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Nicht schön, aber erfolgreich: Englands seltsame Wandlung zur Turniermannschaft

Harry Kane könnte am Sonntag seinen ersten großen Titel als Profi-Fußballer feiern.
Harry Kane könnte am Sonntag seinen ersten großen Titel als Profi-Fußballer feiern.AFP
German Style: England spielt wie Deutschland früher - nicht schön, aber erfolgreich. Machen sich Harry Kane und Co. nun ausgerechnet auch in Deutschland unsterblich?

Alkohol? Darauf pfeift Declan Rice eigentlich. Aber sollte der Mittelfeld-Abräumer mit England tatsächlich Geschichte schreiben, gegen Spanien den EM-Titel holen, noch dazu in Deutschland - dann, ja dann wird er sich sein erstes "richtiges Bier" genehmigen. "Ich werde mir wahrscheinlich die Nase zuhalten müssen", sagte Rice vor dem großen Finale (Sonntag, 21 Uhr/LIVE in der Flashscore Audioreportage): "Ich hasse den Geruch."

Auf der Insel haben sie sich in den vergangenen Wochen vor allem die Nase gerümpft. Scherzkekse behaupten gar, die Vorstellungen der Three Lions seien bisher trotz all der superteuren Stars wie Harry Kane, Jude Bellingham oder Phil Foden ohne Bier gar nicht zu ertragen gewesen.

Aber: Sie stehen im Finale. Und so manch einer in England fühlt sich nun an die alten deutschen Mannschaften erinnert, die dauernd ins Endspiel kamen - und keiner wusste eigentlich warum.

Sie glänzen nicht, sie gewinnen

"Die Leistungen waren schlecht, aber die Ergebnisse waren hervorragend", sagte Ex-Nationalspieler Paul Robinson - England sei plötzlich eine "Turniermannschaft". Das haben "sie gelernt. Und das ist nicht immer schön", sagte Robinson, aber "es geht darum, sich in eine Situation zu bringen, in der man den Wettbewerb gewinnen kann. England kann in einem einmaligen Spiel jeden schlagen."

Kane kann all die Nörgeleien am Stil seines Teams nicht mehr hören. "Das ganze Turnier spricht für sich selbst. Wir tun, was wir tun", sagte Englands Anführer von Bayern München: "Wir kommen bei Turnieren weit und erledigen unsere Arbeit." Und das tun sie so gut und effizient, dass ein Triumph gegen Spaniens Ballzauberer keine Sensation wäre.

Zum Match-Center: Spanien vs. England

"58 years of hurt"

Holt England also ausgerechnet in Deutschland, beim alten Rivalen, den ersten großen Titel seit 58 Jahren - und das auch noch im Old-German-Style? Für ARD-Experte Bastian Schweinsteiger ist das längst nicht ausgeschlossen. "Wenn das bei uns passiert, das kannst du dir dann die nächsten 200 Jahre anhören", sagte der Ex-Weltmeister mit einem Schmunzeln.

Deutschland musste 1982 und 1986 bittere WM-Niederlagen einstecken, um 1990 den Gipfel zu erreichen. Auch England schöpft nun Kraft und einen unbändigen Willen aus der dramatischen Pleite im EM-Finale vor drei Jahren in Wembley. "Zu sehen, wie Italien diese Trophäe in die Höhe stemmt, wird mich für immer verfolgen", sagte Rice, so etwas will er nicht noch einmal erleben. Und Bellingham meinte: "Qualität ist eine Sache". Aber Mentalität und Gier nach Erfolg würden im Schmerz geboren.

Und so ist das Wie am Ende völlig egal - Hauptsache der Titel kehrt heim, die "58 years of hurt", 58 Jahre des Schmerzes, gehen zu Ende. "Ich würde lieber langweiligen Fußball sehen und gewinnen", sagte Stürmer-Legende Gary Lineker im ARD-Interview: "Es ist ein Lebensziel von mir, mal zu sehen, wie England irgendetwas gewinnt."