Der GOAT schlägt zurück: Hamilton durchwandert auf Abschiedstournee "die Wüste"
Weiter, immer weiter. Mit fast 40 Jahren hat Sir Lewis Carl Davidson Hamilton es ausgerechnet bei seinem Heimrennen in Silverstone allen Zweiflern gezeigt. Nicht nur, dass er noch das Zeug zum Siegen hat, sondern vor allem, dass ihn das hochumstritten verlorene WM-Duell mit Max Verstappen 2021 in Abu Dhabi nicht gebrochen hat. "Es war mental unglaublich schwierig", räumte Hamilton nach seinem 104. Grand-Prix-Sieg und seinem ersten seit dem 5. Dezember 2021 ein.
Danach begann die Ära Verstappen, 42 Rennen und drei Weltmeisterschaften gewann der Niederländer seither. Hamilton fuhr in einem technologisch abgehängten Mercedes seit Anfang 2022 plötzlich hinterher, auch seine zwölfte und letzte Saison beim Team schien sieglos zu enden, der Champion die Rennen bis zu seinem Ferrari-Wechsel am Jahresende professionell, aber nicht mehr übermäßig engagiert abzuspulen.
Doch der Ehrgeiz des Rekordjägers war ungebrochen, und im Regenpoker von Silverstone ergriff der 39-Jährige die seltene Chance. "Ich habe vorher noch nie geweint bei einem Sieg. Es kam einfach aus mir heraus", erklärte Hamilton, dem Freunde, Kollegen und Beobachter huldigten.
Hamilton sei der "GOAT", also der Größte aller Zeiten, kommentierte sein alter Rivale Sebastian Vettel in seiner Instagram-Story. Hamiltons Mercedes-Teamkollege George Russell gratulierte ebenso wie sein junger Landsmann Lando Norris oder die mit Sir Lewis befreundeten Sport-Legenden Serena Williams und Tom Brady.
Hamilton mit Knall zum Abschied
Es sei "ein Märchen", schwärmte Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Tatsächlich scheint sich - mit Abstrichen - zu erfüllen, was der Österreicher und sein Starpilot sich geschworen hatten: das letzte gemeinsame Jahr auf einem Hoch zu beenden. Zwei Siege in Folge hat Mercedes nun gefeiert, erstmals seit 2021, seit der guten alten Zeit. Das Team hat die Schwächen des Autos nach zweieinhalb Jahren offenbar erkannt und entwickelt den Silberpfeil wieder erkennbar in die richtige Richtung.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Russell erbte den Sieg in Österreich in der Vorwoche, weil Verstappen und Norris im Kampf um Platz eins kollidierten. In Silverstone traf der im nahen Stevenage aufgewachsene Hamilton bei chaotischen Bedingungen mit dem Team die richtigen Entscheidungen, auch die niedrigen Temperaturen spielten eine Rolle. "Bedingungen, bei denen man einen Pulli und eine Jacke braucht, kommen uns offenbar entgegen. Insofern wünsche ich mir einen schön kalten Sommer", scherzte Wolff bei Sky.
Allerdings ist die Meisterschaft für Mercedes und Hamilton in diesem Jahr nach schwachem Start kein Thema mehr. Für seinen achten Titel muss Hamilton also ab 2025 auf ein anderes Pferd setzen.
Ferrari, zu Saisonbeginn erster Red-Bull-Jäger, ist im engen Spitzenfeld derzeit allerdings nur vierte Kraft. In Italien wird der "Kaiser von Silverstone" nach seiner erfolgreichen "Wanderung durch die Wüste" nun sehnsüchtiger denn je erwartet. La Repubblica jedenfalls hofft bei Ferrari auf die "Fortsetzung einer Bilderbuchkarriere". Der Glaube ist zurück, nicht nur bei Lewis Hamilton selbst.