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Premiere für den französischen Dartssport - WM-Teilnehmer Thibault Tricole im Interview

Henri Briese/Pablo Gallego
Thibault Tricole könnte den Dartssport in Frankreich revolutionieren.
Thibault Tricole könnte den Dartssport in Frankreich revolutionieren.Profimedia
In vielen Sportarten ist Frankreich an der Spitze der Nahrungskette, im Darts schaut es aber komplett anders aus. Während in Deutschland der Hype durch die Erfolge der letzten Jahre immer weiter anwächst, hat man im Nachbarland noch wenig Aufmerksamkeit übrig für den Sport. Thibault Tricole möchte das ändern. Der 34-Jährige hat es als erster Franzose in der Geschichte geschafft, sich für die PDC WM im Alexandra Palace zu qualifizieren und könnte für einen Ruck im eigenen Land sorgen. Flashscore hat Tricole exklusiv interviewt und mit ihm über die WM, den Dartssport in Frankreich und das Leben als Profi gesprochen.

Bei der WDF stand Tricole bereits 2022 im WM-Finale und scheiterte nur knapp an Neil Duff. Im Juni 2023 konnte er an der Seite von Jacques Labre beim World Cup of Darts überraschend bis ins Viertelfinale kommen. Dort war das Doppel aus Gary Anderson und Peter Wright jedoch eine Nummer zu groß für die französische Kombination. Durch seinen Sieg beim West European Qualifier Mitte November hat Tricole sich nun ein Ticket für den Ally Pally gesichert - das erste mal in seiner Karriere.

Deine Premiere in dieser traditionsreichen Spielstätte, wie fühlt sich das an, es endlich geschafft zu haben?

Es ist die Krönung der Saison für jeden Profispieler. Die Teilnahme an der PDC Weltmeisterschaft ist für viele der größte Traum in unserem Sport. Als ich 2020 in der O2 Arena BDO und letztes Jahr in Lakeside bei der WDF spielte, war ich schon sehr stolz, dass ich das erreicht habe. Als ich jünger war, träumte ich davon, bei der WM zu sein und Martin Adams und Phil Taylor bei den beiden Weltmeisterschaften zuzusehen, die im Dezember und Januar hintereinander stattfanden und jetzt bin ich selbst ein Teil davon.

Die PDC WM ist der heilige Gral. Jeder Franzose, der sich für Darts interessiert, schaut das Event. Die Atmosphäre in der PDC ist außergewöhnlich und selbst Franzosen, die mit dem Darts nichts am Hut haben, sind beeindruckt. Es fahren auch immer mehr zum Zuschauen nach London, ich hoffe, dass das auch der Fall sein wird, wenn ich mein Eröffnungsspiel habe.

Der Aufstieg des Dartssports in Frankreich

Inwieweit berichten die französischen Medien derzeit über dich, bekommst du mehr Aufmerksamkeit?

Letzten Donnerstag hatte ich einen Auftritt in einer Live-Sendung des Senders L'Equipe. Das ist der einzige frei empfangbare Sportsender in Frankreich. Es gab ein paar Presseartikel, aber nicht so viele wie über meinen zweiten Platz bei den WDF-Weltmeisterschaften im letzten Jahr. Das ist auch verständlich. Darts ist nicht ansatzweise auf dem Level der Aufmerksamkeit, die andere Sportarten in Frankreich erhalten. Aber es ist schon ein etwas Großes, dass ich im Fernsehen auftreten kann, das hätte sich vor 5 Jahren noch keiner über einen französischen Dartsprofi denken können.

Hast du das Gefühl, dass sich der Dartssport in Frankreich entwickelt und ähnliche Wellen schlagen könnte wie in anderen Ländern - siehst du dich dabei sogar als Vorbild?

Ja, der Dartssport entwickelt sich, aber langsamer als in nordeuropäischen Ländern wie Deutschland oder Belgien, glücklicherweise sind das unsere Nachbarstaaten. Deshalb habe ich große Hoffnungen, dass es zu uns überschwappt. Wir brauchen auf jeden Fall Ikonen oder Vorbilder im Sport, um die breite Masse zu begeistern, Jacques Labre ist dabei eine große Figur in Frankreich und auch ich sehe mich in der Rolle, dass ich andere für Darts begeistern kann.

