Unsere Olympia-Momente: Deutsche Gold-Premiere - Sprintwunder Lyles

Basketball: Gold-Premiere für Deutschland

Conrad Ziesch, Freier Mitarbeiter

Es gab viele Momente, die mich in Paris fasziniert haben - von der Eröffnungsfeier mit Céline Dion bis zur fliegenden Darja Varfolomeev in der Rhythmischen Sportgymnastik. Mit der Brille eines eingefleischten Basketballanhängers bleibt aber auch dieser hängen: der Goldwurf der deutschen 3x3-Frauen auf dem Place de la Concorde.

Nach dem WM-Gold der Männer im letzten Jahr wurde erneut deutsche Basketballgeschichte geschrieben. Dass es diesmal vier Frauen (Svenja Brunckhorst, Sonja Greinacher, Elisa Mevius, Marie Reichert) waren, die sich ins Rampenlicht dribbeln konnten, freut mich besonders.

Denn Frauen-Basketball fliegt in Deutschland bislang unter dem Radar und hat mehr Aufmerksamkeit verdient. Immerhin findet in zwei Jahren die Basketball-Weltmeisterschaft in Berlin statt!

Turnen: Virale Siegerehrung

Claas Becker, Editor

Häufig sind es nicht die Wettkämpfe, die in Erinnerung bleiben, sondern die Momente davor und danach. So sollte es auch beim Schwebebalken der Damen sein: In einem hart umkämpften Wettkampf sicherte sich Alice D'Amato die Goldmedaille - ihre italienische Landsfrau Manila Esposito holte sich Bronze, während Silber an die 18-jährige Zhou Yaqin ging.

Die junge Chinesin verzauberte im Anschluss die ganze Welt. Zunächst traute sie sich kaum, mit der großen Simone Biles zu sprechen. Anschließend sammelte sie auch auf dem Podium Sympathiepunkte. Die beiden Italienerinnen bissen in ihre Medaille - als Zhou das mit etwas Überraschung bemerkte, wollte sie sofort mitmachen.

Kurzerhand hielt sich die Chinesin ihre Medaille an den Mund, ohne auf diese zu beißen. Es entstand eine Bildreihe, die tagelang durch die Sozialen Netzwerke ging.

Leichathletik: Lyles erfüllt die hohen Erwartungen

Henri Briese, Editor

"World Champion of what?" - Mit diesen Worten ist Noah Lyles vor geraumer Zeit der breiten Masse bekannt geworden. Der US-amerikanische Sprinter hatte mit dieser Frage den Hass einiger Millionen NBA-Fans heraufbeschworen und ist zum Internet-Meme mutiert. 

Der Anime-Fan ist das personifizierte Selbstvertrauen. Das will er mit seinen Aussagen sofort die ganze Welt spüren lassen. Vor dem Finale über 100m setzte sich Lyles als Goldfavorit in Szene - obwohl er bei den Buchmachern nur auf Platz zwei rangierte. 

Als der Sprinter einen extrem schwachen Start hinlegte, drohte das Kartenhaus umzustürzen: Hätte Lyles nicht über 100m triumphiert, hätten sein Gerede und seine selbstbewussten Ansagen ein riesiges Rückstoßfeuer erzeugt.

Doch auf der Ziellinie und mit dem Foto-Finish überholte Lyles die gesamte Konkurrenz. Er gewann Gold in der wohl prestigeträchtigsten olympischen Disziplin und ließ auch seine letzten Kritiker verstummen. Chapeau Noah Lyles, dem neuen schnellsten Mann der Welt!

Basketball: Sensationelle 3x3-Damen

Moritz Kasper, Editor

Basketball befindet sich in Deutschland momentan mächtig im Aufwind. Doch nach den grandiosen Auftritten bei der Weltmeisterschaft 2023 standen in Paris nicht die Männer im Rampenlicht.

Erst in allerletzter Sekunde qualifizierten sich die 3x3-Damen für die olympischen Spiele. Ein Wurf bei auslaufender Zeit gegen Ungarn besiegelte die historische Teilnahme. 

