Anzeige
Anzeige
Anzeige
Mehr
Anzeige
Anzeige
Anzeige

Ans Scheitern gewöhnt: ManCitys Sehnsucht nach dem Henkelpott

Micha Pesseg
Mit Manchester City konnte Guardiola die CL bislang nie gewinnen
Mit Manchester City konnte Guardiola die CL bislang nie gewinnenAFP
Zum zwölften Mal nimmt Manchester City am Finale der UEFA Champions League teil. Trotz immenser Investitionen konnten die Citizens 2022/23 zum erst zweiten Mal das Endspiel der Königsklasse erreichen. Sowohl für die Skyblues als auch Pep Guardiola stellt das Spiel in Istanbul das mögliche Ende einer Leidenszeit dar. Flashscore hat für euch vier der gescheiterten Versuche, die Champions League zu gewinnen, genau unter die Lupe genommen.

Laut Angaben von transfermarkt.de investierte der Verein seit dem Einstieg der Besitzer aus Abu Dhabi im September 2008 satte 2,208 Milliarden Euro in Ablösesummen. Im selben Zeitraum hat man aber nur rund 892 Millionen Euro durch Spielerverkäufe generiert.

In den Vereinigten Arabischen Emiraten wurde ein gigantischer Batzen Geld in die Hand genommen, um aus dem einstigen Mittelständler ein Weltklasse-Team zu formen.

Zuzüglich der rund 1,316 Milliarden Euro Verlust am Transfermarkt investierte man rund 128 Millionen Euro in den Bau des Etihad Stadiums und 250 Millionen Euro in die Errichtung der modernsten Nachwuchsakademie der Welt. Fürs Personal gibt City schätzungsweise knapp 417 Millionen Euro jährlich aus.

Jahr für Jahr kommen neue Topstars nach Manchester
Jahr für Jahr kommen neue Topstars nach ManchesterAFP

Gigantische Aufwände, die nicht ohne Grund vonstattengehen. In Abu Dhabi erhofft man sich vom Investment Ruhm, Ehre und eine blütenweiße Außendarstellung. Auf nationaler Ebene wurden seit dem Investoreinstieg 19 Trophäen eingeheimst, darunter bereits sieben Premier-League-Titel. 

In der Champions League blieb Manchester City der ultimative Griff nach dem Henkelpott bislang aber vorenthalten. Seit der erstmaligen Teilnahme an der Gruppenphase 2011/12  erreichte man bereits zehnmal die K.o.-Phase. 2022/23 konnte man zum bereits dritten Mal hintereinander zumindest das Halbfinale erreichen. Doch wieso war bislang immer vorzeitig Schluss? Wir haben uns auf die Suche nach Antworten begeben.

2012/13 – Die Todesgruppe wird zum Verhängnis

In der jüngsten CL-Gruppenphase hatte City mit Borussia Dortmund keine großen Probleme. Im Etihad Stadium sorgte Erling Haaland nach einer Rabona-Flanke von Joao Cancelo für den entscheidenden Treffer. Mit einem unglaublichen Luftstand erinnerte Haaland an den großen Ibra. 

Spieler von der Qualität des Norwegers hatte Manchester in der Vergangenheit zwar auch – im Sturmzentrum durfte Roberto Mancini zwischen seinem Landsmann Mario Balotelli, Sergio Agüero und einem gewissen Edin Dzeko wählen –, doch fast ausschließlich in der Offensive. Vincent Kompany war der Fels in der Brandung, in seinem unmittelbaren Umfeld hatte kaum ein Spieler Weltklasse-Format.

Also kein Wunder, dass man von den Gruppenduellen mit dem BVB (1:1, 0:1), Real Madrid (2:3, 1:1) und Ajax Amsterdam (1:3, 2:2) kein einziges ohne Gegentor beenden konnte. 

Dortmund schlug die Citizens im Rückspiel in England gar 1:0 – obwohl man bereits als Gruppensieger feststand und deshalb mit der B-Elf auf die Insel gereist war. Real gewann das erste Spiel hingegen etwas glücklich. Cristiano Ronaldo sorgte mit einem Flatterball in der 90. Minute für die späte Entscheidung zugunsten der Madrilenen.

