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Champions-League-Finale Preview: Realismus oder Hochmut? BVB will Real Madrid stürzen

Das Team von Borussia Dortmund auf dem Weg zum Training in der Woche des CL-Finals
Das Team von Borussia Dortmund auf dem Weg zum Training in der Woche des CL-FinalsProfimedia
Edin Terzic ließ sich von all dem Trubel nicht anstecken. Gut 30 Kamerateams, von Brasilien über China bis Katar, waren am Dienstag zum Trainingsgelände von Borussia Dortmund nach Brackel geströmt. "Der Raum war noch nie so voll wie heute. Aber das ist doch genau das, was wir haben wollen. Dass es noch um etwas so Großartiges am Ende der Saison geht", sagte Terzic auf der Pressekonferenz cool.

Was die zahlreichen Objektive einfingen, waren Bilder ausgesprochener Lockerheit. Terzic schloss bei der Trainingseinheit seine Rede vor der Mannschaft mit einem Grinsen, Leitwolf Mats Hummels lachte schallend. Real Madrid? Champions-League-Finale? Zweite Chance im Wembley? Der BVB scheint bereit.

Zum Match-Center: Borussia Dortmund vs. Real Madrid

"London is calling - again! Die Stadt wird wieder schwarz-gelb sein, wie 2013", sagte Sportdirektor Sebastian Kehl vor dem Duell mit Europas erfolgreichstem Fußballklub am Samstag (21.00 Uhr/ZDF und DAZN) voller Vorfreude. Die Lust scheint größer als die Last zu sein, Dortmund will auf einen Schlag gleich mehrere Rechnungen begleichen: mit London, mit dem Stadion, mit dem Königsklassen-Endspiel.

Dortmund strotzt vor Selbstvertrauen

"Wir haben durchaus ein paar Waffen, die Real Madrid wehtun können", sagte Kehl zuletzt im kicker-Interview betont kämpferisch. Am Dienstag gab der 44-Jährige unmissverständlich die Richtung vor: "Wir werden kämpfen, wie unsere DNA uns das vorgibt."

An ihren "Waffen" - defensive Ordnung, Umschalten, Schnelligkeit - arbeiteten die Dortmunder bei einem Sonne-Wolken-Mix auf dem Trainingsplatz. Das Selbstvertrauen ist spürbar. "Wir sollten keine Angst, keine Ehrfurcht haben. Es muss für uns ein ganz normales Spiel sein", sagte Nationalspieler Nico Schlotterbeck, der mit Hummels nach PSG-Superstar Kylian Mbappe auch den Real-Speerspitzen den Zahn ziehen soll, der WAZ.

BVB: Chance statt Last

Die Situation sei jedenfalls nicht mit dem Trauma aus dem Vorjahr zu vergleichen, als die Borussia die deutsche Meisterschaft am letzten Spieltag herschenkte. "Jetzt haben wir etwas zu gewinnen. Diese Chance müssen wir ergreifen", erklärte Schlotterbeck.

Die letzten Spiele des BVB
Die letzten Spiele des BVBFlashscore

Tatsächlich überwiegen die Chancen im Londoner Fußball-Tempel. Real Madrid, diese unersättliche Titelmaschine, "der absolute Champion der Champions" und "Endgegner" (Terzic), ist natürlich der hohe Favorit. Die 14 Champions-League-Titel der Königlichen sind unerreicht, es winkt der sechste Henkelpott seit 2014. Der BVB dagegen will gerne gewinnen, allein um das bittere 1:2 im "German Final" gegen Bayern München vor elf Jahren vergessen zu machen.

Hoher Besuch: Klopp im Wembley dabei

Der damalige Trainer Jürgen Klopp wird als Glücksbringer und Fan auf der Tribüne sitzen, allein sieben (!) Rückkehrer stehen in der aktuellen BVB-Mannschaft oder sind - wie Kehl sowie die Co-Trainer Nuri Sahin und Sven Bender - mittlerweile Teil des Funktionsteams. "Wir sind selbstbewusst, aufgeregt, voller Vorfreude und wollen gewinnen. Der Druck liegt eher auf Reals Seite", fasste Kehl die Gemütslage zusammen.