Doch die anschließend gezeigten Leistungen übertrafen selbst ihre eigenen Vorstellungen. Viele Hindernisse wurden überwunden, es gab Aufholjagden und Widerstände - und am Ende die Goldmedaille. Was als kleiner Traum von vier jungen Frauen begonnen hat, endete mit einem der größten Erfolge der deutschen Basketball-Geschichte.

Enorm emotionale Bilder sind entstanden, der mannschaftsinterne Zusammenhalt spiegelt auch den olympischen Gedanken wider. Wenn alle an einem Strang ziehen, wird das Team immer stärker sein als die bloße Summe der Einzelspieler.

Handball: Ein echtes Wunder

Anton Latuska, Editor

Wie oft wird in Sportübertragungen gesagt, es brauche in den letzten Momenten eines Spiels "ein Wunder", um noch einen Rückstand zu drehen? Tatsächlich kommt ein solches Comeback naturgemäß sehr selten vor - doch bei diesen Olympischen Spielen ist es passiert.

Der französische Top-Handballer Dika Mem warf den Ball sechs Sekunden vor Ende des Viertelfinals gegen Deutschland genau in die Hände von Julian Köster - und der legte kurzerhand den Ausgleichstreffer von Renars Uscins auf. In buchstäblich allerletzter Sekunde.

Die blau-weiß-rot getränkte Halle befand sich in Schockstarre, Weltklasse-Rückraumspieler Mem brach in Tränen aus. Das DHB-Team um den fast überirdischen Uscins nutzte das Momentum und setzte sich in einer ebenfalls denkwürdigen Verlängerung durch. Wenige Tage später gewann das Team von Alfred Gislason sogar die Silbermedaille.

Doch im Gedächtnis bleiben wird jener Moment, in dem alle rationalen Gedanken kein anderes Ergebnis als einen französischen Sieg zuließen - und in dem es doch anders kam. Ein echtes Wunder eben.

Turnen: Zhou Yaqin erobert die Herzen

Heik Kölsch, Senior Editor

Zhou Yaqin, 18-jährige Olympiadebütantin, gewann in der Bercy-Arena Silber im Kunstturnen am Schwebebalken der Frauen. Während der Siegerzeremonie kam es zu einem Moment, der das Herz erwärmen lässt: Siegerin Alice D'Amato und ihre italienische Landsfrau und Bronze-Gewinnerin Manila Esposito bissen für ein Foto in ihre Medaillen.

Die Chinesin kannte diese olympische Tradition offenkundig noch nicht, schaute zu ihren Kolleginnen hinüber - und ahmte die Pose auf niedlichste Art und Weise nach.

Ein Bild, das für mich die ursprüngliche Identität der Olympischen Spiele perfekt spiegelt: ein Großevent, das die besten Sportler der Welt zusammenbringt, vereint und kulturellen Austausch auch im Augenblick der größten Emotionalität zulässt.

Leichtathletik: Schlusssprint für die Ewigkeit

Micha Pesseg, Senior Editor

Femke Bol ist erst 24 Jahre alt, aber sie ist schon jetzt eine der besten Athletinnen weltweit. Über 400m ist die Sprinterin nahezu unschlagbar - das hat sie bei diesen Olympischen Spielen eindrucksvoll bewiesen. Mit einem sensationellen Überholmanöver bescherte sie der niederländischen Mixed-Staffel die Goldmedaille.

Während die Konkurrenz immer schwächer wurde, drückte Bol im letzten Abschnitt aufs Tempo - athletisch und taktisch ein echtes Meisterstück.

Diese Szene hat mir vor Augen geführt, wozu ein Mensch fähig ist, wenn er sich voll und ganz einem großen Ziel unterordnet. Jeder einzelne Olympionik hat Monate voller Entbehrung und harter Arbeit hinter sich. Bols Überholmanöver verkörpert für mich den olympischen Gedanken, das olympische Ideal - als begeisterter Hobby-Läufer habe ich vor ihrer Leistung irrsinnigen Respekt.