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Die WM-Stadien im Überblick: Aus dem Boden gestampfte Luxus-Oasen

Die WM-Stadien im Überblick: Aus dem Boden gestampfte Luxus-Oasen
Die WM-Stadien im Überblick: Aus dem Boden gestampfte Luxus-OasenAFP
Ursprünglich hatte die FIFA vorgesehen, dass zumindest zwölf Stadien bereitgestellt werden müssen. Doch zwölf WM-fähige Stadien in einem Land mit nur zirka 2,6 Millionen Einwohnern zu schaffen - das wäre selbst dem Fußball-Weltverband zu bunt geworden. Wir präsentieren euch die acht Arenen, in welchen zwischen 20. November und 18. Dezember 2022 sämtliche Partien ausgetragen werden. Von acht WM-Stadien mussten sechs vollkommen neu aus dem Boden gestemmt werden.

al-Bayt-Stadion: Eröffnungsspiel im Nomadenzelt

Das al-Bayt-Stadion nimmt in der Planung der Weltmeisterschaft eine zentrale Rolle ein. Der erste Eindruck, den die weltweite Öffentlichkeit von dem höchst umstrittenen Turnier im Wüstenstaat bekommt, steht und fällt mit dem Eröffnungsspiel. Dieses findet in der verhältnismäßig winzigen Küstenstadt al-Chaur im Norden des Landes statt. Es ist eines der Stadien im Zentrum der vorgeworfenen Menschenrechtsverletzungen. Laut Guardian sollen knapp 6.500 Arbeiter durch den Bau der WM-Stadien gestorben sein.

Den aus Deutschland und dem Libanon kommenden Designern als Inspiration dienten die Zelte der katarischen Beduinen. Diese werden als "Bayt al Sha'ar" bezeichnet - so erklärt sich auch der Name der Arena. Die zeltartige Dachstruktur sollte laut den ersten Plänen schwarz ausfallen - aufgrund der hohen Temperaturen entschied man sich für eine das Sonnenlicht reflektierende weiße Ausstattung.

Das Eröffnungsspiel fand am 30. November 2021 statt, Gastgeber Katar besiegte die Auswahl des Bahrains 1:0 - wobei die 60.000 Plätze dank Freikarten alle besetzt waren. Das Eröffnungsspiel der WM selbst wird ebenso hier stattfinden - Katar trifft auf Ecuador (20. November, 17 Uhr MEZ). Auch Deutschland wird zweimal zu Besuch sein: die Gruppenspiele gegen Spanien (27.11.) und Costa Rica (01.12.) finden hier ebenso statt, wie eines der beiden Halbfinale. Dann wird das Stadion größentechnisch beinahe halbiert.

Gespielt wird auf Naturrasen. Das Stadioninnere ist eine Oase des Luxus: neben einem Fünf-Sterne-Hotel, einer Mehrzweckhalle und einem Fitnessstudio soll auch ein riesiges Einkaufszentrum dafür sorgen, dass auch nicht primär an Fußball interessierte WM-Besucher auf ihre Kosten kommen.

Khalifa International Stadium: Altehrwürdige Spielstätte

Die älteste Arena der Weltmeisterschaft in Katar ist das Khalifa International Stadium. Wie das Ahmad bin Ali Stadium liegt es in der westlich von Katars Hauptstadt liegenden Großstadt ar-Rayyan. Für katarische Verhältnisse existiert es bereits außerordentlich lang, die Eröffnung erfolgte 1976. Anlässlich der Fußball-WM war es zwischen 2014 und 2017 dennoch einer Generalüberholung unterzogen worden. 

Nach der Wiedereröffnung war hier das Finale des nationalen katarischen Pokalbewerbs ausgetragen worden. Auch Turniererfahrung hat das im Vergleich zu den anderen Stadien eher altbacken wirkende Stadion bereits. 2006 fand ein Großteil der Asienspiele hier statt. Durch eine Klimaanlage kann die Außentemperatur neuerdings auf bis zu 24 Grad Celsius herabgesenkt werden.

