Exklusiv aus der Flashscore-Redaktion: Unsere Sportmomente 2023
Heik Kölsch: US Open Finale, 10. September
6:3 7:6 6:3 - das Resultat, mit dem Novak Djokovic eine weitere Tennissaison für die Geschichtsbücher perfekt machte. Es war der 10. September, das Endspiel der US Open, gegen den eigentlich so formstarken Daniil Medvedev.
Die Dominanz, die Djokovic auf der ATP-Tour auch im fortgeschrittenen Sportleralter von 36 Jahren ausübt, ist einfach phänomenal, und spiegelt sich in der Statistik wider: 3 gewonnene Grand Slams, 54 Siege im Jahr, mittlerweile 405 Wochen als Nummer eins der Welt. Mit knallharter Disziplin, optimierter Diät und Nerven aus dem härtesten Stahl dieser Welt testet der Serbe auch weiterhin die Grenzen der körperlichen Möglichkeiten aus.
Mit dem Sieg bei den US Open, seinem 24. Grand Slam Titel insgesamt, hat er für viele Tennis-Fans die Frage nach dem größten Spieler aller Zeiten endgültig beantwortet. Meiner Meinung nach kann man im Falle Djokovic auch durchaus über den größten Athleten aller Zeiten diskutieren.
Micha Pesseg: Schalke gegen Stuttgart, 25. Februar
Neun Bundesliga-Spiele pro Wochenende, Serie A, Premier League, LaLiga, nebenbei vielleicht noch ein Grand Slam oder Wintersport …
Ich schaffe es viel zu selten, mich uneingeschränkt und mit voller Aufmerksamkeit auf ein einzelnes Fußball-Spiel zu fokussieren. Auch wenn das überraschen mag, Multi-Tasking ist in unserem Beruf ein echter Trumpf. 90 Minuten sind lang. So lang, dass man einen lieben Kollegen um Rückendeckung bitten muss, wenn man ungestört seinem Lieblings-Verein über die Schulter gucken möchte.
Am 25. Februar passten die Rahmenbedingungen. Genügend Kollegen in der Schicht, Spitzenspiel am Samstagabend, Schalke 04 empfängt den VfB Stuttgart. Meine geliebten Königsblauen zitterten damals Woche für Woche um den Klassenerhalt, mauserten sich von einem 0:0 zum Nächsten.
Noch heute danke ich dem lieben Fußballgott täglich dafür, dass ich mich in aller Ruhe dem Spielbericht widmen durfte. Denn hautnah erlebte das vielleicht beste Schalke-Spiel der gesamten letzten Bundesliga-Saison mit. Als Marius Bülter in der 40. Minute mit einem traumhaften Hackentor das 2:0 erzielte und der TV-Kommentator mit dem Schlusspfiff schrie: “Es brennt noch Licht im Keller!” - da schien plötzlich wieder alles möglich. Zusammen mit ganz Gelsenkirchen fing ich an, vom Klassenerhalt zu träumen.
Klar, heute weiß ich, dass diese Träume wie Seifenblasen zerplatzt sind. Statt im Bundesliga-Rampenlicht zu glänzen, kämpft Schalke in der 2. Liga gegen den Abstieg. Aber durch diesen Heimsieg gegen den VfB Stuttgart wurde ich wieder daran erinnert, worum es im Fußball eigentlich geht. Nämlich um Emotionen. Darum, mit seinem Lieblingsverein oder seinem Lieblingssportler Erfolge zu feiern, zusammen mit ihm zu scheitern, mit ihm durch Himmel und Hölle zu gehen.
Henri Briese: Florian Hempel qualifiziert sich für WM, 27. November
Mein größter Sport-Moment des Jahres mag für die meisten klein erscheinen, hat mich aber sehr bewegt. Florian Hempel schaffte es nach einem miserablen Jahr als erster Deutscher über den Tourcardholder Qualifier noch in letzter Instanz sein WM-Ticket zu lösen. Dabei zeigte er Kampfgeist, Willen und die Nervenstärke in den richtigen Momenten.
Bei keinem Ereignis fieberte ich so mit, wie an diesem Tag und mit seiner Leistung bei der diesjährigen WM hat er ganz Deutschland bewiesen, was er für ein Top-Spieler ist.
Anton Latuska: Weltmeistertitel der DFB-Junioren in Indonesien, 2. Dezember
Dienstagmorgen um 9 Uhr, es spielt eine deutsche Nationalmannschaft und die macht auch noch Spaß. Es fühlt sich fast an wie ein kleiner Flashback an das WM-Jahr 2002, als die deutsche Elf den Vizeweltmeistertitel in Japan und Südkorea holte.
Dieses Jahr waren es zwar nicht die Herren, aber die U17-Junioren, die in Indonesien eine mitreißende Performance boten und nach dem EM-Titel auch die Krone der Welt folgen ließen. Im Finale gegen Frankreich zitterte man sich nach Elfmeterschießen zum Titel. Hoffentlich war es ein Vorgeschmack dafür, dass im kommenden Sommer auch die Herren die Massen wieder mobilisieren können.
Michel Egenolf: Bundesliga-Finale 2022/23, 27. Mai
Es gibt viele Sportmomente, die 2023 in Erinnerung bleiben. So viele hätten das Recht, hier aufzutauchen. Das irrsinnige Meisterschaftsfinale in der Fußball-Bundesliga zum Beispiel. Jamal Musiala schießt die Bayern in der 89. Minute doch noch zum Titel, der vor dem Spieltag schon den Dortmundern zu gehören schien.
