"Einfach ist nicht das, was ich suche": Van Wonderen auf dem Schalker Schleudersitz
"Ich weiß, dass es nicht einfach ist", erklärte der 55-Jährige, der am Sonntag beim abgestürzten Traditionsklub einen Vertrag bis 2026 unterschrieben hatte, "aber einfach ist nicht das, was ich suche." Er suche eine Herausforderung, wolle "natürlich lange und erfolgreich" beim Zweitligisten arbeiten - doch die Risiken kennt er. Deshalb halte er sich an den Spruch: "Wenn du nicht fallen willst, musst du liegen bleiben."
Natürlich brauche es Zeit, den Tabellen-13. wieder nach oben zu bringen, "aber die haben wir nicht", meinte der langjährige Oranje-Nachwuchstrainer, der mit der niederländischen U17 2018 den EM-Titel gewann, schmunzelnd. Und die Aufgabe nach dem 34. Trainerwechsel auf Schalke seit der Jahrtausendwende ist äußerst anspruchsvoll. In der laufenden Saison in die obere Tabellenhälfte, in der nächsten Spielzeit zurück in die Bundesliga - an diesem Plan hat sich laut Vorstandschef Matthias Tillmann trotz des Fehlstarts "nichts geändert". Außerdem soll der Nachfolger des gefeuerten Karel Geraerts die zahlreichen jungen Talente, die der neue Kaderplaner Ben Manga verpflichtet hat, "weiterentwickeln und Kaderwerte schaffen" - nicht zuletzt wegen der noch immer immens hohen Schulden.
Immerhin hat der ehemalige Abwehrspieler von Feyenoord Rotterdam schon selbst auf Schalke gespielt: 1998 im alten Parkstadion in einem seiner fünf Länderspiele. Nachher habe er "mit Andy Möller das Trikot getauscht", erzählte van Wonderen. Und erlaubte sich - wie man es auf Schalke gerne hört - einen kleinen Seitenhieb auf den derzeit übergroßen Rivalen. Er habe den UEFA-Cup 2002 "gegen Borussia Dortmund" gewonnen, betonte er. Als Trainer sind seine Erfahrungen im Vereinsfußball dagegen überschaubar: Mit dem Zweitligisten Go Ahead Eagles Deventer stieg er in die Eredivisie auf, mit dem SC Heerenveen landete er zweimal im Tabellenmittelfeld.
"Ich bin kein Harry Potter"
Am Morgen hatte der Neue um 10.35 Uhr als Erster den Trainingsplatz betreten, die Spieler folgten geschlossen ein paar Minuten später. Nach dem Aufwärmen gab es die erste Ansprache, nach 65 Minuten war die erste Übungseinheit vor ein paar Dutzend Fans vorbei. Wunder dürfe man von ihm nicht erwarten, hatte van Wonderen schon am Sonntag betont. "Ich bin kein Harry Potter, wir können nicht zaubern, wir können in einer kurzen Zeit nicht das möglich machen, was wir am Ende sehen wollen. Aber wir gehen in den Prozess, und jeden Tag wollen wir einen Schritt machen", sagte er.
Am Abend zuvor hatte er in der Vorstandsloge das 2:2 gegen Hertha BSC verfolgt - und dabei gesehen, dass Interimstrainer Jakob Fimpel die Talfahrt zwar gestoppt hat, für ihn aber noch viel Arbeit bleibt. Knapp zwei Wochen hat van Wonderen dank der Länderspielpause Zeit, sein Team auf sein Pflichtspieldebüt am 19. Oktober bei Hannover 96 einzustellen.