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Vor Champions-League-Achtelfinale: Inter und Porto in der Analyse

Lautaro Martinez bejubelt sein Tor gegen Udinese
Lautaro Martinez bejubelt sein Tor gegen UdineseAFP
17 Jahre nach dem letzten Aufeinandertreffen (CL-Gruppenphase 05/06) messen sich am Mittwoch zwei der wichtigsten Vereine Italiens und Portugals miteinander. Der Champions-League-Sieger von 2004 trifft auf jenen von 2010. Beide Vereine wurden von José Mourinho trainiert, als sie den Henkelpott in die Höhe stemmen durften. Heute steht Simone Inzaghi bei Inter und Sergio Conceição bei Porto in Verantwortung. Sie haben ihre Mannschaft in die K.o.-Phase der Champions League geführt und sie auf nationaler Ebene zu einem Spitzenteam geformt. Vor dem direkten Duell im San Siro versuchen wir nachzuvollziehen, wie ihnen das gelang und welche Taktik am Mittwoch besser aufgehen kann.

Inter Mailand

Obwohl Inters Saison mit fünf Niederlagen in den ersten zehn Pflichtspielen nicht optimal begonnen hat, etablierten sich die Nerazzurri mittlerweile als erster Verfolger von Tabellenführer Napoli. Die WM-Pause scheint Inzaghis Mannschaft gutgetan zu haben. 2023 konnte Inter in der Liga sechs von acht Spielen gewinnen, nur das Heimspiel gegen Empoli ging in Unterzahl verloren. Abgerundet wurde der erfolgreiche Jahresbeginn von einem 3:0-Derbysieg im Superpokal, der große Rivale Milan zog auch in der Liga den Kürzeren.

Die Champions-League-Gruppe C wurde nach der Auslosung vergangenen Herbst rasch als "Todesgruppe" bezeichnet. Dass Inter es gelingen würde, in einer Gruppe mit Bayern, Barcelona und Pilsen durchzukommen, galt nicht als selbstverständlich. Gegen die qualitativ schlichtweg zu starken Bayern setzte es zwei Niederlagen, doch ein 1:0-Heimsieg über den FC Barcelona, ein turbulentes 3:3 in Katalonien und zwei Erfolge über Pilsen gaben den Ausschlag für die Mailänder.

Simone Inzaghi setzt auf eine vielseitige Spielweise, die 3-5-2-Formation und der große Kader bieten ihm viele taktische Möglichkeiten. In eigenem Ballbesitz positioniert sich der halblinke Innenverteidiger Alessandro Bastoni häufig auf dem Flügel, um Breite herzustellen und den Schienenspielern die Möglichkeit zu geben, sich ins Angriffsdrittel zu bewegen. Aus dem Mittelfeld schiebt dann einer der drei Akteure nach vorn, positioniert sich in der Zone 14, jener Ebene, von der aus am einfachsten Chancen kreiert werden können. Zumeist ist das Henrikh Mkhitaryan, teils übernimmt auch Hakan Calhanoglu diese Aufgabe. Die defensive Grundordnung 3-5-2 verwandelt sich somit in eine 2-3-3-2-Formation. Man verteilt sich quer über den ganzen Platz, zwingt den Gegnern idealerweise eine defensive Spielweise auf und kann nach Ballverlust schnell Druck ausüben.     

Simone Inzaghi, der jüngere Bruder von Filippo, ist seit Juni 2021 Cheftrainer in Mailand
Simone Inzaghi, der jüngere Bruder von Filippo, ist seit Juni 2021 Cheftrainer in MailandAFP

Inzaghi forciert eindeutig das Spiel über die Außenbahnen, den Korridor in der Zentrale lässt er lieber ungenutzt. Häufig bewegen sich ein bis zwei Mittelfeldspieler — darunter üblicherweise der mit viel Bewegungsfreiheit ausgestattete Nicolo Barella — sowie eine der beiden Sturmspitzen auf die ballnahe Seite. Ziel ist es, eine lokale Überzahl herzustellen. Einerseits bieten sich dem ballführenden Mitspieler dadurch mehr Passoptionen, andererseits kann ein schwach organisierter Gegner dazu verleitet werden, die gegenüberliegende Seite freizugeben. Ein schneller Seitenwechsel, eine gute Spielverlagerung kann dann für einen Treffer genügen. 

Vorzugsweise baut Inter über die Flügel auf
Vorzugsweise baut Inter über die Flügel aufStatsPerform/AFP

In gewisser Weise bedient sich der Inter-Trainer einiger Elemente des durch Cruyff bekannt und durch die von Guardiola vorgenommenen Transformationen erfolgreich gewordenen "Totaalvoetbals". Eine Spielvariante, bei der zumindest theoretisch jeder Spieler dazu in der Lage sein sollte, jede Position auf dem Feld auszufüllen. Das Spielfeld selbst, nicht die gegnerische Formation, dient den Akteuren als Orientierungspunkt. Das erschwert insbesondere Mannschaften, die vorwiegend auf Manndeckung setzen, die Defensivarbeit enorm. Hinter der gegnerischen Abwehrkette sollen laut Plan Räume entstehen, diese will Inter mit direkten, vertikalen Pässen bespielen.