Für zwei aktuelle Dortmunder Profis könnte sich ein Kreis schließen - auch wenn es ein wenig kitschig anmutet. Hummels (35), dessen Zukunft ungewiss ist, und Marco Reus (34), der in sein letztes Spiel in Schwarz-Gelb nach zwölf Jahren geht, gehörten damals zu den Verlierern. Die Chance ist in jedem Fall historisch. Und der Mut groß. "Es ist zwar Real Madrid - aber es ist nur ein Spiel", sagte Kehl mit einem Lächeln.

Champions-League-Finale: Team-News und Voraussichtliche Aufstellungen

Terzic muss am Samstag lediglich auf Ramy Bensebaini und Sebastian Haller verzichten. Man kann davon ausgehen, dass er dieselbe Elf auf den Platz schickt, wie im Halbfinal-Rückspiel gegen PSG.

Bei den "Galaktischen" aus Madrid könnte Thibaut Courtois nach langer Verletzung zum Höhepunkt der Saison in die Startelf zurückkehren. Aurelien Tchouameni ist fraglich, weshalb Eduardo Camavinga in das Team von Ancelotti rücken könnte.

Dortmund: Kobel - Ryerson, Hummels, Schlotterbeck, Maatsen - Can, Sabitzer - Adeyemi, Brandt, Sancho - Füllkrug

Real Madrid: Courtois - Carvajal, Nacho, Rüdiger, Mendy - Valverde, Kroos, Camavinga - Bellingham -  Rodrygo, Vinicius Jr.

Schiedsrichter: Slavko Vincic (Slowenien)

Flashscore-Prognose: Hochmut kommt vor dem Fall

Wunschdenken oder realistisches Szenario? Ganz Deutschland fiebert dem großen Finale der Champions League entgegen. Der Optimismus ist groß, nicht nur im Lager von Borussia Dortmund: "Wenn sie sich 90 Minuten lang aufopfern, füreinander da sind – und das hätten sie gegen Paris nicht besser machen können –, bin ich sehr guter Dinge, dass sie auch Real Madrid packen", meint auch TV-Experte Dietmar Hamann.

Aber: Vergessen dürfen wir auch nicht, dass bei den Borussen Selbsteinschätzung und Realismus in der Vergangenheit oft sehr weit auseinanderlagen. "Wir wollen Deutscher Meister werden", hatte Sportdirektor Kehl vor der Saison geprotzt. Eben jener Kehl, der nun von "Waffen" spricht, die der BVB habe, der die Bundesliga-Saison als Fünfter mit 27 Punkten Rückstand auf Meister Leverkusen beendete. 

Im Finale trifft man nicht auf ein Paris, das seit Jahren in den entscheidenden Momenten der Königsklasse an sich selbst scheitert. Und auch nicht auf Atletico Madrid, das seine einzigen beiden CL-Finals aufgrund mentaler Unterlegenheit verloren hat. Und zwar gegen den Gegner, der nun auch auf Dortmund wartet: Real Madrid.

Ein Team, das das Wort "Gewinnermentalität" verkörpert, das seit 40 Jahren kein großes, europäisches Endspiel mehr verloren hat. "Ich bin 41", entgegnete Terzic diesem Fakt grinsend. Nicht die einzige Aussage, die den Eindruck vermittelt, dass man sich in Dortmund der Stärke des Gegners nicht bewusst ist.

Tatsächlich rechnen wir damit, dass Real die gewohnte Kaltschnäuzigkeit an den Tag legt, und den deutschen Vertreter früh mit zwei Toren eiskalt erwischt. Daraufhin könnte sich ein eher monotones Spiel entwickeln, in dem das Team von Ancelotti die Angriffsbemühungen des Kontrahenten mit Leichtigkeit verteidigt - und sich am Ende verdient den nächsten Triumph in der Champions League sichert.