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FlashFocus: Girondins Bordeaux - Traditionsverein auf direktem Weg in die Versenkung

Girondins Bordeaux-Präsident Gerard Lopez auf einer Pressekonferenz.
Girondins Bordeaux-Präsident Gerard Lopez auf einer Pressekonferenz.Thibaud Moritz / AFP
Girondins Bordeaux ist eine jahrhundertealte Institution des französischen Fußballs, doch seit dem Verkauf durch das Medienunternehmen M6 im Jahr 2018 ist der Klub im freien Fall. Auch die Ankunft von Eigentümer Gérard Lopez im Jahr 2021 stellte sich letztlich als weiterer Sargnagel heraus. Nun, ganz unten angekommen, braucht es nicht weniger als eine Wiederauferstehung.

Oft weiß man erst dann etwas wirklich zu schätzen, wenn man es nicht mehr hat. So geht es den Fans von Girondins Bordeaux, die jahrelang über unattraktiven Fußball klagten und sich nach den alten Zeiten zurücksehnten. Immerhin sechsmal wurde der 1920 gegründete Traditionsklub französischer Meister, das letzte Mal 2009. Die Teilnahme am europäischen Geschäft war jede Saison das Mindestziel, das Verpassen derselben eine kleine Krise.

Wie sehr man sich diese "Krisen" in Form der oberen Tabellenhälfte der Ligue 1 nun zurückwünschen würde, steht jedem Fan ins Gesicht geschrieben, der sich in den letzten Wochen zu den Spielen des Giganten aus Frankreichs Südwesten im Championnat de France Amateur, der vierten Liga, gequält hat. 

Seit dem Einstieg von Gerard Lopez 2021 fiel der FCGV in weniger als drei Jahren von der Ligue 1 in die Tiefen der National 2. Der 1934 erworbene Profi-Status? Weggeflogen. Die Frauenabteilung, die bis vor kurzem noch um die Qualifikation für die Champions League gekämpft hatte? Wurde nach dem Abstieg am Ende der letzten Saison in die Regionale 1 (4. Liga) geschickt. Das Ausbildungszentrum? Ist verschwunden. Die B-Mannschaft in der fünften Liga wurde durch die eigentlich zurückgetretenen Ex-Profis Rio Mavuba und Paul Baysse verstärkt, um überhaupt elf Spieler zusammenzukriegen.

Aber wie konnte der Klub mit dem Skapulier, einer der angesehensten und beliebtesten Vereine des Landes, in kurzer Zeit so tief fallen?

Totengräber Gerard Lopez?

Der Name Gerard Lopez ist darauf nicht die einzige Antwort, aber doch ein bedeutender Teil davon. Der Unternehmer, der sein Geld mit mal mehr, mal weniger seriösen Geschäften verdient hat, hatte nach seinem Engagement beim Formel 1-Rennstall Renault Ende der 2000er-Jahre und dem glücklosen Investment in Ligue 1-Rivale OSC Lille 2017 Lust auf weiteren Spitzensport. 2021, mitten in der Corona-Krise, übernimmt er die Girondins und der sportliche Niedergang nimmt so richtig Fahrt auf.

Die Mannschaft steigt 2022 in die Ligue 2 ab. Am letzten Spieltag der Saison 2022/2023 ist der Wiederaufstieg noch möglich, doch nach dem Führungstreffer von Gegner Rodez stürmt ein Bordeaux-Fan auf das Spielfeld und schubst den Torschützen Lucas Buades um. Schiedsrichter Nicolas Rainville bricht das Spiel ab, Girondins verliert die Partie und damit den Aufstieg am grünen Tisch.

Die Saison danach würde man im Poker als All-In bezeichnen. Entweder Bordeaux steigt 2024 wieder in die Ligue 1 auf oder es geht unter. Das Problem: Lopez und der Verein hatten kein Paar Asse auf der Hand, sondern eher eine 2 und eine 7. Und mit Bluffen kommt er nun nicht mehr weiter. Platz 13 in der Ligue 2 bedeutet nicht nur das meilenweite Verpassen des Aufstiegs, sondern wegen akuter Insolvenz auch den direkten Gang in Liga vier.

Dort angekommen ist der Hispano-Luxemburger Lopez immer noch da. Immer noch davon überzeugt, dass er alles regeln und die Girondins wieder an die Spitze führen wird - wie ein Spieler im Casino, der davon überzeugt ist, dass er sein Geld zurückbekommt. 

Andy Carroll als Hoffnungsträger

Einfach wird das nicht. Ein Beispiel: Der sportlich gelungene Einzug in die nächste Runde der Coupe de France könnte zurückgenommen werden, weil der neue Trainer Bruno Irles einen Torwart als Feldspieler einwechselte und das nach den Vorschriften des französischen Verbands verboten ist.

Immerhin ein bisschen Glanz haben sie im Sommer zurück in die Weinstadt holen können: Die Ankunft vom ehemaligen englischen Nationalstürmer Andy Carroll sorgte für Aufsehen und wurde in der französischen Öffentlichkeit größtenteils belächelt, doch der Sturmtank erzielte zuletzt einen Doppelpack gegen Chateaubriant. Trotzdem dümpelt Girondins nach fünf Spielen mit nur einem Sieg auf dem vorletzten Ligaplatz herum und hat noch viel Arbeit vor sich.

Das gilt sportlich genauso wie administrativ. Am 29. Oktober hat der Verein einen Termin vor dem Handelsgericht und es steht viel auf dem Spiel, da im schlimmsten Fall eine sofortige, einfache und endgültige Liquidation beschlossen werden könnte: "Wir müssen zwischen 2 und 3 Mio. € wieder in den Verein einbringen, um den Sozialplan zu finanzieren", ließ Eigentümer Lopez wissen. Mit "wir" meint er sich, denn jemand anderes bleibt den Bordelais nicht mehr übrig. 

Mit anderen Worten: Gérard Lopez oder der endgültige Untergang des Vereins.