Bundesliga-Vorschau Freitag: Rheinisches Derby in Leverkusen – Punktet S04 auch in Mainz?

Bayer Leverkusen vs. 1. FC Köln

Dass ein Spiel 90 Minuten dauert, ist spätestens seit Sepp Herberger klar. Doch wann es genau beginnt, darüber schieden sich in dieser Woche die rheinischen Geister. Während Bayer Leverkusen im Vorfeld des Europa League-Halbfinals gegen die AS Rom am kommenden Donnerstag um so viel Erholungszeit wie möglich gebeten hat, war der betroffene Bundesliga-Gegner aus Köln in den Prozess der möglichen Spielverlegung nicht eingeweiht.

Dass die DFL die Partie am Ende von Sonntag auf Freitag verschob, erfuhr der FC "als Letztes". Trainer Steffen Baumgart stellte auf Nachfrage klar, dass bei ihm "keiner" aus Leverkusen "angerufen" hätte, um sich für die schiefgegangene Kommunikation zu entschuldigen.

Doppelt ärgerlich ist die Vorgehensweise aus Sicht der Domstädter auch deshalb, weil in einem ähnlichen Fall in der Hinrunde kein Einlenken der DFL zu erkennen war: Als der 1. FC Köln wegen schlechter Sichtverhältnisse sein Conference League-Spiel beim 1. FC Slovacko einen Tag später als geplant austragen musste, blieb der Ligaverband unerbittlich und ließ die Geißböcke keine 48 Stunden später in der Liga wieder antreten.

Während sich inzwischen sogar das Landesparlament von Nordrhein-Westfalen mit der Angelegenheit befasst und klären will, in welchem Maße Leverkusen-Dauerkartenbesitzer und NRW-Innenminister Herbert Reul in die Frage der Verlegung eingebunden war, wollen beide Coaches den Fokus auf den Sport legen.

Gerade die Leverkusener haben momentan allen Grund zum Optimismus: Die Bayer-Elf ist nach dem 0:0 bei Union Berlin am letzten Spieltag seit 14 Pflichtspielen unbesiegt, eine längere Serie gab es beim Werksklub letztmals 2009/10 unter Jupp Heynckes. Mit vier gewonnenen Heimspielen in Folge im Rücken sowie der Überzeugung, beide Rheinderbys in diesem Jahr unter Xabi Alonso gewonnen zu haben (Hinspiel 2:1, dazu ein 3:2 gegen Borussia Mönchengladbach), gehen die Gastgeber als Favorit in die Partie am Freitag (ab 20:30 Uhr live bei DAZN und in der Flashscore-Audioreportage).

Doch auch die Kölner können Selbstvertrauen daraus schöpfen, mit sieben Punkten Abstand auf die Abstiegszone das Saisonziel Klassenerhalt schon so gut wie erreicht zu haben. Trainer Baumgart lässt sich von derlei Anspielungen auf einen möglichen Spannungsabfall aber nicht locken. Auch die Frage nach der Bezeichnung des Nachbarschaftsduells sei ihm "scheißegal", gab er im Vorfeld des Spiels zu Protokoll.

Team-News: Wechsel im Zentrum und große Jubiläen

Wichtiger dürfte ihm die taktische und personelle Ausrichtung seiner Kölner sein. Mit Eric Martel fällt ein wichtiger Stabilisator der vergangenen Wochen im Mittelfeld gesperrt aus, für ihn dürfte Denis Huseinbasic in die Mannschaft rücken. Ansonsten stellt sich die Frage nach der Formation im Sturm, wo Steffen Tigges Druck auf den zuletzt gesetzten Davie Selke ausübt. Eine Änderung auf den ehemaligen Dortmunder scheint nicht undenkbar zu sein.

Einmal mehr wird es in der Offensive aber auch auf die Kreativität des Österreichers Florian Kainz ankommen. Der 30-jährige Grazer ist mit sechs Toren und sieben Vorlagen der gefährlichste Scorer der Geißböcke, zudem hat er mit dieser Ausbeute bereits vier Spieltage vor dem Ende seine persönliche Bestmarke für eine Bundesliga-Saison übertroffen.

