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Bundesliga Vorschau: Augsburg am Scheideweg – VfB möchte Aufwärtstrend bestätigen

Micha Pesseg
Der FC Augsburg will am Freitag an vergangene Erfolge anknüpfen
Der FC Augsburg will am Freitag an vergangene Erfolge anknüpfenProfimedia
Der 29. Spieltag wird am Freitag mit dem Schwabenduell zwischen dem FC Augsburg und dem VfB Stuttgart eröffnet (20:30 Uhr, auf DAZN und in der Flashscore Audioreportage). Für beide Seiten könnte in der WWK Arena ein richtungsweisendes Duell stattfinden. Damit die Augsburger Abstiegsnöte nicht bald wieder sehr real wirken, wäre ein Heimerfolg Pflicht. Dann würden sich die Fuggerstädter Richtung Tabellenmittelfeld absetzen – und könnten allmählich mit der Planung für die neue Bundesliga-Saison beginnen.

Von Lob kann man sich nichts kaufen. Enrico Maaßen und der FC Augsburg haben in den vergangenen Wochen selten schlechte Figur gemacht. In München erzielte man gegen den großen FC Bayern drei Treffer. Beim Auswärtsspiel in Leipzig am vergangenen Samstag lag phasenweise der 3:3-Ausgleich in der Luft.

Alles schön und gut. Trotz guter Kritik gingen beide Spiele verloren. Doch die Fuggerstädter haben Lust auf Punkte. Nach fünf sieglosen Ligaspielen in Folge rutscht der Augsburg immer weiter Richtung Abstiegszone ab.

Maaßen hat seiner Mannschaft klargemacht, was er am Freitag (20:30, live mitverfolgen in der Flashscore Audioreportage) von ihr sehen möchte: Den unbedingten Willen, das Beste aus sich herauszuholen und drei Punkte einzufahren: "Weniger reden, machen! Wir brauchen eine Top-Leistung und es liegt an uns, das ganze Stadion mitzunehmen."

Malochern statt quatschen, lautet also das neue Motto. Zwischen den Zeilen schwingt aber großer Respekt vor Stuttgarts Aufschwung in den letzten Wochen mit. Selbigen Respekt hätten sich die Fuggerstädter auch verdient.

Allerdings gilt man weiterhin als graue Maus der Liga – möchte dieses ungeliebte Image aber unbedingt ablegen. Längst wurden die Weichen auf Zukunft gestellt. Im Winter waren gezielt junge Spieler gescoutet und verpflichtet worden. Größtenteils haben sie einen prägenden Eindruck gelassen. Dion Beljo (21) erwies sich als technisch beschlagener, aber auch physisch starker Angreifer. Arne Engels (19) war für nur 100.000 Euro Ablöse aus der zweiten belgischen Liga gekommen, entwickelte sich trotzdem innerhalb weniger Einsätze zu einem unumstrittenen Leistungsträger.

Das Schnäppchen des Jahres: Spielmacher Arne Engels
Das Schnäppchen des Jahres: Spielmacher Arne EngelsProfimedia

Seine langen Zuspiele und sein allgemeines Spielverständnis lassen großes Talent erkennen. Für eine positive Fortsetzung dieser kleinen Erfolgsgeschichte wäre der erfolgreiche Klassenerhalt die Grundvoraussetzung.

Den könnte man am geliebten Freitagabendtermin aus eigener Kraft so gut wie klarmachen. Kassiert man jedoch eine Niederlage gegen den VfB Stuttgart, trennen den FCA nur noch zwei Punkte vom Relegationsplatz. Insofern ist die Rechnung einfach: Drei Punkte bedeuten eine kleine Erlösung. Null Punkte hingegen dicke Sorgenfalten. 

Kämpfen bis zur letzten Minute

Treffer in der Nachspielzeit haben beim VfB eine gewisse Tradition. Wataru Endo sicherte seinem Verein in der abgelaufenen Saison in den allerletzten Minuten am 34. Spieltag den viel umjubelten Klassenerhalt. Und auch 22/23 traf man bereits viermal in der Nachspielzeit. Immer waren es spielentscheidende Tore.

Serhou Guirassy besorgte im September gegen den FC Bayern in den letzten Sekunden für den 2:2-Ausgleich. Konstantinos Mavropanos besorgte gegen die Hertha am 14. Spieltag das Siegestor, nachdem bereits acht zusätzliche Minutenverstrichen waren. Waldemar Anton erzielte im Hinspiel gegen Augsburg ebenfalls in der Nachspielzeit das entscheidende 2:1. Zuletzt war es Silas, der einer Partie noch spät die letzte Wendung gab. BVB-Fans werden sich daran noch in vielen Jahren mit Grauen erinnern.

Tanguy Coulibaly herzt Silas nach dem Treffer zum 3:3 gegen Borussia Dortmund
Tanguy Coulibaly herzt Silas nach dem Treffer zum 3:3 gegen Borussia DortmundAFP

Stuttgart besitzt große Moral, erwiesenermaßen. Unter Bruno Labbadia war diese vorläufig verlorengegangen. Vorstandschef Wehrle hatte vom Trainerdino erwartet, dass er der jungen Truppe taktische und organisatorische Disziplin beibringt. Was anfangs trotz einiger Fanproteste zu funktionieren schien, entwickelte sich letztlich zu einer Farce.