Wenn ich mich festelegen muss, dann ist es das Finale in der Bundesliga. Aber da war auch noch so viel mehr. Das Finale der Zweitligasaison 2022/23 soll genannt werden: Heidenheim ballert sich sensationell in der Nachspielzeit in die Bundesliga und der HSV muss mal wieder in die Relegation. Oder das Finale der Drittliga-Saison, in dem ebenfalls in der Nachspielzeit über den Aufstieg entschieden wird. Gabriel Clemens und sein Auftritt bei der Darts-WM im Ally Pally gegen Gerwyn Price bleibt ebenfalls in Erinnerung. 5:1 besiegt er den Waliser vor einer tobenden Menge. Der zieht zwischenzeitlich sogar Ohrenschützer auf.
Harry Kane wechselt in die Bundesliga, Carlos Alcaraz schlägt Novak Djokovic in einem unglaublichen Wimbledon-Finale. Deutschland holt Silber bei der Eishockey-Weltmeisterschaft, die deutsche U17 gibt uns Gründe, den deutschen Männerfußball nicht komplett aufzugeben. Ich durfte das Europa-League-Finale in Budapest live miterleben, habe Thomas Tuchels Debüt für die Bayern im Stadion gegen den BVB gesehen. Ich habe bestimmt etliche Momente vergessen. 2023 ist so viel passiert. Und deshalb gibt es für mich ganz viele Sportmomente des Jahres und nicht den einen. Und das ist auch gut so.
Roman Bartz: Der Formel 1 Grand Prix von Las Vegas, 19. November
Ja, ich gestehe: Der Formel 1 Grand Prix von Las Vegas hat mich gepackt. Und zwar das gesamte Rennwochenende. Normalerweise bin ich Traditionalist. Nein, ich gehe nicht jeden Sonntag in die Kirche, noch nutze ich ein Telefon mit Wählscheibe oder möchte bis an mein Lebensende mit einer Benzinschleuder ohne Tempolimit über Deutschlands Autobahnen rasen. Aber in meinem Dasein als Formel-1-Fan habe ich es gerne klassisch. Ob Loews in Monte Carlo, Maggotts / Becketts in Silverstone oder die Eau Rouge auf meiner Lieblingsstrecke Spa-Francorchamps, bei diesen Namen schnellt mein Puls in ungeahnte Höhen. Dementsprechend war ich im Vorfeld des Grand Prix in Sin City mehr als skeptisch. "Was Marketing angeht, blasen wir damit alles weg, was wir bisher gemacht haben", befeuerte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff mein Unbehagen. Doch was folgte, war ein Gesamtkunstwerk, dessen Anziehungskraft ich mich nicht erwehren konnte.
Der Auftakt: Elvis Imitatoren, Villeneuves Blitzhochzeit in einer kleinen Kapelle im Fahrerlager und Fahrervorstellungen auf einem hochfahrenden Podest, untermalt von lauten Bässen. Skandale: Gully-Gate und eine Journalistenschelte, "Wie kannst Du es wagen?" (ebenfalls Toto Wolff, nachdem ein Journalist den ausgefallenen Trainingsauftakt in Las Vegas als gravierend für die Formel 1 bezeichnet hatte).
Die Strecke und das Rennen: Bei Flutlicht mit über 300 Km/h über den Las Vegas Boulevard, Neonlicht allenthalben, sodass der Verdacht nahe lag, Ryan Gosling jagt gerade am Caesar's Palace vorbei. Wirksame DRS-Zonen und ein rutschiger Asphalt, der das fahrerische Können wieder in den Vordergrund rückte. Las Vegas war in diesem Blockbuster Held und Bösewicht in einem und ein Beleg, dass der Sport nicht unter viel Show leiden muss. Das Rennen war das spannendste der Saison und mein sportliches Highlight des Jahres.
Claas Becker: Der letzte Zweitliga-Spieltag 2022/23, 28. Mai
Ein spannendes Aufstiegs-Rennen ging bis in den letzten Spieltag, die Ausgangslage war eindeutig: Darmstadt ist bereits aufgestiegen und benötigt nur einen Punkt, um auch die Meisterschaft zu sichern. Heidenheim kann mit einem Sieg noch Meister werden, da sie das bessere Torverhältnis hätten und der HSV braucht realistisch einen Sieg, um direkt aufzusteigen.
Während des Spiels kam es dann ziemlich abenteuerlich: Darmstadt kassiert eine eindeutige 0:4-Niederlage, aber da Heidenheim bis in die Nachspielzeit hinten lag, konnten sie dennoch die Meisterschaft feiern. Gleichzeitig bedeutete Heidenheims Rückstand, dass der HSV dank seines 1:0 über Sandhausen aufgestiegen war – die Fans stürmten den Platz, nur damit der 1. FCH in der 90.+3 und 90.+9 noch das Spiel dreht, damit selbst Meister wird und die Hanseaten in die Relegation schickt. Diese späten Emotionen sind das, was der Fußball immer benötigt.
Conrad Ziesch: Deutschland wird Basketball-Weltmeister, 10. September
Deutschland hat wieder eine Goldene Generation! Nach den Europameistern von 1993 krönen sich die Bundesadler um Dennis Schröder und Franz Wagner in Manila erstmals zum Basketball-Weltmeister. Das 113:111-Spektakel gegen die US-Amerikaner im Halbfinale zu erleben, ist auch im 10.000 Kilometer entfernten Berlin ein enzigartiges Erlebnis – das beste Spiel der deutschen Basketball-Historie.
Im Finale gegen die Serben ist es dann eine Schlacht. Mit dem besseren Ende für den DBB. Doppelt süß für mich: Vier der Gold-Jungs (Giffey, Lo, Franz und Moritz Wagner) kommen aus meiner Nachbarschaft, Johannes Thiemann ist ALBA-Kapitän. Die Weltmeister dann nach ihrer Landung in Frankfurt mit hunderten Fans persönlich begrüßen zu dürfen, werde ich nie vergessen.