Es fasst die üblichen 40.000 Plätze, die erste hier stattfindende Begegnung ist das Duell zwischen England und dem Iran am zweiten Turniertag (21. November, 14 Uhr MEZ). Auch die DFB-Auswahl bestreitet ihr erstes Gruppenspiel im Khalifa International Stadium: zwei Tage später trifft Flicks Elf auf jene von Japan.

al-Thumama-Stadion: Kopfbedeckung als Vorlage

Die Takke ist eine im arabischen Raum bei Männern sehr beliebte Kopfbedeckung - und optische Vorlage für die Architekten des al-Thumama-Stadions in der katarischen Hauptstadt Doha. Der Bezirk al-Thumama liegt knapp außerhalb des Zentrums und ist für viele Touristen daher vergleichsweise einfach zu erreichen. Im Viertelfinale wird das 40.000 Zuseher fassende Fußballstadion zum achten und letzten Mal für ein WM-Spiel genutzt werden.

Das Kühlsystem kann die Temperatur auf bis zu 18 Grad Celsius herabsetzen - ob das ressourcenintensive Programm während der Winter-WM zum Einsatz kommt, bleibt abzuwarten. Die 54 Lüftungsanlagen verwenden jedenfalls ausschließlich erneuerbare Energien - zumindest, wenn man der PR Glauben schenken will. Auch Wasser soll das 282 Millionen Euro teure Projekt besonders sparsam verbrauchen - und zum Bewässern des neben dem Stadion angelegten Park von 50.000 m² Größe genutzt werden.

Ahmad bin Ali Stadium: Heimat von Al Rayyan SC

Knapp achtzig Prozent der Baumaterialien des Ahmad bin Ali Stadiums wurden aus der näheren Umgebung gewonnen. Recycling und Upcycling gelten hier als Kernthemen. 40.000 Zuseher fasst die Heimstätte des 1967 gegründeten Al Rayyan SC, bei dem neben Fernando Hierro auch Mario Basler seine Profikarriere 2004 beendete. Benannt ist das Stadion nach jenem Emir, der von 1960 bis 1972 das Land regierte: Ahmad bin Ali Al Thani. 

In seinen Grundzügen existiert das Stadion seit 2003, für die WM wurde es umfangreich renoviert. Beim entsprechenden Entwurf orientierten sich die Designer an diversen traditionell katarischen Mustern. Auch eine optische Illusion fand Eingang in die Diskussion: Die häufig in der Wüste durch extreme Temperaturunterschiede entstehenden Luftspiegelungen - im deutschen Sprachraum als Fata Morgana bekannt. Das Ergebnis kann eine zumindest ferne Verwandtschaft mit dem "Vogelkäfig" in Peking schwer abstreiten.

Sieben WM-Begegnungen werden hier ausgetragen, danach wird das Stadion auf 20.000 Plätze zurecht gestutzt. Neben dem Fußballteam von Al Rayyan SC werden auch die Basketball-, die Handball- und die Volleyballmannschaft in der Arena beheimatet sein. 

Lusail Iconic Stadium: Austragungsort des Finales

Ob am 18. Dezember 2022 die ganze oder die halbe Welt auf das Lusail Iconic Stadium schaut, ist angesichts der größer werdenden Boykott-Bewegung noch ungeklärt. 80.000 Zuseher vor Ort werden sich das Spiel jedenfalls nicht entgehen lassen.

Das Stadion wurde erst vor zwei Monaten offiziell eröffnet - am 9. September mit der Begegnung zwischen dem saudi-arabischen Verein al-Hilal und dem ägyptischen Klub al Zamalek SC. Auch beim ersten WM-Spiel im Lusail Iconic Stadium ist Katars großer Nachbarstaat Saudi Arabien vertreten. In Gruppe C heißt der erste Gegner Argentinien (22. November, 11 Uhr MEZ). 

Der Stadionbau soll sagenhafte 635 Millionen Euro verschluckt haben. Fußballfans sind aberwitzige Summen gewöhnt, angesichts dieser Zahl ist die Frage, was nach dem Finale mit dem Komplex passiert, mehr als gerechtfertigt. Die Antwort: Für die Planstadt Lusail soll es zu einer Gemeinschaftszone umgebaut werden. Gesundheitszentren, Kaffeehäuser, Schulen und Sporteinrichtungen sollen der Arena nachfolgen.

