Formel 1: Eine neue Hoffnung: Lando Norris, der Erlöser?
Der Heiland trägt ausnahmsweise nicht Papaya-Orange. In Monaco tritt Lando Norris dieser Tage in Gelb, Grün und Blau an, den Farben von Ayrton Senna - es ist eine Hommage an die Rennfahrer-Ikone, irgendwie passt es allerdings auch zur aktuellen Stimmung in der Formel 1: Norris im McLaren, der Retter der Königsklasse, wird hier und da schon mit den ganz Großen verglichen.
Vor drei Wochen hatte der Engländer den ersten Formel-1-Erfolg seiner Karriere gefeiert und dabei Weltmeister Max Verstappen geschlagen. Ein Sieg als allgemeine Erlösung, "wie bei Ayrton Senna 1991 in seiner Heimat Brasilien", meinte der britische Ex-Pilot Martin Brundle. Und Sky Sports, ebenfalls aus England, stellt mittlerweile gar die Frage: "Kann Lando Norris wie einst Senna die Formel 1 beherrschen?"
Nach jahrelanger Knechtschaft unter Red Bull sehnt sich die Formel 1 eben nach einem neuen Helden, auch vor dem Großen Preis von Monaco am Sonntag (15.00 Uhr/Sky). Norris selbst, 24 Jahre alt, gibt sich da eher zurückhaltend. An diesem Wochenende "im Namen Sennas zu fahren", sei "schon sehr speziell, eine Ehre", sagt er. Seinen persönlichen Aufschwung nehme er wahr, "ich will aber nicht mit übersteigertem Selbstbewusstsein in die Rennen gehen, das ist nicht meine Art".
Zweifellos ist Red Bull, seit Anfang 2022 quasi unschlagbar, ein Rivale erwachsen - und zwar ein unerwarteter. Stets schaute alles auf Mercedes und Ferrari, McLaren dagegen war noch Mitte des vergangenen Jahres im unteren Mittelfeld unterwegs. Die Grundlagen allerdings waren stets gegeben beim Rennstall aus Woking, und unter dem neuen Teamchef Andrea Stella ging es seither langsam aber stetig bergauf. "Er ist der Regisseur, wir sind sein Cast", sagt Norris über den Italiener.
"Das momentan beste Auto im Feld"
Der große Sprung kam dann Anfang Mai in Miami, mit ausführlichen Updates am Auto fuhr Norris sogar Weltmeister Verstappen davon. Seither ist wöchentlich zu beobachten, wie das Traditionsteam selbstbewusster wird. "Naiv" sei der Glaube an regelmäßige Siege, sagte Norris' Teamkollege Oscar Piastri nach Miami noch. Beim folgenden Rennen in Imola war Norris dann nur 0,7 Sekunden vom nächsten Triumph entfernt, hetzte Verstappen bis ins Ziel.
Der Aufschwung McLarens mit dem überarbeiteten Boliden wirkt nachhaltig, Ex-Weltmeister Nigel Mansell sieht gar "das momentan beste Auto im Feld". Das eigentliche Problem dieses Formel-1-Jahres wird sich damit allerdings kaum lösen: Schon nach knapp einem Drittel der Saison ist Verstappen enteilt, der Vorsprung auf Norris beträgt 60 Punkte - zudem brechen der Weltmeister und Red Bull ja keineswegs ein, sind noch immer die Paarung, die es an den Wochenenden zu schlagen gilt.
Zumindest auf ein paar spannende Rennen darf die Königsklasse nun aber hoffen, so will es auch Norris sehen. "Es wurde langsam Zeit", sagt er, dass jemand Verstappen unter Druck setzt, "das hat er eine ganze Weile nicht gespürt." In Monaco will Norris das erneut schaffen, und auch danach, wenn der McLaren wieder Papaya-Orange trägt.