Inter setzt auf eine moderne Spielweise, die in erster Linie auf Dominanz abzielt. Darauf, die eigene Spielweise jener des Gegners aufzudrücken. Durch die hohen individuellen Fähigkeiten vieler Spieler erlangt man die Kontrolle über das Geschehen, kommt auf hohe Ballbesitzzeiten. Ob dieses Konzept auch in der Champions League aufgehen wird? Gegen eine Mannschaft aus Porto, die genau weiß, wie man die Schwachstellen im gegnerischen System ausfindig macht und diese ausnutzt, könnte die Aufgabe etwas komplizierter werden als beim 3:1-Erfolg gegen Udinese am Samstag.

Die voraussichtliche Aufstellung: Onana — Skriniar, Acerbi, Bastoni — Darmian, Barella, Brozovic, Mkhitaryan, Dimarco — Martinez, Lukaku

FC Porto

Beim Rivalen aus Portugal hat die Saison ebenfalls nicht optimal begonnen, ebenfalls hat man sich in der Zwischenzeit stabilisiert. Obwohl man in der portugiesischen Liga auf Platz zwei steht, das große Saisonziel — der 31. Meistertitel — wirkt kaum erreichbar, das formstarke Benfica gilt als klarer Favorit im Titelkampf. Mit fünf Punkten Vorsprung hält sich der Erzrivale an der Spitze auf. 

Conceicao ist seit 2017 Trainer beim FC Porto
Conceicao ist seit 2017 Trainer beim FC PortoAFP

In den vergangenen Wochen wurden die Dragões — zu Deutsch: Drachen — häufig von Verletzungen geplagt und auch am Mittwoch ist klar, dass Sergio Conceição nicht die Qual der Wahl haben wird. Fabio Cardoso, Evanilson und Gabriel Veron sind mit Sicherheit nicht dabei. Galeno, Otávio und Mateus Uribe sind fraglich. Conceição hat sich ans Verletzungspech gewöhnt, die richtigen Schlüsse gezogen und mittlerweile ein System entwickelt, in dem (fast) jeder Spieler — im besten Sinne! — austauschbar geworden ist. 

Grundsätzlich setzt er auf ein traditionelles 4-4-2. Die Außenverteidiger verfügen über viel offensive Freiheit und sind bei eigenem Ballbesitz dazu angehalten, sich aktiv als Anspielstation anzubieten. Der halbrechte Mittelfeldspieler — wenn gesund Otávio, ansonsten übernimmt André Franco diese Rolle — orientiert sich nach innen, soll die Mitte abdecken. Auf der horizontal gegenüberliegenden Seite bewegt sich der jeweilige Flügelspieler Richtung Sturmzentrale, unterstützt Mehdi Taremi. So hält man die gegnerische Abwehrkette beschäftigt, es gelingt dem FC Porto, im gegnerischen Strafraum Überzahl herzustellen. 

Die durschnittliche Formation von Porto im Spitzenspiel gegen Sporting — das 4-4-2 mit abkappendem Flügel ist klar erkennbar
Die durschnittliche Formation von Porto im Spitzenspiel gegen Sporting — das 4-4-2 mit abkappendem Flügel ist klar erkennbarStatsPerform/AFP

Eine weitere Stärke von Porto: auf den Gegner wird früh und intensiv Druck ausgeübt. Egal, wo auf dem Platz, die Idee von Sergio Conceição ist klar: Der Ball soll rasch wieder in den eigenen Besitz gelangen. Gegen Inter könnte man sich bewusst vorsichtiger präsentieren, öfter in die eigene Hälfte zurückziehen. Insbesondere, weil am Mittwoch nur das Hinspiel ausgetragen wird und dieses auswärts im San Siro stattfindet.

In der Offensive legt Porto viel Wert auf Flexibilität und Dynamik. Laufend finden Positionswechsel statt. Doch um das auszunutzen, muss der FC Porto erst einmal in Ballbesitz gelangen und Inter zu individuellen Fehlern zwingen. Kann das gelingen? Die aktuelle Siegesserie Portos ist jedenfalls beeindruckend: Die letzten 10 Spiele wurden gewonnen, seit 22 Spielen ist man ungeschlagen. Wer am Mittwoch der Favorit ist? Angesichts der zahlreichen Ausfälle bei den Portugiesen liegt der Vorteil zumindest am Mittwoch bei Inter.

Die voraussichtliche Aufstellung: Costa — Joao Mario, Pepe, Marcano, Zaidu — Pepê, Grujic, Eustaquio, Franco — Taremi, Martinez