Work-Life-Balance statt Zoff und Gerüchten: Mats Hummels läutet Karriere-Endspurt ein
Die Europameisterschaft zieht alle in ihren Bann. Auch Mats Hummels war dabei, als die Deutschland-Spiele von tausenden Fans im Public Viewing geschaut wurden. In seiner momentanen Heimat München besuchte er unter anderem die Max Emanuel Brauerei im Stadtteil Maxvorstadt, machte einige Selfies mit Fans und genoss die tollen Auftritte der deutschen Elf.
Der 78-fache Nationalspieler wirkt mit sich im Reinen, auch wenn es schmerzt, die Heim-EM nicht als Protagonist mitgestalten zu können. "Kurz und enttäuschend" nannte er Ende der Liga-Spielzeit das Gespräch mit Bundestrainer Julian Nagelsmann, in dem dieser ihn über die Nicht-Berücksichtigung informierte. Der 35-Jährige hatte sich Chancen ausgerechnet, und das nach den Leistungen bei Borussia Dortmund auch zurecht.
Gescheitert sei es laut Hummels an "altersbedingten Dingen wie Fitness" und nicht daran, dass der Routinier sich nicht mit einem Platz auf der Ersatzbank zufrieden gegeben hätte. Was Julian Nagelsmann letztlich zu seiner Entscheidung bewogen hat und warum er Hummels nach einer der wohl besten Saisons seiner Karriere nicht für das Heimturnier berufen hat, bleibt Objekt der Spekulation.
Sicher ist indes, dass für den Innenverteidiger in diesem Sommer zwei wichtige Kapitel enden werden. In die Nationalmannschaft wird es unter Julian Nagelsmann kein Zurück mehr geben, zudem ist sein Vertrag beim langjährigen Herzensklub Borussia Dortmund ausgelaufen - auch hier nicht ganz ohne Drama. Hummels, so war aus der Presse zu entnehmen, habe sich intern klar gegen Ex-Trainer Edin Terzic positioniert und seinen eigenen Verbleib an die Trennung von Terzic geknüpft. Letztlich mussten beide gehen.
Sportliche Zukunft offen
Doch wie geht es sportlich weiter für den Mann, der im Sommer wie ein Fan im Biergarten sitzt und den Ex-Kollegen bei der Arbeit zuschaut? Ein Karriereende kommt nicht in Frage, doch die Nebengeräusche des Sommers kratzen am Bild des perfekten Fußballers. Lange galt der wortgewandte und belesene Hummels als Musterprofi, Liebling der Medien war er aufgrund seiner ausladenden Interviews ohnehin schon immer.
Spätestens jetzt weiß aber jeder interessierte Klub-Manager, dass er mit Hummels auch einen streitbaren Profi bekommt. Einen, der seine Meinung sagt - gerne auch mal öffentlich wie in Dortmund, wo er zuletzt nach verlorenen Spielen reihenweise Spitzen gegen Mitspieler verteilte. Und einen, der selbstbewusst genug ist, auch im arrivierten Fußballeralter einen Stammplatz einzufordern.
Hummels ist zu lange dabei, um Kompromisse eingehen zu müssen. Er sagt deutlich, dass das schulische Umfeld seines Sohnes in München bleiben soll und schließt damit einen Wechsel ins entfernte Ausland aus. Geld spielt bei dem Mann, der in seiner Karriere 16 Jahre lang in der Bundesliga auf Top-Niveau gespielt hat, eine untergeordnete Rolle. Wichtiger ist da die viel zitierte Work-Life-Balance.
Und so kommt es, dass sich die Liste der Interessenten auch wie eine Urlaubs-Bucketlist lesen könnte: Geht es auf die Sonneninsel Mallorca, ins historische Bologna oder doch an den malerischen Comer See? Wie auch immer Hummels sich entscheidet, nach 508 Pflichtspielen für Borussia Dortmund läutet einer der besten deutschen Verteidiger aller Zeiten den Schlussspurt seiner Karriere ein. Er hat es sich verdient.