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Der Erfolgsgarant: Nächstes europäisches Finale für José Mourinho

Micha Pesseg
Mourinho nach dem Finalerfolg in der UEFA Conference League 2022
Mourinho nach dem Finalerfolg in der UEFA Conference League 2022Profimedia
Von José Mourinho kann man halten, was man will. Es wird ihm recht egal sein. Seine Einstellung zum Fußballspielen ist ebenso pragmatisch wie problematisch. Schöngeister und Idealisten verfluchen ihn regelmäßig für seine destruktive Spielweise – die Fans seiner Vereine vergöttern ihn. Weil Mou Erfolg garantiert. So auch bei der AS Roma, mit welcher er am Mittwoch (21 Uhr, live auf RTL und in der Flashscore Audioreportage) den zweiten europäischen Titel in Folge anvisiert.

José Mourinho: Ein Mann, der mehr Phänomen als Mensch ist. Obwohl er mit steilen Thesen und krassen Stilbrüchen regelmäßig für Aufsehen sorgt, gibt der 60-Jährige kaum Einblick in sein Privat- und Familienleben.

Die Frage, ob sich hinter dem immer grimmigen, egozentrisch wirkenden Coach eigentlich ein liebender Ehemann und verständnisvoller Vater verbirgt – wird die Öffentlichkeit nie restlos klären können.

Mourinho kann über sich selbst lachen. Sein Cameo-Auftritt in einem Musikvideo des britischen Grime-Rappers Stormzy oder seine Werbung für das TOPPS Sticker Album haben es bewiesen. Das legt zumindest die Vermutung nahe, dass hinter seinem Hang zum Größenwahn ein Augenzwinkern steckt.

60 Jahre Erfolgsgarantie

Was längst geklärt wurde: Kaum jemand beherrscht die Kunst des Gewinnens in einer so reinen Form wie Mourinho. Mou weiß, wie man die lästigen Pressekonferenzen und Interviews für Psychospielchen nutzt. Mou weiß, wie man einen individuell überlegenen Gegner zermürben kann. Frag nach bei Bayer Leverkusen

Vor Finalspielen haben solche Qualitäten immer besonderen Wert. Fünfmal bestritt er bislang ein europäisches Endspiel – nie hat er eines verloren. 2002/03 wurde er zunächst mit dem FC Porto UEFA-Pokal-Sieger. Im Jahr darauf gewann er gar die europäische Königsklasse. Ein Star war geboren.

Mourinho könnte sich in Budapest den 28. Titel seiner Trainerkarriere holen
Mourinho könnte sich in Budapest den 28. Titel seiner Trainerkarriere holenAFP

Am Mittwoch trifft die AS Roma im Europa-League-Finale in Budapest auf den FC Sevilla. Im Gespräch mit uefa.com erklärte Mourinho: "Geschichte gewinnt keine Spiele. Wenn du Real Madrids Final-Historie ansiehst, glaubst du, sie gewinnen jedes Finale. Du schaust auf Sevilla und sagst: 'Sie gewinnen jedes Finale'. Aber die Realität ist, dass Geschichte kein Finale gewinnt. (...) Es ist ein neues Finale. Eine neue Geschichte. Sie haben keine Erfahrung in diesen Sachen. Wir haben Erfahrung, wir waren erst vor ganz kurzer Zeit in einem europäischen Finale."

Das Erstaunliche an dieser Antwort: Ursprünglich bezog sie sich auf die Frage nach seiner persönlichen Erfolgsserie in wichtigen Endspielen. Geschickt lenkte der Portugiese die Aufmerksamkeit von seiner Person weg – und hin zum Gegner.

Ein Realist durch und durch

Keine Frage, das taktische Fachwissen, welches sich Mou in den letzten 30 Jahren angeeignet hat, ist einzigartig. Er beherrscht die Kunst des Verteidigens, er kann die Schwachstellen des Gegners sofort erkennen und besitzt die Fähigkeit, flexibel auf Anpassungen des Gegners zu reagieren. Das mag ein Grund sein, wieso er nirgends erfolgreicher und beliebter ist als im Land der Strategen: Italien. 

