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"Ein bisschen für Spanien gepfiffen": Hand-Szene sorgt für Diskussionen

Flashscore/SID
Aktualisiert
Der Spanier Marc Cucurella hatte den Ball in der 106. Minute an die linke Hand bekommen.
Der Spanier Marc Cucurella hatte den Ball in der 106. Minute an die linke Hand bekommen.AFP
Der erbittert geführte Kampf um die Deutungshoheit tobte auch am Tag nach dem "Handgate" von Stuttgart. Der verweigerte Strafstoß für die deutschen Fußballer im EM-Viertelfinale gegen Spanien (1:2 n.V.) rief nahezu alle auf den Plan, die schon einmal einen Schiedsrichter-Pfiff aus der Ferne gehört hatten. Das Internet "explodierte", der Zank der Experten hatte Züge eines Glaubenskrieges - dabei lief die treffende Zusammenfassung zu dem Dilemma bereits am späten Freitagabend bei "Radio Müller".

"Die Handregel", sagte Nationalspieler Thomas Müller nach dem enttäuschenden Aus, "ist ein verzwicktes Luder." Und genau das hatte jene Regel zum Unmut der Deutschen wieder einmal unter Beweis gestellt. Dass die Pfeife des englischen Schiedsrichters Anthony Taylor in der 106. Minute stumm blieb, obwohl Jamal Musiala den Ball unzweifelhaft an die Hand des im eigenen Strafraum stehenden Spaniers Marc Cucurella geschossen hatte, erzürnte die Fußballnation.

Der Boulevard sprach schnell von "Beschiss", berichtete vom Zorn eines Beteiligten in der Referee-Kabine und präsentiert ein Foto des "Skandal-Schiedsrichters", als dieser kommentarlos davonfuhr. Den Kampf der Ex-Profis führten die früheren Nationalspieler Michael Ballack ("Ein klareres Handspiel gibt es nicht") und Stefan Effenberg ("Die Aktion war für mich kein Handspiel") exemplarisch.

In den sozialen Netzwerken war immerhin auch Humor zu finden - wie bei dem Meme, welches den mit jeder Menge Kraken-Armen ausgestatteten Cucurella als künftigen Torwart von Handball-Rekordmeister THW Kiel ins Spiel brachte.

Zum Lachen war Bundestrainer Julian Nagelsmann allerdings nicht zu Mute. "Der Schiedsrichter hat auch ein bisschen für Spanien gepfiffen", kritisierte der 36-Jährige nach dem 1:2 nach Verlängerung bei MagentaTV: "Wenn Jamal Musiala den Ball in die Stuttgarter Innenstadt schießt und Cucurella berührt ihn, würde ich nie einen Elfmeter haben wollen." Der Ball komme aber "aufs Tor und er stoppt ihn klar mit der Hand".

Torschuss im Moment kein Kriterium

Nagelsmann steht mit seiner Argumentation nicht alleine da. Schließlich hatte sich der "Football Board" der Europäischen Fußball-Union (UEFA), in dem zahlreiche Ex-Profis wie Rudi Völler, Oliver Bierhoff und Jürgen Klinsmann ihre Expertise abgeben, in der Vergangenheit ähnlich positioniert. Das Gremium wollte bei der Handregel berücksichtigt wissen, ob der Ball Richtung Tor fliegt.

Fakt ist: Der Video-Schiedsrichter griff nicht ein. Offen blieb damit auch, ob Niclas Füllkrug oder Florian Wirtz in der Szene womöglich im Abseits standen. Von der UEFA gab es auf SID-Anfrage dazu vorerst keine Stellungnahme. Die österreichische Kronen-Zeitung fragte dennoch, ob Deutschland "ein Elfmeter gestohlen" worden sei. Die italienische Tuttosport schrieb von einem "sensationellen Fehler" des Schiedsrichters.

Patrick Ittrich bemühte sich um eine objektive Sicht. "Die Entscheidung wird so oder so nicht zurückgenommen, egal, ob er ihn gibt oder nicht. Ich bin aber eher bei Handspiel", sagte der Bundesliga-Schiedsrichter. Ex-Referee Manuel Gräfe hatte ein "strafbares" Handspiel gesehen. Der frühere deutsche Top-Referee Markus Merk urteilte ebenso, Bibiana Steinhaus-Webb konnte die Entscheidung Taylors dagegen nachvollziehen.

Schiedsrichter-Boss Rosetti unterstützt Linie

Den Zorn seines UEFA-Chefs musste Taylor, der im Finale der Europa League 2023 bei einer ähnlichen Szene ebenfalls nicht gepfiffen hatte, wohl nicht fürchten. Im EM-Vorfeld hatte Schiedsrichter-Boss Roberto Rosetti erklärt, dass es in solchen Situationen keinen Strafstoß geben werde.

Als Beispiel zeigte er bei einer Präsentation eine Szene aus einem Champions-League-Spiel von RB Leipzig, diese kommt jener aus der deutschen EM-Partie nahe - aufgrund des schlaff hängenden und dann nach hinten geschleuderten Arms. "Das", so Rosettis Urteil, "ist niemals ein Elfmeter."

Zum Match-Center: Spanien vs. Deutschland