Kylian Mbappe liegt zu Hause auf seinem Bett, blaue Jeans, grüner Pulli. Den Kopf stützt der Knirps auf den Händen ab, er schaut sich träumend, bewundernd, fast schon liebevoll um. Um ihn herum: Überall Poster von Cristiano Ronaldo. Seinem großen Idol.

Ronaldo sei für ihn eine "Inspiration" gewesen, sagte Mbappe einmal - als Zehnjähriger holte er sich das erste Autogramm. Doch aus dem Jungen, der einst im Pariser Problem-Vorort Bondy die Tormaschine aus Portugal anhimmelte, ist längst selbst ein Superstar geworden, Frankreichs Hoffnung. Nun, mehr als zehn Jahre, nachdem die Fotos in Mbappes Kinderzimmer entstanden sind, kommt es auf der EM-Bühne zum Duell der Generationen.

Viertelfinale, Frankreich gegen Portugal (Freitag, 21 Uhr/LIVE in der Flashscore Audioreportage), Mbappe gegen Ronaldo - für einen der beiden ganz Großen endet der Traum vom Titel in Hamburg.

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Mbappe ist "die Gegenwart und die Zukunft"

Und mittlerweile hat sich die Rollenverteilung zwischen Mbappe und Ronaldo umgedreht. Der Portugiese, bald 40 Jahre alt und mittlerweile in Diensten von Al-Nassr in Saudi-Arabien, hat sich längst als Fan von Mbappe geoutet.

"Er ist die Gegenwart und die Zukunft des Weltfußballs", sagte Ronaldo, der es als erster Profi zu sechs EM-Teilnahmen gebracht hat und mit mittlerweile 29 Einsätzen sowie 14 Toren die Bestenlisten anführt: "Er ist ein fantastischer Spieler, sehr schnell, und ihm gehören die nächsten Jahre."

Klar, wenn Mbappe den Ball hat, halten die französischen Fans den Atem an. Immer kann etwas Spektakuläres entstehen. Aber bisher ist es nicht die EM des Angreifers, der nach dem Turnier zu Real Madrid wechselt. Gebrochene Nase, erst ein Treffer. Mbappe trägt die Mannschaft bisher nicht wie erhofft, das Prunkstück des Vize-Weltmeisters ist die so starke Defensive. "Wir tun alles, was wir können, um kein Tor zu kassieren", sagte Trainer Didier Deschamps.

Mbappe könnte EM-Karriere von CR7 beenden

Für Ronaldo, der längst nicht mehr so viel Angst und Schrecken in den gegnerischen Abwehrreihen verbreitet wie früher, sind das vor der Neuauflage des EM-Endspiels von 2016 keine guten Nachrichten. Doch wie bei seinem größten Titelgewinn, dem EM-Triumph vor acht Jahren, treibt der absolute Wille Ronaldo an, diese scheinbar unendliche Gier nach Erfolg. "Sie sind einer der Favoriten auf den Titel", sagte er über Frankreich: "Aber wir ziehen in den Krieg."

Es könnte Ronaldos letzte Europa-Schlacht werden. "Es ist ohne Zweifel meine letzte EM", sagte er nach dem Viertelfinal-Einzug, Ronaldo wird mehr und mehr zum Fan - vor allem von seinem "Nachfolger" Mbappe. Der hatte nach seinem Wechsel zu den Königlichen Fotos von sich als kleinem Jungen im Real-Outfit in den Sozialen Medien gepostet, auch ein Schnappschuss von ihm mit Ronaldo war dabei.

"Jetzt bin ich dran, Dir zuzuschauen. Ich freue mich zu sehen, wie Du das Bernabeu erstrahlen lässt", schrieb Ronaldo in den Kommentaren. Doch erst einmal steht noch ihr EM-Duell an.

Teamnews: Wohl nur kleinere Umstellungen

Echte Personalsorgen hat der portugiesische Nationaltrainer Roberto Martinez vor dem Viertelfinale nicht. Allerdings quälten sich die Iberer im Achtelfinale gegen Slowenien, erst nach dem Elfmeterschießen wurde das Weiterkommen fixiert. Die Verlängerung zuvor dürfte so manchem Spieler viel Kraft gekostet haben. Gut möglich also, dass Martinez für den Showdown in Hamburg frisches Personal in die Startelf beordert.

Insbesondere Portugals Offensive wirkte gegen die Slowenen etwas blutleer und könnte frische Kräfte vertragen. Diogo Jota ist definitiv ein Kandidat für die Anfangsformation, auch der junge Francisco Conceicao darf sich Hoffnungen machen. Rafael Leao wäre demnach ein Kandidat für die Ersatzbank.

Bei Frankreich holte sich Adrien Rabiot im Achtelfinale gegen Belgien (1:0) eine Gelbsperre ab. Didier Deschamps hat mehrere Möglichkeiten, um darauf zu reagieren - je nachdem, ob er eine eher offensive oder eine eher defensive Variante bevorzugt.

Eduardo Camavinga ist ein starker Zweikämpfer, während Warren Zaire-Emery in erster Linie für sein präzises Passspiel bekannt ist. Am wahrscheinlichsten erscheint eine Doppelsechs mit Aurelien Tchouameni und N'Golo Kante.

Ebenfalls verzichten muss Deschamps auf Kingsley Coman, der für die Geburt seines Kindes kurzfristig aus dem französischen Teamcamp abgereist ist. Der Flügelspieler kam bei dieser EM allerdings noch auf kaum Einsatzzeit. Fraglich ist, welcher Mittelstürmer beginnen darf: Randal Kolo Muani und Marcus Thuram sind die beiden Optionen.

Voraussichtliche Aufstellungen

Portugal (4-3-3): Costa - Cancelo, Dias, Pepe, Mendes - Palhinha, Vitinha, Fernandes - Silva, Ronaldo, Jota 

Frankreich (4-2-3-1): Maignan - Kounde, Saliba, Upamecano, T. Hernandez - Tchouameni, Kante - Dembele, Griezmann, Mbappe - Kolo Muani