Ein besonderes Spiel ist es auch für Kapitän Jonas Hector, und das nicht nur, weil er es auf seiner linken Defensivseite mit dem schnellen Jeremie Frimpong zu tun bekommen wird. Für ihn, der seine Karriere am Ende der Saison beenden wird, steht gleichzeitig das 225. Bundesligaspiel und das letzte Rheinderby an. Ein Grund mehr für die Kölner, besonders motiviert in die Partie zu gehen.

Tabellarisch dürfte es für den FC nur noch um die Fernsehgelder gehen, mit dem Abstieg oder dem Europapokal sollte die Mannschaft von Steffen Baumgart nichts mehr zu tun haben. Anders die Leverkusener, die dank einer starken Rückrunde voll im Kampf um die Europa League stecken. 

Neben der Rückkehr von Florian Wirtz an die Stätte seiner fußballerischen Jugend ist auch Mittelfeldspieler Exequiel Palacios laut Trainer Alonso wieder eine Option für die Startelf. Der Genesung des Argentiniers könnte für Bayer 04 auch eine Systemänderung bedeuten, da nun wieder genug Personal für eine Viererkette im Mittelfeld vorhanden ist. Für Palacios könnte Mitchel Bakker auf die Bank verdrängt werden.

Jubiläen gibt es zuletzt auch bei der Werkself zu feiern: Während der wieder gefragte Nadiem Amiri vor seinem 200. Einsatz in der deutschen Eliteklasse steht, wird Jonathan Tah am Freitag zum 300. Mal für die Leverkusener auflaufen. 

So könnten sie spielen:

Bayer Leverkusen (3-4-3): Hradecky - Tah, Tapsoba, Kossounou - Hincapie, Andrich, Palacios, Frimpong - Diaby, Wirtz, Hlozek

1. FC Köln (4-2-3-1): Schwäbe - Schmitz, Hübers, Chabot, Hector - Skhiri, Huseinbasic - Maina, Kainz, Ljubicic - Tigges

Flashscore-Prognose: Leverkusens starke Form hält an

Mit dem wiedergewonnenen Schwung im Mittelfeld durch die Rückkehr des Weltmeisters Palacios wird Bayer dem FC im Zentrum den Zahn ziehen. Bereits nach der ersten Hälfte ist der Unterschied in der individuellen Qualität klar zu erkennen, am Ende steht ein 3:0 für Bayer 04 im Nachbarschaftsduell.

Mainz 05 vs. Schalke 04

Nur wenige Teams sind in der Rückrundentabelle noch stärker als Bayer Leverkusen – eines davon ist Mainz 05. Das Team von Bo Svensson ist hinter dem BVB und dem FC Bayern mit 25 Punten die erfolgreichste Bundesligamannschaft der zweiten Saisonhälfte. Und das trotz eines enttäuschenden 0:3 am vergangenen Sonntag in Wolfsburg, das eine Serie von zehn Spielen ohne Niederlage beendete und bei dem die Mainzer bereits in der ersten Halbzeit vom Gegner regelrecht überrollt wurden.

Ungewohnt waren auch die offensiven Schwierigkeiten der Nullfünfer, die bis dahin seit November in jedem Ligaspiel mindestens einen eigenen Treffer erzielt hatten. Das letzte Mal, dass ihnen das nicht gelang, war das Hinspiel beim FC Schalke 04. Damals gewannen die Königsblauen mit 1:0 und holten seltene Punkte in der Hinrunde. Doch auch bei den Königsblauen sieht die Welt seit dem Jahreswechsel deutlich rosiger aus.

Die Knappen haben in der Rückrunde schon doppelt so viele Punkte gesammelt wie in der gesamten Hinrunde. Die vier Siege und sechs Remis in der Rückserie haben den Königsblauen zuletzt eine realistische Chance auf den Klassenerhalt eingebracht – eine Aussicht, die ihnen vor einigen Monaten wohl nur die wenigsten zugetraut hätten. 