Kun Agüero, von schwarz-gelben Beinen umzingelt
Kun Agüero, von schwarz-gelben Beinen umzingeltProfimedia

Es war der erst zweite Antritt für ManCity in der Champions League. Ein Jahr zuvor war man ebenfalls in der Gruppenphase ausgeschieden. 2011/12 aber zumindest als Gruppendritter. Diesmal zierte man das Tabellenende – Dortmund, Real und Ajax waren einfach zu stark für die Skyblues.

2015/16 – Zidanes unüberwindbarer Abwehrblock

Zinedine Zidane ist ohne Zweifel einer der größten Fußballer aller Zeiten. Und auch als Trainer hat er bereits etliche Erfolge vorzuweisen – wenngleich er kein Taktikfuchs wie Pep Guardiola ist. Zidanes Erfolgsgeheimnis ist ein anderes: Eine ungeheure Aura und ein unerschütterliches Selbstbewusstsein. Seine Mentalität passt perfekt zu jener von Real Madrid.

"Real Madrid ist immer Favorit, es war immer so und wird immer so sein. Das ist uns egal", hatte Zidane verkündet, nachdem ManCity 15/16 als Halbfinal-Gegner zugelost worden war. Zwar lieferten sich die Teams in Hin- und Rückspiel ein Duell auf Augenhöhe und trennten sich 1:1. Im Rückspiel ging aus Citys Sicht aber schief, was schiefgehen konnte.

Einmal CL-Sieger als Spieler, dreimal als Trainer: Zinedine Zidane ist immer Favorit
Einmal CL-Sieger als Spieler, dreimal als Trainer: Zinedine Zidane ist immer FavoritProfimedia

Vincent Kompany musste nach 10 Minuten verletzt ausgewechselt werden. Für ihn kam Eliaquim Mangala. Zehn Minuten später fälschte Fernando einen Schuss von Gareth Bale unglücklich ab, man lag früh in Rückstand. Fortan verlegte sich Real aufs Verteidigen, machte die eigene Spielhälfte zu und ließ die Mannschaft von Manuel Pellegrini zu keinen nennenswerten Torchancen kommen.   

Im Viertelfinale hatte City noch die Titelträume von PSG und Zlatan Ibrahimovic beendet. Das war jetzt egal. Ein neuer Trainer sollte her. Wie praktisch, dass Pep Guardiolas Vertrag beim FC Bayern mit Ende der Saison auslaufen würde...

2016/17 – Mbappés erste große Sternstunde

Manchester-City-Vorstand Khaldoon Al Mubarak wusste, wen er sich ins Boot geholt hatte: "Pep ist einer der, wenn nicht der beste Trainer auf der Welt." Guardiola sollte City auf "ein neues Level heben". Unter Pellegrini hatte man die Premier-League-Saison nur auf Rang vier beendet. Damals bedeutete das noch den harten Gang durch die Qualifikationsphase.

Steaua Bukarest stellt für Peps Startruppe kein Problem dar. Mit einem Gesamtscore von 6:0 fegte man die Rumänen aus dem Wettbewerb. In der Gruppenphase bekam es Guardiola dann mit seinem Stammverein zu tun, dem FC Barcelona. Das erste Aufeinandertreffen sollte zur bitteren Lehrstunde werden.

Lionel Messi erzielte drei Treffer und bereitete das 4:0 durch Neymar vor. Einen Spieltag später waren die Citizens aber klar besser und gewannen verdientermaßen mit 3:1. Als Gruppenzweiter zog man in die K.o.-Phase ein – und traf dort auf die AS Monaco. 

Nach einem chaotischen 5:3 im Hinspiel schlug im Rückspiel die Stunde von Kylian Mbappé. Damals noch 18 Jahre jung, noch kein französischer Nationalspieler, noch kein Weltstar, sondern eines jener vielen Supertalente, die plötzlich da sind, von denen aber niemand weiß, ob sie schon bald im Nirgendwo verschwinden sollen – oder den Fußball für Jahrzehnte prägen werden.

