Wer springt auf den EM-Zug? Letzte Chance für die Wackelkandidaten
Julian Nagelsmann ist entspannt. Eine hektische Rundreise durch die Stadien erspart sich der Bundestrainer am Wochenende. Der Großteil seines vorläufigen EM-Kaders steht - und über die Grenzfälle grübelt Nagelsmann lieber im stillen Kämmerlein.
Die Antworten auf die spannenden Fragen wird der 36-Jährige der erwartungsfrohen Öffentlichkeit am 16. Mai bei Partner VW in Berlin geben. Wird Nagelsmann den Dortmunder Höhenflug in der Champions League honorieren? Schaffen es die aussortierten Bayern-Stars Leon Goretzka und Serge Gnabry - der gegen Real Madrid verletzt vom Platz musste - doch noch ins Aufgebot? Und zaubert er für das Heim-Turnier eine Überraschung aus dem Hut?
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Hummels gibt sich mannschaftsdienlich
Besonders die BVB-Personalien sorgen für Diskussionen. Wird Nagelsmann vom Königsklassen-Finalisten wirklich nur wie bei den erfolgreichen März-Länderspielen Stürmer Niclas Füllkrug berufen? Für Mats Hummels fast undenkbar.
Der Innenverteidiger liebäugelt selber noch mit einer Nominierung, rührte aber auch kräftig die Werbetrommel für seinen Nebenmann Nico Schlotterbeck. "Wenn er am Ende mitfährt, freue ich mich fast genauso, wie wenn ich mitfahre. Deutschland wird an ihm noch viele Jahre sehr viel Freude haben", sagte Hummels.
Nagelsmann lassen die Aussagen kalt. Nach den Siegen gegen Vize-Weltmeister Frankreich (2:0) und den Erzrivalen Niederlande (2:1) sieht er die DFB-Auswahl auf dem richtigen Weg für das erhoffte Sommermärchen 2.0. Dabei nominierte er streng nach dem Leistungsprinzip und berief einige Überflieger des VfB Stuttgart.
Zudem teilte er jedem Profi eine klare Rolle im Kader zu. Es ist nur schwer vorstellbar, dass er alles wieder über den Haufen wirft. Doch kommt er jetzt ernsthaft an Schlotterbeck oder Hummels vorbei und beruft stattdessen etwa Robin Koch von Eintracht Frankfurt?
Experten plädieren für ausgewogene Zusammenstellung
Beim Bundestrainer, sagte der frühere DFB-Kapitän Michael Ballack bei MagentaTV, liege "große Verantwortung, die richtigen Spieler - nicht immer die besten - zu finden, die den anderen Spielern auch guttun". Nagelsmann müsse "genau diese Gruppe finden, die dann in diesen vier Wochen zusammenpasst".
RTL-Experte Lothar Matthäus sieht bei Goretzka und Gnabry "eine fifty-fifty Entscheidung" und betonte: "Unzufriedene Spieler stören die Atmosphäre, das wird Julian Nagelsmann ganz sicher vermeiden."
Endgültiger Kader steht am 7. Juni fest
Für das Turnier (14. Juni bis 14. Juli) darf Nagelsmann maximal 26 Spieler berufen. Seinen endgültigen Kader muss er wenige Stunden nach der EM-Generalprobe gegen Griechenland in Mönchengladbach am 7. Juni bei der Europäischen Fußball-Union (UEFA) melden. Zuletzt tendierte Nagelsmann dazu, nicht alle Plätze auszuschöpfen. "Ich bin generell eher bei 23, ich kann aber alle Argumente auch für 26 verstehen", hatte er im April gesagt.
Doch zumindest ins Trainingslager im Weimarer Land (26. bis 31. Mai) könnten noch 26 Spieler reisen. Nagelsmann muss auf kurzfristige Ausfälle durch Verletzungen reagieren können. Der Münchner Leroy Sane etwa plagt sich seit Wochen mit Schambein-Problemen herum. Daher wittert der ein oder andere seine Chance. Am Wochenende können Goretzka und Co. noch einmal Werbung in eigener Sache betreiben.
Der letzte Eindruck zählt schließlich. Und Nagelsmann wird auch vor dem Fernseher alles mitbekommen.