Stars am Limit: Hohe Belastung bei "verrückten Zeitplänen"
Terminhatz ohne Zwischenstopp
Kurz vor der Krönung konnte auch der schier unermüdliche Rodri nicht mehr. Wochenlang war der spanische Mittelfeldregisseur den Bällen hintergejagt, hatte eine junge spanische Mannschaft in schwierigen Momenten auf den Schultern getragen - doch ausgerechnet im Finale gegen England war schon in der Halbzeit Schluss. Ob verletzt oder erschöpft, war in dem Moment egal, Rodri musste raus. Im Nachhinein dürfte das nicht wirklich überraschen.
Sein Beispiel zeigt, wie sehr einige Topspieler schon jetzt, so kurz vor dem Start der neuen Saison, auf dem Zahnfleisch gehen. Schließlich schien der 28-Jährige, der nach Spaniens Triumph zum Spieler des Turniers gewählt wurde, schon vor geraumer Zeit sein Limit erreicht zu haben. Sein Pensum, klagte Rodri vor einigen Monaten, sei auf Dauer jedenfalls "nicht gesund". Nach dem 3:3 im Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid Anfang April betonte der Immerspieler von Pep Guardiola, er brauche "eine Pause".
16 Partien hat Rodri seitdem noch bestritten, insgesamt kommt er im vergangenen Jahr auf 63 Spiele - immer stand er in der Startelf. Und es ist kein Ende in Sicht, die EM war nur ein Zwischenstopp auf einer beispiellosen Terminhatz.
"Ich glaube, wir haben in den letzten Wochen viel geopfert", klagte deshalb auch Jude Bellingham nach dem verlorenen Finale. Es sei, ergänzte der Profi von Real Madrid, "heutzutage so schwierig", sich angesichts der "verrückten Zeitpläne" noch einmal für ein Turnier zu sammeln: "Das ist schwierig für den Körper, geistig und körperlich, man ist erschöpft."
Erste Pause wohl erst wieder Mitte 2027
Besonders gefragte Spieler wie Englands Antreiber Bellingham oder Spaniens Sechser Rodri dürften erst Mitte 2027 mal wieder mehr als zwei Wochen freihaben. Drei Jahre Fußball ohne Pause. Vor allem dank Klub-WM 2025 und Mega-WM 2026. Dazwischen: Jede Menge Vereinsfußball, ein aufgeblähter Europapokal-Wettbewerb, Nations League, WM-Quali. Das volle Programm.
Da verwundert es kaum noch, dass Jürgen Klopp seit Jahren vor den Folgen des stetig wachsenden Terminkalenders warnt. Kurz vor der EM hatte auch Ronald Koeman die Verbände attackiert. "Sie killen die Spieler", hatte der niederländische Nationaltrainer der Sport Bild gesagt: "Statt die Belastungen für die Spieler zu reduzieren, wird es immer mehr."
So wird die Champions League von der UEFA zur neuen Saison von 32 auf 36 Klubs aufgestockt, die FIFA feiert im kommenden Sommer die Premiere ihrer neuen Klub-WM mit 32 Mannschaften, ganze 48 gehen ein Jahr darauf bei der neuen, 104 Spiele umfassenden Mammut-WM an den Start. Wegen ihres neuen Klub-Wettbewerbs droht der FIFA mittlerweile sogar juristischer Ärger, Spielergewerkschaften aus Frankreich und England hatten bei einem Handelsgericht in Brüssel rechtliche Schritte eingeleitet.
Doch eine Einsicht der Funktionäre ist kaum zu erwarten. Mittlerweile sind es vielmehr die Betroffenen selbst, die über mögliche Lösungen für das von den Verbänden geschaffene Problem sinnieren. So schlug etwa Spaniens Trainer Luis de la Fuente die Abschaffung der Verlängerung vor, zumindest vor den Halbfinalspielen.
Gerade in England war vor dem Finale über die hohe Belastung der Three Lions diskutiert worden. Sowohl im Achtel- als auch im Viertelfinale hatte sich die Mannschaft von Trainer Gareth Southgate mithilfe der Verlängerung durchs Turnier gequält.
Und ein Ende der Qualen für die Stars ist nicht in Sicht.