssen wir im Training gut vorbereiten. Da müssen wir immer ans Leistungslimit kommen. Das werden wir auch in diesen Spielen versuchen. 

Vielen Dank für deine Zeit. Alles Gute!