Monaco gewann 3:1, Mbappé eröffnete das Duell mit dem Treffer zum 1:0. Schon im Hinspiel hatte er getroffen und mit seinem Tempo und seiner Spielintelligenz international für Schlagzeilen gesorgt. 

Pep Guardiola jedenfalls war nach dem frühen Aus im Achtelfinale stinksauer: "Der Auftritt in den ersten 45 Minuten macht mich traurig. Du kannst ausscheiden, aber nicht so. Du musst da sein! Auf diesem Niveau muss man 180 Minuten gut spielen, wir haben das aber nur für 45 Minuten geschafft."  

2020/21 – Tuchel und Havertz spucken in Peps Suppe

In der fünften Saison unter Pep Guardiola hatte Manchester City es endlich geschafft: Man stand im Finale der UEFA Champions League. Der Kader hatte sich im Laufe der Jahre drastisch verändert. Pep wurden von der Vereinsführung erneut ein paar Wünsche erfüllt. Im Fokus stand im Sommer 2020 primär eine Verstärkung in der Defensive.

Wunschspieler Ruben Dias kam für 71,60 Millionen Euro von Benfica Lissabon. Die Kombination aus physischer Wucht und einer starken Spieleröffnung imponierte Guardiola. Und Dias stieg tatsächlich schnell zum neuen Abwehrchef auf, füllte das Vakuum, welches Vereinslegende Vincent Kompany mit seinem Abgang Richtung Anderlecht hinterlassen hatte. 

Noch heute ist Ruben Dias aus Manchester nicht wegzudenken
Noch heute ist Ruben Dias aus Manchester nicht wegzudenkenAFP

Die Gruppenphase hatte man mit 16 Punkten beendet, in der K.o.-Phase alle sechs Duelle gegen Borussia Mönchengladbach (2:0, 2:0), Borussia Dortmund (2:1, 2:1) und Paris Saint-Germain (2:1, 2:0) gewonnen. Finalgegner Chelsea hingegen hatte eine unfassbar komplizierte Saison hinter sich. 

Erst im Frühjahr war Thomas Tuchel als Nachfolger von Frank Lampard an die Stamford Bridge gekommen. Tuchel fand einen Trümmerhaufen und unausgewogen zusammengestellten Kader vor. In der Liga lagen die Blues nur auf dem neunten Tabellenplatz. Einige Monate später war Chelsea Tabellenvierter, nur knapp im FA-Cup-Finale an Leicester gescheitert und Tuchel hatte die Londoner sogar ins wichtigste Endspiel des Vereinsfußballs geführt. Damals konnte Tuchel offensichtlich noch Wunder vollbringen.

Im Finale in Porto in sorgte Kai Havertz für das einzige Tor des Spiels (42.). Nach einem traumhaften Steilpass umkurvte er City-Torhüter Ederson. Dann hatte der Deutsche leichtes Spiel – und heftiges Nervenflattern: "Diese Momente sind immer die schlimmsten, weil man daran denkt, dass man auf YouTube, Instagram und in jedem Meme landet, wenn man verschießt."

Kai Havertz taucht wohl noch heute in manchen Alpträumen Guardiolas auf
Kai Havertz taucht wohl noch heute in manchen Alpträumen Guardiolas aufProfimedia

Nervenflattern schien auch Pep Guardiola nicht fremd zu sein. Er hatte sich im Vorfeld der Partie verzockt, auf einen nominellen Sechser verzichtet und den zuvor immer starken Rodri außen vor gelassen. Flügelflitzer Raheem Sterling agierte obendrein als Sturmspitze. City hatte in den Wochen zuvor alles dominiert – im wichtigsten Endspiel des Jahres aber für kaum Offensivgefahr gesorgt.

Zum Match-Center: City vs. Inter     

Ob Pep aus seinen Fehlern gelernt hat? Vieles deutet darauf hin, dass der Katalane im Endspiel am Samstag (21 Uhr, live mitverfolgen in der Flashscore Audioreportage) auf dieselbe Startelf setzen wird, welche City bereits ins Finale nach Istanbul geführt hat.

Sollte die Lernkurve beim Chefstrategen tatsächlich steil nach oben gerast sein – muss sich Inter Mailand richtig warm anziehen.