Stur hielt Labbadia an der Viererkette fest, stur setzte er Waldemar Anton als Rechtsverteidiger ein und gewährte Josha Vagnoman kaum Spielzeit. Wenngleich der sogar von Bundestrainer Hansi Flick eine Einladung ins Nationalteam erhalten hatte. Der Anhang hatte den Niedergang unter Labbadia prophezeit. Doch Alexander Wehrle wischte sämtliche Bedenken mit dem Verweis auf das Ziel Klassenerhalt kategorisch weg.

Spät – aber wohl nicht zu spät – erfolgte die Korrektur. Sebastian Hoeneß übernahm. Bereits im Herbst war er als Nachfolgekandidat von Pellegrino Matarazzo gehandelt worden.

Schon damals tauchte in der öffentlichen Diskussionen ein Argument Pro Hoeneß zuverlässig auf: Er könnte mit jungen Spielern umgehen. Das hatte er in Hoffenheim bewiesen. Das hat er auch schon während seiner kurzen Amtsperiode im Schwabenland bewiesen. Beeindruckend ruhig reagierte er auf den suboptimalen Spielverlauf gegen Dortmund. 0:2-Rückstand zur Halbzeit, ein Mann weniger – Hoeneß knickte nicht ein, sondern gab das Kommando zum Offensivmanöver. Womit er bekanntlich großen Erfolg hatte.

Sebastian Hoeneß trifft aktuell zuverlässig die richtigen Entscheidungen
Sebastian Hoeneß trifft aktuell zuverlässig die richtigen EntscheidungenAFP

Er wusste, dass der BVB verwundbar war. Anstatt sich dem Schicksal zu ergeben, riskierte der VfB-Coach alles. Die Joker Tanguy Coulibaly und Silas stachen beide, erzielten je einen Treffer. Jahrelang war dem VfB-Kader eine furchtlose Spielweise eingeimpft worden. Sven Mislintat hatte einen jungen, entwicklungsfähigen und ebenso mutigen wie naiven Kader arrangiert. Die kurze Ära Labbadia II wurde dieser Spielweise nicht gerecht. Endlich ist in Stuttgart ein Aufwärtstrend zu erkennen. Der soll beim schwierigen Auswärtsspiel in Augsburg fortgesetzt werden.

Zum Match-Center: Augsburg vs. Stuttgart

Teamnews: Demirovic kehrt zurück – Hoeneß (fast) sorglos

Augsburgs Kapitän und Abwehrchef Jeffrey Gouweleeuw fehlt wegen einer Gelbsperre. Ermedin Demirovic hingegen kehrt nach einer Drei-Spiele-Sperre in den Kader und auch in die Anfangsformation zurück. "Er ist ein absoluter Anführer, auf und neben dem Platz", erklärte Enrico Maaßen auf der abschließenden Pressekonferenz am Donnerstag.

Auch Rückkehrer Niklas Dorsch ist ein Thema für Freitag. Fehlen werden hingegen Mergim Berisha und Torhüter Rafal Gikiewicz. Bei Letztgenanntem stehen die Zeichen auf Abschied. Ihm fehlen noch zwei Einsätze, damit sich sein Vertrag automatisch per Option um ein Jahr verlängert. Nach durchwachsenen Leistungen 2023 dürfte der FCA dem gezielt aus dem Weg gehen und vorläufig auf Tomas Koubek setzen. Ohnehin kuriert Gikiewicz momentan eine Schulterblessur aus.

Sebastian Hoeneß muss auf Konstantinos Mavropanos verzichten (Gelb-Rot beim 3:3 gegen Dortmund), kann ansonsten aus dem Vollen schöpfen. Spannend bleibt, ob Chris Führich Teil der Anfangsformation sein wird. Immerhin machten sowohl Tanguy Coulibaly als auch Silas gegen den BVB mit starker Leistung auf sich aufmerksam.  

Mögliche Aufstellungen

Augsburg (4-4-2)Koubek – Gumny, Bauer, Uduokhai, Iago – Maier, Engels, Rexhbecaj, Vargas – Beljo, Demirovic

Stuttgart (3-4-2-1)Bredlow –Anton, Zagadou, Ito – Vagnoman, Karazor, Endo, Sosa – Millot, Silas – Guirassy

Flashscore-Prognose: Augsburg wieder im Abstiegskampf

Sechs Siege konnte der FC Augsburg in den letzten sechs Freitagabendspielen einfahren. Die Bilanz stimmt optimistisch, richtet sich aber vorrangig ans abergläubische Publikum. Ohne Gouweleeuw und Berisha fehlen Enrico Maaßen zwei absolute Leistungsträger. Gegen Stuttgart im Aufwind könnte das zum entscheidenden Nachteil werden. Der VfB fährt mit viel Selbstvertrauen in die WWK Arena. Wir dürfen ein couragiertes Hin und Her und einen 3:1-Auswärtssieg erwarten.