Denn Mourinho ist ein aufgeschlossener und ehrgeiziger Mensch. Und ein unbarmherziger Realist. Dem Erfolg ordnet er viel, vielleicht sogar alles unter. Was diesem dienlich sein könnte, nimmt er in seinem persönlichen Konzept auf.

Ihr könnt das Europa-League-Finale in der kostenlosen Flashscore Audioreportage live mitverfolgen

So könnte man glauben, der Defensivspezialist schindet seine Spieler auf dem Feld, lässt sie Waldläufe und Extrastunden im Kraftraum absolvieren. Das Gegenteil ist der Fall. Früh erkannte er, den tiefen Sinn von ganzheitlichem Training und taktischer Periodisierung.

Mous Trainingsmethoden sind andere, als man es vielleicht erwarten würde
Mous Trainingsmethoden sind andere, als man es vielleicht erwarten würdeAFP

In den 1990er-Jahren wurde diese Trainingsform erstmals entwickelt. Der grundlegende Gedanke: Alle Übungen werden mit Ball am Fuß absolviert. Beim FC Barcelona ist das Usus, sowohl bei den Profis als auch in La Masia.

Mous Kommentar bringt es auf den Punkt: "Ein großer Pianist rennt nicht um sein Klavier herum oder macht Liegestütze mit seinen Fingern. Er spielt Klavier, um ein großer Pianist zu sein. (...) Um ein großer Fußballer zu sein, muss man nicht rennen, Liegestütz machen oder Fitness machen. Die beste Art, ein großer Fußballer zu sein, ist es Fußball zu spielen."

Der Spielerflüsterer

Was ihn aber in jedem Fall von anderen Trainern unterscheidet, ist seine Art der Menschenführung. Er hat keine Angst davor, nicht gemocht zu werden. Er hat keine Angst vor unliebsamen Entscheidungen oder davor, ohne Erbarmen die Wahrheit auszusprechen. 

Zlatan Ibrahimovic sagte der britischen Tageszeitung "The Sun" einmal: "José mag es, dir in die Augen zu sehen und dir zu sagen, ob du beschissen spielst oder nicht. Ich mag das!"

Ibrahimovic (li.) kommt mit dem schonungslosen Mourinho (re.) wesentlich besser aus als mit dem sensiblen Guardiola (mi.)
Ibrahimovic (li.) kommt mit dem schonungslosen Mourinho (re.) wesentlich besser aus als mit dem sensiblen Guardiola (mi.)Profimedia

Samuel Eto'o fasste es so zusammen: "Es ist wahr. Was die Motivation betrifft, ist er einzigartig. Ich habe mit vielen Trainern zusammengearbeitet. Er ist unglaublich. Wenn ein Spiel beginnt, wird er zu einem anderen Menschen. Klar, wie jeder, auch er ist nur ein Mensch. Er ist manchmal exzentrisch. Manchmal verliert er den Verstand. Auch bei mir. Aber er würde nie etwas Negatives über seine Spieler sagen. Er nimmt den ganzen Druck auf sich."

Bald auch in Rom unsterblich?

Und so gelingt es Mourinho, aus ewigen Verlierern echte Gewinner zu machen. Die AS Roma visiert am Mittwoch in Budapest den zweiten europäischen Pokalgewinn in Folge an. Vor dem Conference-League-Finale 2022 hat der Verein 14 Jahre auf einen Titel gewartet (Coppa Italia 2007/08). Trotz Legenden wie Daniele de Rossi und Francesco Totti.

Legenden, mit denen Mourinho nach einem erfolgreichen Finale gegen den FC Sevilla in einem Atemzug genannt werden würde. Schon jetzt vergöttern ihn die Fans der Giallorossi. Weil Pokal im Zweifelsfall immer schöner sind als Treffer.

Zum Match-Center: Sevilla vs. Roma