Thomas Tuchel und der Bayern-Abschied: Trainer soll "ernsthaft grübeln"
Seinen größten Kritiker hat Thomas Tuchel schon mal befriedet, oder? "Ja, ich hoffe", sagte der Trainer des FC Bayern auf die Frage, ob Uli Hoeneß glücklich gewesen sei über seinen Jugendstil gegen den VfL Wolfsburg mit gleich vier Youngstern auf dem Platz. Aber reicht Tuchels Versöhnungsangebot an den mächtigen Ehrenpräsidenten auch für die nächste spektakuläre Wende in der "ewigen" Münchner Trainersuche?
Am Montag jedenfalls kam turnusgemäß der Aufsichtsrat des deutschen Fußball-Rekordmeisters mit dem "einfachen" Mitglied Hoeneß zusammen und diskutierte, natürlich, auch die wichtigste Personalie des Vereins. Das "Ergebnis" laut Bild-Zeitung: Auch Tuchel, dessen Abschied nach dem letzten Bundesligaspiel am Samstag in Hoffenheim seit Mitte Februar beschlossen war, sei plötzlich wieder ein Thema. Auch Sky nannte diese Variante, Tuchel sei "immer offen" gewesen für Gespräche.
"Das bis vor wenigen Tagen von nahezu allen Beteiligten als undenkbar eingestufte Szenario wird von denselben Beteiligten inzwischen als ausgesprochen denkbar erachtet", schrieb die SZ am Dienstagabend. Tuchel würde bereits "ernsthaft grübeln", ob er die neuerliche Wende mitgehen soll. Er soll aber keinen neuen Vertrag mit einer mehrjährigen Laufzeit angeboten bekommen. Im Aufsichtsrat wäre dies "offenbar nicht durchzusetzen", so die Süddeutsche. Das ursprüngliche Arbeitspapier von Tuchel lief bis 2025.
Tatsächlich sollen sich Führungsspieler wie die Kapitäne Manuel Neuer und Thomas Müller für ein Bleiben des 50-Jährigen ausgesprochen haben. Der hat zwar die erste titellose Saison der Bayern seit 2012 zu verantworten und sah sich von Hoeneß in seiner "Trainerehre verletzt", stand aber mit seiner von personellen Problemen massiv geschwächten Elf in Madrid mit einem Bein im Champions-League-Finale. Dass der Traum vom Wembley-Wiedersehen mit Dortmund doch noch dramatisch platzte, wird Tuchel im Verein nicht angelastet.
Vielmehr hat er Sportvorstand Max Eberl und Direktor Christoph Freund als wichtige Fürsprecher. Das Duo ist seit knapp drei Monaten vergeblich auf der Suche nach einem neuen Coach. Bei Leverkusens Meistermacher Xabi Alonso, Bundestrainer Julian Nagelsmann, Ralf Rangnick (Österreich) und jetzt wohl auch dem Frankfurter Europacup-Helden Oliver Glasner (Crystal Palace) blitzten sie ab, eine zwischenzeitlich erwogene Rückkehr von Hansi Flick soll vom Tisch sein. Letzte Ausfahrt Tuchel?
"Kein Grund an dieser Vereinbarung zu zweifeln"
Verabschiedet wurde Tuchel noch nicht. Auch verzichtete er nach dem 2:0 gegen Wolfsburg darauf, den Fans "Servus" zu sagen, von denen sich viele seinen Verbleib wünschen würden. Angeblich, weil er "nicht im Mittelpunkt" stehen wollte, wie er erklärte.
Vor dem Rückspiel bei Real hatte Tuchel betont, es sei "sehr, sehr, sehr unwahrscheinlich", dass er auch in der kommenden Saison noch da sei - es sei aber auch nicht ausgeschlossen. Es gebe eine Absprache mit den Bossen und "im Moment keinen Grund, an dieser Vereinbarung zu zweifeln". Das klang nach dem berühmten "Stand jetzt", mit dem Niko Kovac einst vor seinem Wechsel nach München erklärt hatte, er sei ja Frankfurt-Trainer.
Aus der Münchner Chefetage gab es zuletzt recht klare Ansagen zum Thema Tuchel. Der Vorstandsvorsitzende Jan-Christian Dreesen erklärte nach dem Hinspiel gegen Madrid am 30. April, man werde "getrennter Wege" gehen. Das war allerdings zwei Tage vor der Absage von Rangnick, mit dessen Kommen die Bosse fest gerechnet hatten. Am 4. Mai meinte Freund, es gebe "keine Chance" auf eine gemeinsame Zukunft, Präsident Herbert Hainer betonte: "Die Vereinbarung steht."
Auch deshalb wird weiter über Roberto De Zerbi (Brighton and Hove Albion) als künftigen Bayern-Coach spekuliert. Der Italiener (44/Vertrag bis 2026) war zwischenzeitlich schon aus dem Rennen. Aber was heißt das schon? Siehe Tuchel.