"In den nächsten 5 Jahren ein Turnier im eigenen Land"

Ist der französische Verband bestrebt, andere Profis zu entwickeln oder gibt es keine großen Bemühungen für Nachwuchs?

Natürlich will der FFD weitere Franzosen auf hohem Niveau ausbilden. Wir dürfen hier Jacques Labre nicht vergessen, der seit Januar eine Tour Card hat. Je mehr französische Spieler wir haben, desto besser sind unsere Chancen, gute Ergebnisse zu erzielen und es werden dann automatisch mehr Leute in Frankreich über den Dartssport sprechen.

Thibault Tricole mit Jacques Labre beim World Cup of Darts.
Thibault Tricole mit Jacques Labre beim World Cup of Darts.AFP

Wann wird es in Frankreich ein hochkarätiges Turnier geben?

Das wäre ein großer Traum, der nicht unmöglich scheint. Alles liegt in den Händen der PDC. Aber sie werden auf den richtigen Zeitpunkt warten, so wie sie es in Polen und Belgien getan haben. Wir sind noch nicht so weit. Ich hoffe, dass es in den nächsten 5 Jahren dann der Fall ist, dass wir auch ein Turnier im eigenen Land haben.

Kannst du in deiner aktuellen Situation vom Sport leben?

Ich kann seit zwei Jahren vom Dartssport leben, dank einiger guter Sponsoren, aber vor allem dank einiger guter Ergebnisse in der WDF und der PDC. Ich schwimme nicht im Geld, aber ich lebe von einem Minimum, das es mir erlaubt, meine Miete zu bezahlen und meine Familie zu ernähren. Lol. Ich hoffe, dass ich in Zukunft mehr verdienen werde, damit ich in die Entwicklung des Dartsports in Frankreich investieren kann.

Leistungsunterschied zur WDF und Vorfreude auf den Ally Pally

Welche Ziele hast du dir für das Turnier gesetzt, was ist in deiner tollen Form möglich?

Die Teilnahme ist schon ein Erfolg, aber das heißt nicht, dass ich nicht motiviert hingehe. Im Gegenteil, ich kann es kaum erwarten, auf die Bühne zu schreiten. Mein Ziel ist es, mein erstes Spiel zu gewinnen und vor allem Spaß zu haben. Das große Problem dabei ist, dass es gegen Mario Vandenbogaerde geht, meinen engsten Freund auf der Tour. Das ist natürlich ein schlimmes Los, da es für einen von uns beiden direkt vorbei ist mit der WM. Wenn es mir aber gelingt, mein erstes Match zu holen, weiß ich, dass als Belohnung ein Zweitrundenmatch gegen einen starken Gegner wartet. Wie weit es dann am Ende geht, werden wir sehen.

Inwieweit denkst du, dass sich das Spielniveau zwischen der BDO/WDF und der PDC unterscheidet?

Die WDF ist jetzt die Organisation, die den besten Amateurspielern hilft, auf PDC-Niveau zu kommen, indem sie diese so gut wie möglich mit Qualitätsturnieren vorbereitet. Seit einigen Jahren gelingt es der PDC, die besten Spieler von der BDO/WDF anzuziehen, so dass der Leistungsunterschied zwischen den beiden immer größer wird. Das heißt aber nicht, dass es unter den Amateuren und Semi-Profis nicht auch einige sehr gute Spieler gibt. Der Unterschied zeigt sich in der Beständigkeit und der Erfahrung.

Wer ist deiner Meinung nach Favorit auf den Titel in diesem Jahr?

Es gibt einige Leute, die dieses Jahr das Zeug dazu hätten, natürlich wäre Luke Humphries nach seiner grandiosen Saison ein Kandidat, auch Gerwyn Price hat das Zeug zum Titel. Aber im Endeffekt ist es dieses Jahr sehr eng und es sind mindestens 10 Spieler, die man zum engeren Favoritenkreis zählen müsste, wir werden sehen, was das Turnier bringt.

Interview geführt von Henri Briese.
Interview geführt von Henri Briese.Flashscore