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Schnellgerichte, Geisterspiele, Punktabzüge: Die Politik macht Druck

Bayerns Innenminister Hermann nimmt die Profiklubs in die Pflicht.
Bayerns Innenminister Hermann nimmt die Profiklubs in die Pflicht.ČTK / imago stock&people / Frank Hoermann/SVEN SIMON
Spitzenpolitiker und Verbandsbosse beraten am Freitag beim Sicherheitsgipfel in München über Maßnahmen gegen die Gewalt rund um den Fußball.

Schnellgerichte, Geisterspiele, Punktabzüge - kurz vor dem Spitzentreffen mit den Verbandsbossen auf der Münchner "Sicherheitskonferenz" hat die Politik den Druck auf den Fußball massiv erhöht. Besonders Bayerns Innenminister Joachim Herrmann droht mit heftigen Konsequenzen bis hin zu Spielabbrüchen, falls die Verbände und Vereine ihr offenbar vorhandenes Gewaltproblem nicht in den Griff bekommen.

"In anderen Sportarten mit toller Stimmung im Stadion oder in der Halle kommt keiner auf die Idee, andere anzugreifen oder zu gefährden", sagte der CSU-Politiker: "Ich erwarte daher eine massive Distanzierung der Profiklubs von Gewalt und Pyrotechnik und die klare Botschaft: Das hat mit unserer Fußballtradition und Begeisterung absolut null zu tun."

Mit Blick auf die Risiken der Pyrotechnik sprach Herrmann, der neben den Vereinen den Deutschen Fußball-Bund (DFB) und die Deutsche Fußball Liga (DFL) in der Pflicht sieht, in der Sport Bild sogar von "Lebensgefahr". Sein Bremer Kollege Ulrich Mäurer fordert deshalb Punktabzüge für die betreffenden Vereine. 

DFL plant Debatte zu deeskalieren

Hans-Joachim Watzke geht das zu weit. "Dass wir ein Problem haben, lässt sich nicht von der Hand weisen", sagte der DFB-Vizepräsident und DFL-Aufsichtsratsboss der Bild-Zeitung: "Aber mir hat die deutliche Rhetorik nicht so gut gefallen." Deshalb wollen Watzke, DFB-Präsident Bernd Neuendorf und DFL-Geschäftsführer Marc Lenz die Debatte entschärfen, wenn sie in der bayrischen Landeshauptstadt auf Herrmann und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) treffen.

Im Gepäck haben die Fußball-Bosse die Empfehlungen ihrer AG Stadionsicherheit. Dabei geht es unter anderem um Metalldetektoren an den Stadioneingängen, Weitergabe von Videos und Fotos der Polizei an die Klubs, einen verstärkten Dialog mit den Fans und mehr Prävention. Gleichzeitig soll bei der Bestrafung von Pyrotechnik klarer unterschieden werden. Kollektivstrafen, die vom DFB-Sportgericht seit 2017 nicht mehr verhängt werden, erteilte die AG eine Absage.

Klar ist, dass der Fußball etwas vorweisen muss, um nicht noch weiter in die Defensive zu geraten. Die mögliche Kostenbeteiligung bei Hochrisikospielen spielt dabei auch eine Rolle. "Das vorrangige Ziel muss sein, dass die Vereine selbst für mehr Sicherheit im Stadion sorgen und somit weniger Polizeikräfte eingesetzt werden müssen", sagte Herrmann dem SID: "Ich werde den Vereinen klar sagen, dass sie selbst dafür sorgen müssen, dass keiner auf die Idee kommt, ihnen saftige Rechnungen zu stellen."

"Wird nur über und nicht mit den Fans gesprochen"

Ob sich die Sicherheitslage rund um die Stadien tatsächlich oder nur gefühlt verschlechtert hat, lässt sich derzeit nur schwer feststellen. Die neusten Zahlen aus dem Jahresbericht der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) der Polizei beziehen sich auf die Saison 2022/23. Demnach wurden rund um die Spiele in der Bundesliga, der 2. Liga und der 3. Liga 1176 verletzte Personen registriert. Der Vergleich mit vorhergehenden Werten ist aufgrund der Einschränkungen während der Corona-Pandemie kaum möglich. 

ZIS-Leiter Oliver Strudthoff forderte gegenüber der Sportschau jedenfalls eine konsequentere Anwendung von Stadionverboten. Die unerlaubte Verwendung von Pyrotechnik hat laut DFB 2022/23 "signifikant zugenommen", auch die ZIS meldet in diesem Bereich einen deutlichen Anstieg und verweist auf die Gefahren.

Die Fanorganisationen wollen das so nicht stehen lassen. Ohnehin sind sie sauer, weil sie nicht nach München eingeladen wurden. "Wieder einmal wird über und nicht mit den Fans gesprochen", schrieb Vorstandsmitglied Linda Röttig vom Dachverband der Fanhilfen in einem Brief an Faeser und bezeichnete die Einlassungen Herrmanns als "Horrorgeschichten, die nichts mit der Realität zu tun haben".