Education City Stadium: Ein geschliffener Diamant

Die sogenannte "Education City" ist eine Trabantenstadt knapp außerhalb von Doha. Hier wurden Bildungszentren, Universitäten und Forschungseinrichtungen erbaut - genau wie das "Juwel der Wüste" genannte Education City Stadium. Ein Fassungsvermögen von 40.000 Plätzen ist in Katar das Maß aller Dinge - auch das medienwirksame Spenden von gut 20.000 Sitzplätzen an ärmere Entwicklungsländer erfreut sich im Scheichstaat großer Beliebtheit.

Sitzplätze spenden? Ja, das ist möglich - einer modularen Bauweise sei Dank. Ähnlich wie Fertigteilhäuser können die Stadien so recht unkompliziert anderswo verbaut werden. Erstes Spiel in der Education City ist eine Partie aus Gruppe D: Dänemark trifft auf Tunesien (22. November, 14 Uhr MEZ). 

Stadium 974: Schiffscontainer als Fußballstadion

974 - in Worten: neunhundertsiebenundvierzig - Schiffscontainer wurden im zweiten Stadion in der Hauptstadt nach dem al-Thumama-Stadion verarbeitet. Auch dass 974 die internationale Telefonvorwahlnummer Katars ist, soll bei der Namensnennung eine Rolle gespielt haben. Mit dem Stuttgarter Ingenieursbüro "Schlaich Bergermann Partner" war auch ein deutsches Unternehmen federführend an der Konstruktion beteiligt. Erst im November 2021 wurde es fertiggestellt, bei der WM sollen sieben Partien im Stadium 974 stattfinden.

Die eher ungewöhnliche Wahl des Baumaterials ließ ein von Außen betrachtet sehr buntes und farbenfrohes Stadion entstehen. Den Organisatoren kommt das nicht ungelegen, in Marketingvideos wurde es gerne als "Zeichen der internationalen Freundschaft" bezeichnet. Kreatives Potenzial kann dem Komitee nicht abgesprochen werden. Es fasst 40.000 Plätze und zeichnet sich neben seiner Symbolwirkung vor allem dadurch aus, komplett zerleg- und dementsprechend einfach transportierbar zu sein. 

al-Janoub-Stadion: Vermächtnis einer Stararchitektin

Zuletzt gesetzt werden die Segel in Al Wakrah. Zumindest sprichwörtlich, denn der knapp 590 Millionen Euro teure Bau in der südlich von Doha gelegenen Kleinstadt ist den traditionellen Segelbooten im angrenzenden Persischen Golf nachempfunden. 2014 erfolgte der erste Spatenstich.

Neben dem Fußballbereich umfasst der Stadionbereich auch Basketball- und Tennisplätze, ein sich über 10.000m² streckendes Einkaufszentrum oder ein Vier-Sterne-Hotel. 

Die 2016 verstorbene Chefarchitektin Zaha Hadid erlebte die Vollendung des Baus nicht mehr, eröffnet wurde die 40.000 Plätze fassende Arena erst 2019. Hadid galt in der Architektur-Szene als Ikone. Immer wieder versuchte sie, Bewegungen in Gebäude umzudeuten. Das macht sich auch am al-Janoub-Stadion bemerkbar. 

Das Dach des al-Janoub-Stadions ist verschließbar, wodurch zu starke Sonnenstrahlung abgewendet werden soll. Durch ein komplexes Kühlsystem können Rasen und Zuschauerränge bei Bedarf auf etwa 26 Grad Celsius abgekühlt werden. Nach der WM soll das Stadion auf 20.000 Plätze reduziert werden.

Ein Achtelfinale und etliche Gruppenspiele sollen hier stattfinden. Mit WM-Fußball eingeweiht wird der gigantische Komplex durch eine Partie aus Gruppe D, die favorisierten Franzosen treffen auf Australien (22. November um 20 Uhr MEZ). Sollte Deutschland Gruppensieger werden, würde die DFB-Auswahl hier ihr Achtelfinale bestreiten.