Real zerstört deutschen Wembley-Traum: FC Bayern kassiert späten Doppelschlag
Der große Traum vom FC Bayern ist geplatzt. Der deutsche Rekordmeister verpasst das Wembley-Wiedersehen mit Borussia Dortmund und ließ sich im Halbfinale der UEFA Champions League von Europacup-Monster Real Madrid regelrecht auffressen.
Eine dramatische Schlussphase verhinderte ein rein deutsches Finale, Dortmund sicherte sich bereits am Dienstagabend gegen PSG das Ticket fürs große Finale.
Über weite Strecken agierte der FC Bayern gegen Angstgegner Real außerordentlich zaghaft, die Spielanteile wurden vorzugsweise den Madrilenen überlassen. In der 68. Minute besorgte der für den verletzten Serge Gnabry eingewechselte Alphonso Davies auf traumhafte Weise den Führungstreffer für die Münchener.
Kurz vor Beginn der langen Nachspielzeit leistete sich der über weite Strecken ausgezeichnet parierende Bayern-Kapitän Manuel Neuer jedoch einen folgenschweren Patzer. Der ehemalige Bundesliga-Profi Joselu nahm das Geschenk an und erzielte den 1:1-Ausgleich.
"Das kann passieren", nahm Matthijs de Ligt seinen Teamkollegen nach dem Abpfiff im DAZN-Interview in Schutz. Auch Thomas Tuchel stärkte Neuer den Rücken. Dem 38-Jährigen sei ein Fehler passiert, "den er in hundert Jahren nicht macht." Neuer selbst bezeichnete den Gegentreffer als "brutal. (...) Ich muss ehrlich sagen, ich habe den Ball anders erwartet."
Nur drei Minuten später sorgte der spanische Mittelstürmer nach einer scharfen Hereingabe von Antonio Rüdiger für den entscheidenden Treffer. Das Bernabeu bebte.
Zum Match-Center: Real Madrid vs. FC Bayern
Zaghafte Spielweise
Im insgesamt 28. Duell mit Real konnten die Bayern zum achten Mal in Folge nicht gewinnen. Ein Sieg war nach dem 2:2 im Hinspiel aber das erklärte Ziel gewesen. "Das sind die Momente und Tage, von denen man träumt", hatte Tuchel noch vor dem Anpfiff bei DAZN gesagt.
Doch während der FC Bayern vom Finaleinzug lediglich zu träumen schien, glaubten die Madrilenen fest an ihre Qualitäten. Mit Ball am Fuß agierten die Hausherren über weite Strecken des Spiels deutlich aktiver als der deutsche Rekordmeister.
Die Bayern fanden in ihrer Kabine ein zweites Zuhause wieder. Unter dem Motto "Wir kämpfen in Schwarz für alle in Rot" war die Gäste-Umkleide dekoriert worden. Im Inneren des Fußball-Tempels jedoch wurden die Bayern von einer hitzigen Atmosphäre empfangen. Unter geschlossenem Dach stieg der Lärmpegel ins Unermessliche an.
Real spielte wie von Trainerfuchs Carlo Ancelotti gefordert "mit Köpfchen" und viel Tempo. Tuchels verzichtete zunächst auf Routinier Thomas Müller und auf Leon Goretzka. In der Defensive machten die Münchener einen soliden Eindruck, die wichtigen Entlastungsangriffe waren aber eine Rarität.
Bei den wenigen frühen Nadelstichen rettete Kroos vor Leroy Sane (5.) oder Sturmspitze Harry Kane kam nicht richtig an den Ball (8.). Nach einem Einwurf verhinderten nur Neuer und der Pfosten gegen Hinspiel-Doppelpacker Vinicius Junior und Rodrygo das 1:0 (13.). Tuchel ruderte mit den Armen: "Aufwachen!"
Gnabry-Verletzung sorgt für zusätzliche Schwierigkeiten
In der 27. Minute musste Tuchel seinen Plan, mit "Aggressivität" über die Flügel zu kommen, endgültig verwerfen. Gnabry musste verletzt runter, Davies kam. Ein Schuss von Kane (28.) verfehlte knapp das Tor, doch die Bayern machten sich das Leben durch unnötige Abspielfehler selbst schwer.
Tuchel schimpfte und haderte. Auch, weil aus seiner Mittelfeldzentrale mit Konrad Laimer und Aleksandar Pavlovic keinerlei Kreativität entsprang und Zauberfuß Jamal Musiala in der Luft hing.
Die Pause half den Gästen dabei, einen neuen Weg ins Spiel zu finden. Schon bald war allerdings wieder Real am Drücker. Der trickreiche Vinicius brachte Joshua Kimmich mehrmals in Verlegenheit. Neuer vereitelte reihenweise beste Gelegenheiten - bis zum Gegenstoß von Davies, der mit einem traumhaften Schlenzer den FC Bayern zwischenzeitlich in Führung brachte.
Der vermeintliche Ausgleich von Madrid durch ein Eigentor von Davies (71.) wurde wegen eines vorangegangenen Fouls von Nacho an Kimmich nicht anerkannt. Doch in einer hektischen Schlussphase traf Real-Stürmer mitten ins Bayern-Herz - und das gleich zweimal.
In der zwölften Minute der Nachspielzeit erzielte der FC Bayern beinahe den Ausgleich zum 2:2. De Ligt versenkte die Kugel volley im Kasten. Doch bevor die Aktion zu Ende gespielt wurde, hatte Schiedsrichter Szymon Marciniak bereits auf Abseits entschieden. Eine glatte Fehlentscheidung: Der Unparteiische hätte mit seinem Pfiff warten müssen, um dem VAR einen Eingriff zu ermöglichen.