Anzeige
Anzeige
Anzeige
Mehr
Anzeige
Anzeige
Anzeige

Kimmich über Katar-WM: "Top-Turnier" - Deutschland hat "eigene Baustellen"

SID
Aktualisiert
Joshua Kimmich hat sich in Sachen Vertragsverlängerung Bedenkzeit erbeten.
Joshua Kimmich hat sich in Sachen Vertragsverlängerung Bedenkzeit erbeten.Frank Hoermann/SVEN SIMON/dpa Picture-Alliance via AFP
DFB-Kapitän Joshua Kimmich hat anlässlich der Diskussionen um die erwartete Vergabe der WM 2034 an Saudi-Arabien davor gewarnt, den Fußball abermals politisch zu überfrachten. Gerade er als Spielführer "möchte für etwas stehen und für Werte wie die Menschenrechte einstehen, die nicht verhandelbar sind", sagte der 29-Jährige am Mittwoch im Lager der DFB-Auswahl in Frankfurt, "aber dafür haben wir Experten - und ich bin politisch kein Experte".

Beim gemeinsamen Abendessen der Nationalspieler kamen auch die anstehenden Neuwahlen auf den Tisch. "Natürlich", betonte Joshua Kimmich, "tauschen wir uns innerhalb der Mannschaft darüber aus. Gerade wenn man das Gefühl hat, dass politisch nicht alles rund läuft. Wir sind aber keine Experten."

Doch spätestens seit der in vielerlei Hinsicht missratenen WM in Katar ist auch dem neuen Kapitän der deutschen Nationalmannschaft bewusst, dass man Politik und Sport nicht immer trennen kann. Daher wurde Kimmich am Mittwoch auf dem DFB-Campus auch mit Fragen zur anstehenden Vergabe der WM 2034 an Saudi-Arabien gelöchert - und er warnte eindringlich vor einer Überfrachtung.

"Nicht unser Job, uns politisch zu äußern"

"Generell sollten wir Spieler für gewisse Dinge, Werte und Menschenrechte einstehen", sagte der 29-Jährige. "Oftmals ist es aber nicht unser Job, uns politisch zu äußern. Dafür haben wir Fachmänner im Land. In Katar haben wir kein gutes Bild abgegeben, als Mannschaft, als Verband, als Deutschland", räumte Kimmich ein und ergänzte: "Die Vergabe liegt nicht bei uns, sondern bei der FIFA. Ich finde es richtig, dass sich jedes Land bewerben kann. Die FIFA muss dann einen Katalog mit den Anforderungen aufstellen."

Ob Kimmich mit dann 39 Jahren in Saudi-Arabien noch dabei ist, ist stark zu bezweifeln. Völlig ausschließen wollte es der Musterprofi des FC Bayern aber nicht. "Man wünscht sich schon, dass man ganz lange spielen kann. Ich will aber nur so lange spielen, wie es auf dem obersten Niveau möglich ist und die Karriere nicht auf Teufel komm raus in die Länge ziehen", sagte Kimmich.

Derzeit agiert er auf einem sehr hohen Niveau - im Verein im Mittelfeld, bei Bundestrainer Julian Nagelsmann als Rechtsverteidiger. Dass sein Vertrag im Sommer in München ausläuft und er ablösefrei wechseln kann, weckt bei zahlreichen Top-Klubs im Ausland Begehrlichkeiten. "Ich bin mit dem Verein im Austausch. Für mich ist das eine sehr, sehr wichtige Entscheidung in meiner Karriere", betonte Kimmich und ließ durchblicken, wie sehr ihn die auch interne Kritik verletzt habe.

Unter Vereinscoach Vincent Kompany und Nagelsmann hat er aber wieder viel Freude zurückgewonnen. Zudem betrachtet der Vater von vier Kindern die Dinge inzwischen gelassener, Fußball sei nicht alles. Früher habe er sich mehr von Sieg oder Niederlage abhängig gemacht. "Ich kann es inzwischen besser einordnen." Daran hat seine Familie einen großen Anteil: "Die Kinder machen nach einem EM-Sieg keine La Ola zu Hause. Und wenn wir viermal in Folge verlieren, dann ist es ihnen auch egal."

Niederlagen sind in diesem Jahr in der Nationalmannschaft selten geworden, nur das denkwürdige EM-Viertelfinale ging gegen Spanien verloren. "Der Teamspirit steht und fällt immer mit den Siegen. Wir genießen es derzeit, zusammen zu sein", sagte Kimmich, der am Samstag (20.45 Uhr/RTL) in der Nations League gegen Bosnien und Herzegowina sein 96. Länderspiel absolviert und damit zu Berti Vogts auf Platz 15 der deutschen Rekordspieler aufschließt.

Stimmung in der Nationalmannschaft hat sich gedreht

Dabei soll es den nächsten Sieg geben. "Wir als Nationalmannschaft haben die Chance, den Menschen Freude zu bereiten", sagte Kimmich. Bis zum Wendepunkt bei den März-Länderspielen sei es für die Menschen schwierig gewesen, sich "mit der Mannschaft zu identifizieren".

Das hat sich komplett gedreht, auch im Team. "Die Jungs, die da sind, sind gerne da", stellte Kimmich fest. Und der Konkurrenzkampf ist größer geworden. Am "Tag der Nettigkeit" ging es auf dem Trainingsplatz zur Sache. "Ich habe das Abschlussspiel verloren", berichtete Kimmich, "da gab es keine Nettigkeit vom gegnerischen Team." Vielleicht ja später wieder beim "politischen" Abendessen.