Bundesliga Vorschau: Neuer Anlauf für den BVB - Titeljagd beginnt gegen Köln
Fast wäre es soweit gewesen. Ganz Dortmund hatte sich mit Feuereifer auf die erste Meisterfeier seit 2012 vorbereitet, ein Sieg im letzten Saisonspiel gegen Mainz hätte genügt - doch es kam bekanntlich anders. Die Tür zum 33. Meistertitel für den FC Bayern öffnete sich einen kleinen Spalt - der deutsche Rekordmeister schlüpfte anstandslos hindurch.
Titelkandidat mit Fragezeichen
Edin Terzic überzeugte in seiner ersten vollen Spielzeit als Bundesliga-Cheftrainer mit einer besonnenen Sichtweise und emotionalen Ansprachen. Auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Köln vermied es Terzic, den Meistertitel zum klaren Saisonziel ausrufen - trotzdem deutete der Deutsch-Kroate an, dass sich der BVB erneut im Dunstkreis der Titelanwärter wähnt. Aus dem verpatzten Saisonfinale 22723 wollte man “Kraft und Verantwortung schöpfen.” Terzic richtete einen Appell an die eigenen Fans: “Lasst uns alles dafür investieren, dass wir am Ende etwas feiern dürfen!”
Es scheint, als würde niemand wissen, wo Dortmund eigentlich steht - nicht einmal Dortmund selbst. Hat man bereits das Zeug dazu, den großen Titelkandidaten aktiv zu attackieren? Die Kaderplanung von Sportdirektor Sebastian Kehl ist im Sommer teilweise ins Stocken geraten.
Obwohl der Abgang von Jude Bellingham sich längst andeutete, schien lange Zeit nicht klar zu sein, wie man ihn kompensieren möchte: Durch eine Systemumstellung? Dass man zu Beginn der Transferperiode intensiv nach einem neuen Sechser fahndete, deutete darauf hin. Am Ende kam - begleitet von zahlreichen Störgeräuschen - Felix Nmecha nach Dortmund. Außerdem wurde Marcel Sabitzer verpflichtet, beim FC Bayern spielte der Österreicher keine Rolle mehr. Nmecha und Sabitzer - mit vereinten Kräften sollen sie Bellingham ersetzen.
Edin Terzic hat in der abgelaufenen Spielzeit sein Talent als Förderer junger Talente unter Beweis gestellt. Das passt zur schwarz-gelben DNA. Nach gewissen Eingewöhnungsschwierigkeiten blühten Spieler wie Karim Adeyemi, Donyell Malen, Julian Brandt oder Emre Can voll auf. Letztgenannter wurde im Sommer gar zum neuen Kapitän ernannt.
Die große Hoffnung: Dass diesen Spielern der letzte Schritt zur persönlichen Reife bereits nachhaltig gelungen ist und dass obendrein junge Spieler wie Julien Duranville, Jamie Bynoe-Gittens oder Youssoufa Moukoko sich endgültig in der Bundesliga etablieren. Gelingt das, ist mit Dortmund absolut zu rechnen. Leiden die großteils sehr sensiblen Spieler auch 2023/24 unter den altbekannten Formschwankungen - wird die ersehnte Meisterschale angesichts der starken Konkurrenz aber rasch in weite Ferne rücken.
Kölner haben Bock auf drei Punkte
Mit dem 1. FC Köln hatte der BVB in der Vergangenheit immer wieder seine Probleme. Den letzten direkten Vergleich im Signal Iduna Park gewann Dortmund mit 6:1 - das Hinspiel in Köln gewannen die Geißböcke allerdings mit 3:2. Betrachtet man nur die letzten sechs Aufeinandertreffen, ist die Bilanz absolut ausgeglichen (jeweils 2 Siege, 2 Unentschieden, 2 Niederlagen).
Die beiden Fanlager pflegen eine intensive Freundschaft, am Samstagabend wird auf den Rängen beste Stimmung herrschen, über 8.000 FC-Fans begleiten ihr Team nach Dortmund. Auch Trainer Steffen Baumgart freut sich auf die Reise ins Ruhrgebiet: “Für jeden Trainer und Spieler ist es immer ein besonderes Erlebnis, in Dortmund zu spielen.” Baumgart weiß, dass Köln der klare Außenseiter ist, aber: “Wir fahren nach Dortmund, um zu gewinnen. Diese Einstellung haben wir immer.”
