Hakans letzter EM-Tanz? Calhanoglus bittersüße Hamburg-Rückkehr
Hakan Calhanoglu lächelte. Erstes EM-Tor, Sieg gegen Tschechien, Einzug ins Achtelfinale: So hatte sich der Kapitän der Türkei seine Rückkehr nach Hamburg vorgestellt. "Es ist ein besonderer Moment für mich", sagte Calhanoglu. Seine Augen funkelten.
Der Spielmacher hatte geahnt, dass er an alter Wirkungsstätte im Volkspark, ausgerechnet dort, wo sein Stern vor zehn Jahren zu leuchten begann, treffen würde. "Weil ich so ein Gefühl hatte", sagte Calhanoglu, ehe er weit nach Mitternacht in kurzen Hosen Richtung Teambus schlenderte.
Der frühere Bundesliga-Star genoss den Rummel um seine Person sichtlich. Nach dem Schlusspfiff des vogelwilden 2:1 gegen Tschechien hatte er im Mittelkreis gestanden und bei türkischen Jubelgesängen das gesamte Stadion dirigiert - doch in den immensen Stolz und die Vorfreude auf den K.o.-Kracher gegen Ralf Rangnicks Österreicher mischte sich auch eine Portion Wut.
Sperre fürs Achtelfinale
Denn Calhanoglus Glanzstück gegen Tschechien könnte zugleich seine letzte Vorstellung bei dieser EM gewesen sein. Der gebürtige Mannheimer war einer von 18 (!) Spielern (neuer EM-Rekord), die von Schiedsrichter Istvan Kovacs aus Rumänien die Gelbe Karte erhielten. Er und Samet Akaydin sind beim Achtelfinal-Duell am kommenden Dienstag in Leipzig (21 Uhr) gesperrt.
Eine "Katastrophe" sei der Referee gewesen, "er war arrogant, man konnte gar nicht mit ihm sprechen", schimpfte Calhanoglu. "Sprachlos" sei er gewesen über die Entscheidung, ihn wegen Meckerns zu bestrafen. "Aber jetzt bin ich gesperrt und muss die Mannschaft neben dem Platz anfeuern", sagte er trotzig.
Der Ansporn der Türken ist riesig. Erst im März hatte es für das Team von Trainer Vincenzo Montella in einem Testspiel gegen Österreich eine empfindliche 1:6-Klatsche gegeben. "Das haben wir nicht vergessen", sagte Calhanoglu und tippte sich an den Kopf. Coach Montella registrierte die Aussagen seiner Spieler sehr wohl. "Wir wollten Österreich, und es ist gut zu sehen, dass alle den Geist der Revanche in sich tragen", sagte er: "Den habe ich auch."
Zum Match-Center: Österreich vs. Türkei
Geheimfavorit Österreich?
In der Form von Hamburg wird Calhanoglu den Türken sehr fehlen. So viel steht fest. Sein Treffer zum 1:0 gegen die Tschechen, ein fulminanter Vollspannschuss kurz nach der Pause, war schlicht Weltklasse. Er ebnete den Weg zum Weiterkommen. "Für seine eigene Nation ein Tor zu schießen, ist etwas Besonderes, etwas Spezielles. Solche Tore bleiben in Erinnerung. Ich war in dem Moment ein bisschen befreit", sagte Calhanoglu.
Die Verbindung, die Beziehung zu Hamburg, so der 30 Jahre alte Offensivspieler, sei "immer noch da. Hier wieder zu sein und ein Tor zu schießen, ist ein schönes Gefühl. Das wichtigste war aber, dass wir weitergekommen sind", sagte Calhanoglu. Jetzt sei "alles möglich in diesem Turnier. Wir werden alles dafür tun, um weiterzukommen." Österreich sei allerdings "eine ganz starke Mannschaft, für mich sogar Geheimfavorit in diesem Turnier".