Georgien in Ekstase: "Kwaradona" und Co. schreiben weiter Geschichte
Party bis tief in die Nacht
In Georgiens Hauptstadt herrschte die pure Ekstase. Tausende Menschen feierten in Tiflis bis tief in die Nacht das Fußball-Wunder ihrer Helden, saßen auf den Dächern fahrender Autos und schwenkten ihre rot-weißen Fahnen. "Niemand wird je verstehen, was Georgier gerade fühlen", sagte Mittelfeldspieler Georgiy Tsitaishvili nach dem unwahrscheinlichen Achtelfinaleinzug der "Kreuzritter" aus dem auch politisch aufgewühlten Land.
Durch seinen Coup gegen eine B-Mannschaft von Titelkandidat Portugal um Superstar Cristiano Ronaldo (2:0) versetzte der EM-Debütant das ganze Land in einen Freudentaumel. "Ihr könnt euch nicht vorstellen, was gerade in Georgien passiert. Es ist ein unglaubliches Gefühl, Teil davon zu sein", sagte Otar Kiteishvili. Erste EM-Teilnahme überhaupt, und dann gleich der Einzug in die K.o.-Runde. Sein "kleines Land" habe der "Welt gezeigt, dass wir es verdient haben, hier zu sein", sagte Tsitaishvili stolz.
Auch Trainer Willy Sagnol wusste um die Bedeutung des Erfolges für das mit rund 3,7 Millionen Einwohnern zweitkleinste Teilnehmer-Land der EM. "Die einzige Verantwortung, die wir hatten", sagte der langjährige Spieler von Bayern München, "war es, die georgische Nation stolz auf ihre Spieler zu machen. Und ich denke, das haben wir auf die beste Weise geschafft." Realisieren, das gab der Franzose zu, wird das Team den Erfolg wohl erst, "wenn wir verlieren und zurück nach Hause fahren".
Blitzstart und Matchwinner
Gegen die haushohen Favoriten aus Portugal brillierte vor allem Jungstar Khvicha Kvaratskhelia. Mit seinem Treffer nach nur 94 Sekunden brachte der 23-Jährige die Party früh ins Rollen und die Arena auf Schalke zum Beben. Als überragender Spieler erhielt er zu Recht die Trophäe für den "Man of the Match" - und sendete anschließend hoffnungsvolle Worte an sein Land: "Heute haben wir gesehen, dass es möglich ist, zu gewinnen - egal, wer der Gegner ist", sagte der Starspieler der SSC Neapel.
Ihre fantastische Reise führt die Georgier und ihre Anhänger nun aus ihrem Quartier im Schwarzwald nach Köln, am Sonntag (21.00 Uhr) steht das nächste Highlightspiel an - gegen Rekord-Europameister Spanien. Von Ehrfurcht vor großen Namen war beim Außenseiter keine Spur, im Achtelfinale will "Kwaradona", wie er in Neapel getauft wurde, einen weiteren Favoriten ärgern. "Wir werden da sein, um zu kämpfen und zu gewinnen", kündigte er an.
Aber erstmal genoss die Mannschaft ihren Triumph in vollen Zügen. Die Partynacht eröffneten Kvaratskhelia und Co. rund 3500 Kilometer entfernt von den feiernden Massen in der Heimat schon in der Gelsenkirchener Arena. "Wir starten die Arbeit morgen. Jetzt müssen wir feiern und uns ausruhen", forderte Tsitaishvili - dann verschwanden er und seine Mitspieler singend und tanzend in den Mannschaftsbus.