Den Spielern steckt noch ein schwierige Pokalfight in den Knochen, am Montag bezwang man den VfL Osnabrück erst in der Verlängerung. Nach einer akzeptablen ersten Halbzeit, in welcher Benno Schmitz mit einem traumhaften Fernschuss die 1:0-Führung für die Domstädter erzielte, kamen Köln in der zweiten Hälfte der regulären Spielzeit die typischen Tugenden abhanden. Kampfgeist, Durchsetzungskraft, Intensität? Fehlanzeige.
“In der zweiten Halbzeit hat Osnabrück viel Druck gemacht, wir sind nicht mehr hinten rausgekommen. Nach dem Elfmeter mussten wir die Ruhe bewahren, haben aber zu viel hinten rumgespielt und zu wenig nach vorne”, analysierte Baumgart. Gegen Osnabrück kam so noch mit einem blauen Auge davon, in der Verlängerung erlösten Sargis Adamyan und Julian Chabot die Geißböcke, man gewann mit 3:1. In Dortmund darf man sich solch eine Schwächephase auf keinen Fall erlauben.
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Teamnews: Alles halb so schlimm
Beide Trainer mussten sich in den vergangenen Tagen mit Verletzungen herumplagen. Edin Terzic muss auf Giovanni Reyna, Julien Duranville (Muskelfaserriss) und Thomas Meunier (Muskelverletzung) definitiv verzichten - Mateus Morey und Jamie Bynoe-Gittens sind für Samstag tendenziell noch keine Option.
Auch Karim Adeyemi (Muskuläre Probleme) und Felix Nmecha (Sprunggelenek) sind noch fraglich. Kapitän Emre Can hatte leichte Probleme an der Wade, Niklas Süle litt unter Rückenschmerzen. Beide werden gegen Köln aber mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Verfügung stehen.
Steffen Baumgart musste im Pokalspiel in Osnabrück eine Schrecksekunde verkraften. Der nach langer Leidenszeit in die Mannschaft zurückgekehrte Mark Uth musste in der Verlängerung mit Schmerzen ausgetauscht werden. Glücklicherweise liegt bei Uth aber keine strukturelle Verletzung vor, als Gründen der Vorsicht wird der Offensivallrounder am Samstag trotzdem außen vor gelassen.
Auch Linton Maina steht nach einer Erkrankung und anhaltenden Rückenproblemen nicht zur Verfügung. ”Ich wäre froh, wenn es nächste Woche klappt”, so der Kölner Cheftrainer. Steffen Tigges befindet sich nach einer Schulter-OP immerhin wieder im Mannschaftstraining. Der Weg zum Comeback ist aber noch ein weiter.
Noch fraglich ist Davie Selke, welcher unter muskulären Problemen am Oberschenkel leidet, an den Trainingseinheiten aber ohne Zwischenfälle teilnehmen konnten. Mittelfeldspieler Dejan Ljubicic hat nach überstandenen Sprunggelenksproblemen grünes Licht für einen Einsatz bekommen.
So könnten sie spielen:
Dortmund (4-1-4-1): Kobel - Wolf, Süle, Hummels, Bensebaini - Can - Malen, Sabitzer, Reus, Brandt - Haller
Köln (4-2-3-1): Schwäbe - Schmitz, Hübers, Chabot, Paqarada - Martel, Ljubicic - Thielmann, Waldschmidt, Kainz - Adamyan
Flashscore-Expertentipp: Traumstart für Dortmund
Allen Unkenrufen zum Trotz verfügt Borussia Dortmund über ungeheure Qualität im Kader. Edin Terzic weiß, wie er mit den feinfühligen Charakteren in der Offensive umgehen muss, um sie zu Höchstleistungen zu bringen. Der FC hingegen hat sich in Osnabrück nicht ganz sattelfest präsentiert, der Abgänge von Kapitän Jonas Hector hat wohl seine Spuren hinterlassen. Wir rechnen mit einer klaren Angelegenheit und einem 4:1 für die Gastgeber - Rückschlüsse auf einen möglichen Titelkampf sollte man daraus aber noch keine ziehen.