Obwohl beide Teams in unterschiedlichen Gefilden der Tabelle zu finden sind, ist die Partie am Freitagabend (ab 20:30 Uhr live bei DAZN und in der Flashscore-Audioreportage) für beide als Pflichtsieg einzuordnen. Die Rheinhessen liegen momentan drei Punkte hinter Europapokalplatz sechs. Ein Punkt trennt sie von Wolfsburg auf Platz sieben, der mit Hilfe eines potenziellen Pokalsiegers RB Leipzig ebenfalls für Europa reichen könnte.

Schalke hingegen hat sich mit dem wichtigen 2:1-Sieg zuletzt gegen Werder Bremen auf einen Punkt an das rettende Ufer herangerobbt. Ein Sieg am Freitag würde bedeuten, dass man zumindest für eine Nacht die Abstiegszone verlassen könnte. Es wäre das erste Mal seit Anfang Oktober 2022, dass S04 nicht auf einem der drei letzten Plätze stehen würde. Zu diesem Glück brauchen sie aber einen Auswärtssieg – ein Kunststück, das den Gästen in dieser Saison erst ein einziges Mal gelang.

Team-News: Mainzer Sturmtank gegen Schalker Glücksbringer

Dagegen wollen die Mainzer ihre beeindruckende Heimserie fortsetzen, die ihnen zuletzt vier Siege aus sechs Partien in der MEWA Arena eingebracht hat (dazu zwei Unentschieden). Einer der wichtigsten Faktoren in dieser erfolgreichen Zeit ist der französische Angreifer Ludovic Ajorque, der in den letzten neun Partien sechs Treffer erzielt hat. Seine kurze Anlaufzeit seit dem Wechsel aus der Ligue 1 im Winter hat dafür gesorgt, dass der selbsternannte Karnevalsverein offensiv ständig Gefahr ausstrahlt.

Dahinter agiert ein kompakter Defensivverbund mit dem ebenfalls überzeugenden Neuzugang Andreas Hanche-Olsen aus Norwegen in der Innenverteidigung. Verzichten müssen die Gastgeber am Freitag auf Rechtsverteidiger Silvan Widmer, der sich mit Knöchelproblemen abgemeldet hat. Abgesehen von den langzeitverletzten Jonathan Burkardt und Maxim Leitsch stehen Trainer Svensson aber alle Profispieler zur Verfügung.

Etwas mehr Kreativität ist da schon von Thomas Reis gefragt, der auf Seiten der Schalker gerade in der Defensive immer wieder umstellen muss. Der neueste Gast im Lazarett ist Abwehrkante Moritz Jenz, der seit seiner Ankunft im Winter viel Stabilität ausgestrahlt hat. Positiver ist da schon die Nachricht, dass Außenverteidiger Cedric Brunner wieder mit von der Partie sein, wenn es für die Königsblauen gen Süden nach Mainz geht.

Verlassen kann sich der Übungsleiter aber auf Mittelfeldspieler Dominick Drexler, der für die Schalker inzwischen zum Glücksbringer mutiert ist. Viermal hat er in dieser Saison getroffen, dreimal gingen die Knappen als Sieger vom Platz. Bei allen drei Spielen erzielte Drexler jeweils das Siegtor. Ein guter Auftritt des 32-Jährigen könnte also der Schlüssel für ein erfolgreiches Ergebnis der Gäste aus Gelsenkirchen sein.

So könnten sie spielen:

Mainz 05 (3-3-2-2): Zentner - Hanche-Olsen, Bell, Fernandes -  Da Costa, Kohr, Caci - Lee, Barreiro - Onisiwo, Ajorque

Schalke 04 (4-2-3-1): Schwolow - Matriciani, Yoshida, Kaminski, Uronen - Kral, Krauß - Karaman, Zalazar, Bülter - Terodde

Flashscore-Prognose: Schalke landet den zweiten Auswärtssieg

Mainz 05 ist eine der besten Umschalt-Mannschaften der Bundesliga. Das weiß auch Schalkes Trainer Thomas Reis, deswegen wird er den Gastgebern bereitwillig den Ball überlassen, womit diese nur schwer umgehen können. Die Nullfünfer werden sich an S04 die Zähne ausbeißen, dann reicht ein Geniestreich von Rodrigo Zalazar. Schalke gewinnt mit 1:0.