Anzeige
Anzeige
Anzeige
Mehr
Anzeige
Anzeige
Anzeige

"Onkel" Müller: Ein Mann mit vielen Qualitäten - und einer offenen Rechnung?

SID
Müller (r.) beim Trainingslager der DFB-Auswahl im thüringischen Blankenhain
Müller (r.) beim Trainingslager der DFB-Auswahl im thüringischen BlankenhainAFP
"Deutschlehrer" Thomas Müller begann seine Unterrichtsstunde mit einem Knalleffekt. Bevor der Münchner über die Grammatikübungen mit seinen jüngeren Nationalmannschaftskollegen in der Heimat der Dichterfürsten Goethe und Schiller berichtete, fiel eine Tür lautstark ins Schloss. Danach lauschten die Zuhörer gebannt den pointierten Ausführungen des verlängerten Arms von Bundestrainer Julian Nagelsmann.

Er ermahne seine Mitspieler aus der Rapper-Fraktion auch mal dazu, "ein 'der, die oder das' in den Satz einzubauen", sagte Müller, und durch das "Klassenzimmer" im Schloss Blankenhain hallte schallendes Gelächter. Müller wollte nicht den Oberlehrer raushängen lassen, doch die Episode zeigte, warum der 34-Jährige das wichtigste Bindeglied in der deutschen Nationalelf vor der Heim-EM ist. "Thomas", betonte Nagelsmann, "ist ein Connector", der die unterschiedlichen Gruppen zusammenbringe: "Der kann mit den Rappern in der Mannschaft, aber auch mit denen, die jodeln."

Der verlängerte Arm bei der EM 2024

Der Bayer kommt naturgemäß "eher von den Jodlern", wie er schmunzelnd meinte. Er sei aber auch immer interessiert daran, "die Rapper kennenzulernen". Er gehe "mit offenem Visier durchs Leben" und habe sich "nie verschlossen", erzählte Müller launig. Genau deswegen braucht ihn Nagelsmann, auch wenn der Offensivspieler den Zenit seines fußballerischen Könnens schon überschritten hat.

"Er wird seine Einsätze kriegen. Das wird nicht immer von Beginn an sein. Das weiß er", erklärte Nagelsmann. Die Rolle habe er mit Müller klar besprochen: "Er ist ein Verbindungsglied, aber ich verlange nicht, dass er Pausenclown ist."

Für gute Stimmung sorgt Müller trotzdem. Beim öffentlichen Training in Jena machte er La Ola mit den Fans, bei der Ankunft stellte er den jungen Aleksandar Pavlovic dem DFB-Medienteam vor. "Ihn wird keiner mehr ändern. Er ist, wie er ist, und das ist auch gut so", sagte Nagelsmann.

Müller: Ein letzter Tanz des "Onkels" mit der Nationalmannschaft?

Doch Müller ist auch noch vom sportlichen Ehrgeiz gepackt. In 15 EM-Spielen hat er schließlich noch nie einen Treffer erzielt. Eine Rechnung habe er deswegen nicht offen, erläuterte Müller, "aber ich würde natürlich gerne mal ein Tor bei einer EM schießen".

Die Zeit drängt. Müller schiebt die Gedanken an seinen Abschied zwar beiseite, doch sein achtes großes Turnier dürfte sein letztes sein. In München endet sein Vertrag im Sommer 2025. Bis dahin will er weiter "Spaß am Spiel" haben, "Lockerheit" reinbringen und den "Extrameter fühlen und gehen". Das alles, referierte er, "versuche ich vorzuleben". Denn: "Ein bisschen was kann er schon noch, der Onkel."

Das will der älteste Feldspieler im DFB-Kader auf der EM-Bühne beweisen, bei seinem ersten großen Heim-Turnier. Das Sommermärchen 2006 erlebte er noch als Fan. Die "intensivste Party" stieg nach dem Elfmeter-Drama im Viertelfinale gegen Argentinien.

Feiern will Müller, der die meisten Länderspiele (128) und Tore (45) absolviert hat, auch nach dem Finale am 14. Juli in Berlin. Bis dahin wolle man "Spiele liefern, in denen es auch den kritischen Geistern leicht fällt, zu applaudieren und zu lächeln", meinte er. Danach war der Unterrichtstag für Lehrer Müller beendet.